|
Blick zurück auf Momente
sportlicher Meilensteine
Kurze Zeit später
betritt der Besucher die Tartanbahn, an deren Seite, etwas klein und
noch zu schlecht beleuchtet, eine Zeittafel 200 Jahre modernen Sport
in Bilder, Video, Ausstellungsstücke - teils als Original, teils als
Reproduktion - illustriert. Gerade die zeitgenössische
Mediendokumente, alte Fotografien oder gar Filme mit
Orginalkommentaren, versetzen den Besucher in die Anfänge
sportlicher Betätigung zurück. Hier lohnt es sich länger zu
verweilen, sich ganz der Faszination alter Tour de France Etappen,
spannender Wettkampfverläufe und -demonstrationen bei olympischen
Spielen oder Weltmeisterschaften hinzugeben. Unterstützt wird dieses
„Gänsehautverursachende“ Gefühl, wenn wenige Meter entfernt
Orginalstücke oder Rekonstruktionen der Sportler ausgestellt sind.
Besonders lohnt es sich auf eine Videoszene aus der Geschichte des
Marathonlaufes zu warten: Das Drama um den armen Dorando Pietri. Es
ist der Schlusstag der olympischen Spiele in London am 25.07.1908.
Im vollbesetzten Stadion raunt die Menge, als die britische Königin
den kleinen italienischen Mann mit dem buschigen Schnauzbart zu sich
bittet und einen Goldpokal überreicht. Das eher kühle britische
Publikum jubelt, der kleine Mann verbeugt sich und geht in die
Sportgeschichte ein. Auslöser war der spannende Rennverlauf des
Marathons. Der Brite Jack führte nach fünf km, dann stieß der
Südafrikaner Hefferon zur Spitze vor und der Brite verlor Boden. Von
hinten folgte dem langen, sehnigen Hefferon der kleine, bis dato
unbekannte Mann aus Italien. Er konnte aufschließen, verlor wieder
Kontakt und setzte bei km 37 unter tosendem Beifall des Londoner
Publikums zum langen, finalen Spurt an. Der kleine italienische
Pastetenbäcker überspurtete wie ein Mittelstreckenläufer den
Südafrikaner und wurde im Stadion als Sieger erwartet. Hier begann
dann das Drama. Das Stadion verstummte als der erwartete Sieger die
letzte Runde beginnen wollte. Taumelnd setzte er einen Fuß vor dem
anderen, war totenblaß und versuchte mit wackelnden Kopf und
schlotternden Knien das Ziel zu erreichen. Er stürzte viermal,
raffte sich jedesmal wieder auf und wurde von dem hinter ihm
laufenden US-Amerikaner Hayes immer mehr bedroht. Leicht und locker
sah sein Stil aus, das Stadion schrie hysterisch. Nur fünf Meter
trennten ihn vom Zielband. Plötzlich sprangen zwei Zuschauer von
ihren Plätzen, halfen Pietri auf und schubsten ihn über die
Ziellinie, feierten ihn als Sieger. Stunden später wachte der
Italiener aus der Bewusstlosigkeit und erfuhr von seiner
Disqualifikation. Doch seine Tragik wurde zur Geschichte als die
Königin ihm den Pokal mit den Worten übergab: „Ich habe kein Diplom
für Sie, keine Medaille, keinen Eichenzweig, die ich Ihnen
überreichen könnte. Aber nehmen Sie hier diesen Goldpokal, und ich
hoffe, dass sie keine schlechte Erinnerung an unser Land mitnehmen.“
Eine besonderes
Ausstellungsstück im Eingangs- und Ausgangsbereich des Museums. Der
von der ostdeutschen Firma Germania hergestellte Laufschuh des
russischen Schriftstellers Dr. Jurij Andrejewitsch. 1982 kaufte er
ihn in der damaligen DDR, trug ihn über 40.000 Kilometer und gab ihn
1997 in das deutsche Generalkonsulat in St. Petersburg, um „dem
deutschen Volke mit diesem Geschenk meine Hochachtung für die
Fertigungsqualität seiner Produkte aus zusprechen.“ Völlig zerbeult,
ausgelatscht steht er da. Die vielen Geschichten, die er und sein
Träger erlebt haben, sieht man jedoch vor dem Auge ablaufen. 36 Jahre später steht München als trauriges Kapitel in der Geschichte der olympischen Spiele. Zur Präsentation in dem modernen, noch heute benutzen Komplex des Olympiaparks, konnte erstmals ein Maskottchen präsentiert werden. „Waldi“ war das erste offizielle Maskottchen olympische Spiele. Heutzutage zerbrechen sich viele Agenturen den Kopf darüber, wie das optimale Maskottchen olympischer Spiele auszusehen hat. Waldi war einfach ein farbenfroher Dackel und diente einzig als Symbol für die „heiteren Spiele“. Doch der Terroranschlag, die Entführung und schließlich die Ermordung israelischer Sportler am 05.09.1972 erschütterte die Welt. Palästinesische Terroristen drangen in das olympische Quartier der Israelis ein, töteten zwei Sportler, nehmen neun weitere gefangen. Sie fordern die Freilassung von über 200 Häftlingen aus israelischen Gefängnissen und eine gefahrlose Flucht. Auf dem Flughafen Fürstenfeldbruck eröffnen Präzisionsschützen ein stundenlanges Feuerwerk, bei dem alle neun Geiseln, ein Münchner Polizist und fünf Palästinenser getötet werden. Empörung, Entrüstung, Entsetzen in der ganzen Welt, als das olympische Komitee nach eintägiger Unterbrechung mit der Begründung, dass Terroristen nicht den guten Willen und Sinn olympischer Spiel zerstören dürfe, beschließt: „The games must go on!“
www.sportmuseum-koeln.de |