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Offener Brief der HLV-Präsidentin zur neu geplanten DLV-Laufgebühr |
Offener Brief der Hessischen Leichtathletikverband (HLV)- Präsidentin:
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HLV-Präsidentin Anja Wolf-Blanke |
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Liebe Leichtathletinnen und Leichtathleten,
der Verbandsrat des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) hat im
Sommer 2014 eine bundeseinheitliche Gebühr für Finisher bei Volks- und
Straßenläufen von 1 Euro mit Wirkung zum 1.1.2016 beschlossen. Damit
wird das Gebührenwesen im Laufbereich neu geordnet und deutschlandweit
harmonisiert. Diese Gebühr ersetzt die bisher erhobenen
Landesverbandsgebühren für Volksläufe, die gegenwärtig je nach
Landesverband bis zu 50 Cent pro Teilnehmer betragen, sowie die
Straßenlaufgenehmigungsgebühr für anerkannte Straßenläufe und fasst sie
in einer Gebühr für alle Laufveranstaltungen zusammen.
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Gebührenpflichtig sind ab 2016 nur volljährige Finisher (bisher alle
Teilnehmer mit unterschiedlichen Altersklassen- und Staffelgebühren in
den Landesverbänden, in Hessen ab 16 Jahren). Ausnahmen gibt es für
Spendenläufe und karitative Laufwettbewerbe.
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Gegen die Neuregelung erhebt sich Protest, im Wesentlichen initiiert von
German Road Races, einem Zusammenschluss vornehmlich kommerzieller
Anbieter von Laufevents – wie einer Aufstellung der gegenwärtig 63
Veranstalter entnommen werden kann. Ihre Interessen an der Organisation
von Laufveranstaltungen sind der Gewinnmaximierung geschuldet und
weitgehend andere als die der zahlreichen ehrenamtlich ausgerichteten
Laufveranstaltungen des organisierten Sports. Umso bedauerlicher ist die
mancherorts übernommene Position der kommerziellen Anbieter durch
Vereine und deren Vertreter.
Hierzu bedarf es folgender grundsätzlicher Feststellungen:
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Der organisierte Sport vertritt sein hohes Gut und vor allem dessen
Preis nicht mit dem nötigen Selbstverständnis und Selbstbewusstsein. Es
bedarf dringend eines Umdenkens. Die eigene Leistung und deren Wert
müssen offensiv in der Öffentlichkeit vertreten werden, um den
ehrenamtlich erbrachten Beitrag für alle ins Bewusstsein zu rücken.
Das hohe Gut des organisierten Sports
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Der deutsche Sport, zusammengefasst im Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB),
ist gemeinnützig organisiert. Dies gilt in gleichem Maße für die
Vereine, den DLV und den Hessischen Leichtathletik-Verband (HLV). Wir
alle erbringen umfangreiche sowie vielfältige Leistungen für die
Gesellschaft und verfolgen ausschließlich Ziele des Gemeinwohls sowie
der Gemeinnützigkeit. Dies lässt sich jederzeit anhand unserer
Haushaltentwürfe und -abschlüsse, die wir alljährlich erstellen und den
Delegierten unserer Organisationen vorlegen, nachvollziehen.
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Gleichzeitig gilt im DOSB das Ein-Platz-Prinzip, das jede Ausprägung
sportlichen Tuns einer Dachorganisation zuordnet, für das Letztere
zusammen mit ihren Verbänden und Vereinen zuständig ist und
verantwortlich zeichnet.
Non-Profit-Organisationen
Vereine und Verbände sind Non-Profit-Organisationen, die gemeinnützig
und überwiegend ehrenamtlich einen unbezahlbaren Mehrwert für unsere
Gesellschaft schaffen. Für „kleines“ Geld profitieren ungezählte
Sportlerinnen und Sportler von den vielfältigen Serviceleistungen der
Vereine und Verbände.
Mit unseren sehr geringen Beiträgen und Gebühren finanzieren wir in
einem Solidarpakt Serviceleistungen für alle Facetten des organisierten
Sports; z.B. Leistungs- und Breitensport, Jugendarbeit, Aus- und
Fortbildungen, das Wettkampfwesen, Schulkooperationen, Integration und
Inklusion. Von diesen Angeboten profitieren alle Kreise unserer
Gesellschaft und das Gemeinwohl insgesamt.
Dem organisierten Sport gegenüber stehen kommerzielle Anbieter, deren
Beiträge und Gebühren trotz ähnlichen Angebots bei Weitem jene der
Vereine und Verbände überschreiten. Agenturen, Firmen und andere
kommerzielle Anbieter handeln überwiegend gewinnorientiert und
beteiligen sich nicht an der Finanzierung des Solidarpaktes Sport.
Die Laufbewegung
Seit Beginn der organisierten Laufbewegung vor rund 50 Jahren werden
alle laufbezogenen Aktivitäten im organisierten Sport, ausgerichtet von
Vereinen und Verbänden, über den DLV und seine Landesverbände
koordiniert und allen Läufern - vereinsgebunden oder auch nicht –
angeboten. Hierzu zählen Volks- und Straßenläufe, Lauf-, Walking- und
Nordic-Walkingstreffs. Die Förderung des Spitzen-und
Nachwuchsleistungssports im Laufbereich für Vereinsmitglieder ergänzt
die Aufgaben des Dachverbandes bzw. der Landesverbände. Orientiert an
der gesellschaftlichen Entwicklung erfolgt eine stete Fortschreibung und
Erweiterung der Angebotspalette im Laufbereich.
Seit rund 20 Jahren erheben die 20 Landesverbände im DLV unterschiedlich
hohe Genehmigungsgebühren für Starter bei Volks- und Straßenläufen.
Diese entrichten die Teilnehmer an den Veranstalter eines
Laufwettbewerbs über das individuell vom Ausrichter festgelegte
Startgeld. Dieser führt die Genehmigungsgebühr nach Abschluss seiner
Veranstaltung an die Landesverbände ab.
Serviceleistungen für den Laufsport in Hessen
Im Breitensport hat der frühere HLV-Präsident Wolfgang Schad bereits
zahlreiche Initiativen und Serviceleistungen umgesetzt, die in den
vergangenen Jahren deutlich erweitert und verbessert wurden. Aus den
über den Laufbereich erwirtschaften Mitteln werden vielfältige und
umfangreiche Serviceleistungen für Läuferinnen und Läufer im Breiten-
und Leistungssport finanziert.
Förderung des Breitensports im Laufbereich
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Versicherung nicht vereinsgebundener Sportler bei Volksläufen,
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Kostenlose Startnummern für Volks- und Straßenläufe,
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Ausbildungen für Lauf-, Walking- und
Nordic-Walking-Treffbetreuer, |
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Ausbildungen für Lauf-, Walking- und Nordic-Walking-Treffleitern,
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Aus-
und Fortbildungen für C-Trainer Breitensport, |
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regionale Terminbörsen, |
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Kostenlose Veranstaltungsveröffentlichung im Hessischen
Laufkalender, |
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Kostenlose Abgabe und Verteilung des HLV-Laufkalenders,
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Interessensvertretung und Mitarbeit bei der Vereinbarung „Wald
und Sport“ mit dem Hessischen Ministerium für Umwelt, Energie,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz sowie der Novellierung des
Gesetzes zum Recht des Waldes, |
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Seminare für Volks- und Straßenlaufveranstalter. |
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Förderung des Leistungssports im Laufbereich
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Finanzierung von Landestrainern, |
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Förderung von jährlich ca. 70 Kaderathleten im D- und E-Kader,
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Finanzierung von jährlichen Kadermaßnahmen (unter anderem
Höhentrainingslager), |
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Ausrichtung von Meisterschaften im Straßen- und Crosslauf,
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Entsendungskosten von Landestrainern im Laufbereich zu
Süddeutschen und Deutschen Meisterschaften, |
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Anschaffung von Trainingsgeräten und -einrichtungen, wie
Laufbandergometer, Hypoxiekammer, Cross-Stepper, Spinning-Bikes,
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Aus-
und Fortbildungen für C-, B-Trainer Leistungssport im
Laufbereich, |
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Lauf-Cup für Nachwuchsklassen, |
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umfangreiche medizinische, physiotherapeutische und weitere
Serviceleistungen an den Landesstützpunkten, insbesondere in
Frankfurt am Main. |
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Start zum Schwanheimer Pfingstlauf in Frankfurt (Foto: Rosbacher
Main-Lauf-Cup)
Summa Summarum werden in Hessen jährlich rund 36.000 Euro über Gebühren
im Volks- und Straßenlauf eingenommen und weit über 120.000 € in den
Laufbereich investiert. Viele weitere Projekte und Ideen sind
gegenwärtig nicht realisierbar, können aber zukünftig finanziert werden.
Was gesagt werden muss
Die Proteste der kommerziellen Veranstalter richten sich in Wahrheit
gegen Sie, die Vereine. Es geht nicht um den Finisher-Euro. Das
eigentliche Ziel ist offenbar ein ganz anderes – das Aufbrechen der
Solidargemeinschaft des organisierten Sports.
Agenturen und Firmen erleiden keinen wirtschaftlichen Nachteil. Sie
werden den Finisher-Euro nicht nur 1:1 an die Teilnehmer ihrer Events
weitergeben, sondern zeitgleich eine individuelle Gebührenerhöhung zur
Gewinnmaximierung zumindest in Erwägung ziehen.
Die Zielrichtung gilt der Kommerzialisierung des gesamten Sports, das
Vorantreiben der Privatisierung der Gewinne, ohne die für den Sport
erforderlichen Rahmenbedingungen mitzufinanzieren. Hierfür bedienen sich
kommerzielle Anbieter der ehrenamtlichen (für sie preiswerten) Struktur
des organisierten Sports. Sie bilden keine Kampfrichter, Trainer,
Lauftreff-Betreuer etc. aus, sie vermessen keine Strecken und erstellen
keine Bestenlisten. Stattdessen rekrutieren sie eine Vielzahl von
Helfern aus Vereinen und Verbänden, die ehrenamtlich tätig sind und fast
nichts kosten.
Der Solidarpakt des organisierten deutschen Sports darf nicht in Frage
gestellt werden. Die Arbeit in Ihren Sportvereinen und unsere in den
Verbänden ist ein wertvolles und unbezahlbares Gut, das wir mit aller
Kraft behaupten und stärken müssen.
Ihre
Anja Wolf-Blanke |
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Autor und Copyright: Detlev Ackermann, Laufen-in-Koeln Foto: HLV
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