Der 3. GutsMuths-Rennsteiglauf war, wie seine beiden
Vorgänger, noch stark vom Studentensport der Jenaer Universität
getragen. Nicht nur die Idee, die Ausschreibung und ein Teil der
Organisation wurde von Studenten und Mitarbeitern der Universität
übernommen. Fast ein Drittel der Teilnehmer (281) stammte von Hoch-
und Fachschulen aus der ganzen DDR. Im Organisationsstab waren 16
Studenten tätig. Das gesamte Meldebüro wurde von Jenaern gestellt,
die tatkräftig von Herbert Weiß und einigen Sportfreunden aus
Goldlauter und Schnepfenthal Unterstützung erhielten. Bis kurz vor
dem Start arbeiteten alle fleißig bei der Ausgabe der
Startunterlagen usw., um dann pünktlich in der Nacht um 1.00 Uhr
selber als Aktive an den Start zu gehen, darunter waren auch der
Gesamtleiter H.-G. Kremer und sein Stellvertreter H. Weiß.Nach
dem Lauf erschien erstmals ein Ergebnisheft mit einem
wissenschaftlichen Teil über die sportmedizinischen und
soziologischen Untersuchungsergebnisse, denen sich alle Teilnehmer
der "Langen Strecke" unterziehen mussten. Die meisten Teilnehmer des
3. Rennsteiglaufes kamen mit 88 Startern aus dem Raum Leipzig.
Jeweils 54 sind es aus Dresden und Jena, 48 aus Zella-Mehlis, 42 aus
Erfurt und Cottbus, 36 aus Suhl, 28 aus Ilmenau, 26 aus Weimar und
Halle.
Zu den Kuriosa dieses Laufes dürfte die Geschichte des 79
jährigen Eduard Malcolm aus Jena zählen. Er hatte die Teilnahme an
der "Kurzen Strecke" (38 km) abgelehnt, da diese nur von Frauen
gelaufen würde. Da Eduard Malcom in Jena den Bus verpasste, der von
der Universität bereitgestellt wurde, fuhr er mit dem Fahrrad zum
Start nach Schnepfenthal (80 km). Als der rüstige Rennsteigläufer
dann wegen der Dunkelheit doch unterwegs aufgab, lief er zurück zu
seinem Rad in Schnepfenthal und fuhr wieder nach Hause.
Zu den Besonderheiten des Rennsteiglaufs gehörte auch die
Versorgung. Nach sportmedizinisch vorbereiteten Rezepten gab es
Haferschleim an fast allen Verpflegungsstellen und in Limbach für
alle Teilnehmer eine Banane. Wer die Versorgungslage in der DDR noch
kennt, kann einschätzen, was dies bedeutete. Die Bananen hatte ein
Sportlehrer der Jenaer Universität auf Grund seiner Beziehungen im
"Russen-Magazin", einer Verkaufsstelle der "Sowjetischen Garnison",
beschafft.
Auch die Ausgabe eines Teilnehmerabzeichens an alle im Ziel
gehörte zu den Extras dieses Laufes. Sie wurden vom dem später
bekannten Thüringer Medailleur Helmut König aus Zella-Mehlis in
Feierabendarbeit geprägt. Für die fünfzehn silbernen Nadeln, die als
Auszeichnung an die wichtigsten Organisatoren vergeben wurden,
stiftete der Gesamtleiter des Laufes einen silbernen Löffel aus dem
Familienbesteck.
Unmittelbar nach dem Lauf bemühte sich die HSG Uni Jena, den
weiteren Bestand dieser Veranstaltung zu sichern, da die Mehrheit
der Teilnehmer schon im Ziel angekündigt hatten, dass sie im
nächsten Jahr wiederkommen würden. Die HSG-Leitung bot daher dem
DTSB-Bundesvorstand die Ãœbernahme des GutsMuths-Rennsteiglaufes als
Veranstalter an. Etwa gleichlautend schrieb der Schirmherr des 3.
Rennsteiglaufs, Prof. Dr. W. Schröder als Vorsitzender der
Universitätssportkommission, an den Minister für Hoch- u.
Fachschulwesen der DDR, dass er seine (des Ministers) Unterstützung
darin sehen würde, dass der Minister dem Präsidium für Hoch- und
Fachschulsport die Hauptverantwortung für die Durchführung des 4.
GutsMuths-Gedenklaufes 1976 übertragen könnte. Die HSG der
Friedrich-Schiller Universität Jena wäre bereit die Gesamtleitung zu
tragen, wenn sie nicht wieder finanziell zuschießen müsste. Als
Antwort erhielt die Universitätsleitung vom Minister für Hoch- und
Fachschulwesen einen ablehnenden Antwortbrief, der folgenden
wichtigen Satz enthielt: "Nach Rücksprache mit dem Vizepräsidenten
des DTSB der DDR, der seinerseits Gen. Manfred Ewald konsultierte,
ergibt sich, daß eine zentrale Gedenklaufveranstaltung nicht
akzeptiert wird (keine sportpolitische, sportliche oder
sportmedizinische Notwendigkeit)." Dies war zwar verklausuliert aber
doch sehr deutlich der Hinweis an die Universität Jena den Lauf
nicht mehr zu organisieren, was fast einem Verbot gleichkam. Da
dieses Schreiben auf dem Schreibtisch der Universitätsleitung bis
zum Semesterbeginn liegenblieb, begannen die Akteure in der HSG und
in Goldlauter mit den Vorbereitungsarbeiten, mussten aber bald
merken, dass die Unterstützung von höher gestellten Institutionen
deutlich nachließ. So lehnte z. B. die GST (Gesellschaft für Sport
und Technik) ab, ihr Ausbildungslager in Scheibe-Alsbach als
Ãœbernachtungs- und Organisationsstandort eines Starts
bereitzustellen. Um der Organisation einen offiziellen Rahmen zu
geben, trafen sich die mitorganisierenden Sportgemeinschaften im
Herbst in Goldlauter und gründeten eine Interessengemeinschaft
"GutsMuths-Rennsteiglauf". Bernd Will von der SG Beerberg Goldlauter
erklärte sich bereit, die Gesamtleitung zu tragen. Herbert Weiß
übernahm wieder die technische Leitung. Agitation und Propaganda
(Öffentlichkeitsarbeit) Finanzen und anderes verblieb bei den
Gründern in Jena.
Da die im Bereich des DDR-Kulturbundes übliche lockere und
basisdemokratische Organisationsform einer Interessengemeinschaft im
zentral gelenkten DDR-Sport unbekannt war, gelang es dem
Vorsitzenden des DTSB Bezirksvorstandes Suhl, beim DTSB
Bundesvorstand die Zustimmung zur Ãœbernahme des GutsMuths
Rennsteiglaufes 1976 zu erhalten. Damit war zwar der bisherige Name
nach heftiger Diskussion von GutsMuths-Gedenklauf in
GutsMuths-Rennsteiglauf geändert aber der weitere Bestand als
Ultramarathon vorerst gesichert.