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Sylvia Schulz möchte zur U20-EM  Langhürdlerin Sylvia Schulz hat in diesem Sommer viel vor. Das Saisonziel der 18-Jährigen vom TSV Bayer 04 Leverkusen: die Teilnahme an der U20-EM in Grosseto (Italien; 20.-23. Juli). Zurzeit feilt sie mit ihrer Trainingsgruppe in Nerja an der Costa del Sol an der Form. Um überhaupt effektiv Sport treiben zu können, hat Sylvia Schulz vor zwei Jahren ihr Elternhaus verlassen – in Namibia.  20 Grad und Sonnenschein – das Wetter in Nerja an der östlichen Costa del Sol ist optimal. Auch am Strand und im Stadion sind die Bedingungen wie geschaffen, um am Feinschliff für die im Mai beginnende Saison zu arbeiten. Zweimal täglich schnüren Sylvia Schulz und ihre Klubkolleginnen vom TSV Bayer 04 Leverkusen dort die Trainingsschuhe, um sich auf die bald anstehenden Sportfeste vorzubereiten. Ehrgeiziges Ziel der 18-Jährigen: die vom Deutschen Leichtathletik Verband geforderte Mindestleistung für die U20-Europameisterschaft erfüllen.  Deshalb sind die kontinentalen Nachwuchs-Titelkämpfe in Italien auch unter spanischer Sonne allgegenwärtig. „Der Letzte ist für Grosseto“, spornt Trainer Markus Irrgang seinen Schützling zum Abschluss einer harten Tempolaufserie an. Der 35-jährige studierte Deutsch- und Erdkundelehrer ist seit Oktober 2015 beim TSV Bayer 04 Leverkusen für das Training der weiblichen Jugend verantwortlich. Der Pädagoge weiß, wie man gezielt motiviert. Noch acht Zehntel bis zur Norm  Das Training ist so konzipiert, dass es auch auf der Flachdistanz rollt. „Eine 56 sollte drin sein“, schätzt die blonde Athletin ihre aktuelle Leistungsfähigkeit über 400 Meter ein. Der Hausrekord bislang: 57,98 Sekunden. Bei den Deutschen Meisterschaften der U18 in Mönchengladbach-Rheydt erkämpfte sie Anfang August Bronze. Die mit zehn Hürden gespickte Stadionrunde durcheilte die Brillenträgerin da in 60,53 Sekunden – gegenüber 2015 eine Steigerung um rund eineinhalb Sekunden.  An der Mindestleistung für die U20-Europameisterschaften fehlen nur noch knapp acht Zehntel. Die in der Bestenliste vor ihr platzierten Disziplinkolleginnen sind bislang auch nur gut eine Sekunde schneller. Das Saisonziel scheint also keinesfalls zu hoch gegriffen. Die Entscheidung über die drei zur Verfügung stehenden EM-Tickets dürfte am ersten Juli-Wochenende beim Nominierungswettkampf in Mannheim (01./02. Juli) fallen. Durchaus als Generalprobe darf die U23-DM zwei Wochen vorher in Leverkusen, also vor heimischer Kulisse angesehen werden. Auf Hallen-Starts verzichtet  Auf Starts in der Halle hat Sylvia Schulz in diesem Winter verzichtet, weil die Achillessehne gereizt war. Vereinsarzt Dr. Jürgen Ramacher riet zu alternativem Training wie zum Beispiel Aquajogging. Der geplante Start bei der Mehrkampf-Hallen-DM in Hamburg fiel ins Wasser. Im letzten Sommer wurde sie im Siebenkampf bei der U18-DM mit 5.021 Punkten Vierte. „Ich habe eigentlich nur wegen der Mannschaft mitgemacht und hatte lediglich drei Wochen Zeit, dafür zu trainieren“, erklärt die Allrounderin.  Sylvia Schulz wuchs in Windhoek (Namibia) auf, ist aber Deutsche und lebt seit Mai 2015 in Leverkusen. „Bei uns hat man nicht so viele Möglichkeiten wie in Deutschland. Mein Cousin hatte in Leverkusen diesbezüglich gute Erfahrungen gemacht, so dass ich es auch einmal ausprobieren wollte“, erklärt die 1,78 Meter große Athletin, deren Vorfahren im 19. Jahrhundert nach Namibia ausgewandert sind. In Begleitung ihrer Mutter wollte sie zunächst nur vier Wochen in der Farbenstadt bleiben. Doch dann sprang bei der U18-DM in Jena überraschend Platz vier heraus. Mutter gab das Okay  „Paul Heinz Wellmann und unser damaliger Trainer Lars Knut meinten dann, es sei besser, wenn ich hier bleibe“, begründet die Langhürdlerin. Heike Schulz, früher Turnerin, Kunstspringerin und Hockeyspielerin, willigte ein und flog ohne die talentierte Tochter zurück in die 15 Stunden entfernte Heimat. Kontakt gehalten wird nahezu täglich via Skype und Whatsapp.  Anfangs wohnte Sylvia Schulz bei Extraklasse-Hammerwerfer Markus Esser und seiner Familie. Jetzt teilt sie sich mit einer Handballerin ein Zimmer und nimmt die Angebote des Sportinternates Leverkusen in Anspruch – eine prima Unterstützung, um den Alltag aus Sport und Schule zu meistern. Zunächst erwarb die kampfstarke Viertelmeilerin an der Theodor-Heuss-Realschule die Fachoberschulreife und arbeitet jetzt am Geschwister-Scholl-Berufskolleg auf das Abitur hin. Aber daran mögen Sylvia Schulz und ihre Trainingspartnerinnen zurzeit überhaupt nicht denken. __________________________________ Autor und Copyright: Harald Koken für Laufen-in-Koeln |