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 Die geplante Spitzensportreform und ihre Ausgestaltung sind derzeit eines der dominierenden Themen der sportpolitischen Debatte. Es gibt zahllose Ideen und noch mehr Meinungen über die Pläne des Bundesinnenministeriums und des Deutschen Olympischen Sportbundes, die vorsehen, Gelder künftig anders zu verteilen und Strukturen zu straffen. Viel weniger präsent, aber keineswegs minder relevant, ist unterdessen die Frage nach der Wirkung von Investitionen in den Breitensport. Dieser sind Sören Dallmeyer, PD Dr. Pamela Wicker und Univ.-Prof. Dr. Christoph Breuer in einer Arbeit mit dem Titel “Public expenditure and sport participation: An examination of direct, spillover, and substitution effects” nachgegangen. Im August wird die Studie im International Journal of Sport Finance veröffentlicht.  Die Forscher vom Institut für Sportökonomie und Sportmanagement haben den Zusammenhang zwischen verschiedenen Arten öffentlicher Ausgaben und der Sportaktivität der Bevölkerung untersucht. Denn die Menschen zum Sporttreiben zu bewegen, ist nicht nur von Bedeutung für die Volksgesundheit, sondern forciert auch die Entwicklung von sozialer Kompetenz und schafft Arbeitsplätze, ist also ein wichtiges Staatsziel.  Um nun herauszubekommen, wie sich welche Investitionen auf den Sportalltag der Menschen auswirken, haben Dallmeyer, Wicker und Breuer zwei Datensätze zusammengeführt: Die öffentlichen Ausgaben der 16 Bundesländer in den Jahren zwischen 2002 und 2011 für den Sport wurden mit den Ergebnissen einer Panelbefragung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung unter rund 85.000 Menschen kombiniert.  Im Fokus stand die Frage, wie sich direkte Investitionen in Sportanlagen und Schwimmbäder auf die Sportaktivität auswirken. Zudem wurde ermittelt, welche Spillover-Effekte erkennbar sind, d.h. wie Investition in Bildung, Gesundheit, Straßen oder öffentliche Verkehrsmittel die Sportaktivität der Bevölkerung beeinflussen. Und zuletzt geht die Studie der Frage nach, ob auch Substitutionseffekte entstehen, d.h. ob Ausgaben für beispielsweise Fördermaßnahmen für Kultur ebenfalls Folgen für den Sport haben.  Mit großer Deutlichkeit zeigt sich in den Ergebnissen, dass „öffentliche Ausgaben für Sportanlagen und Schwimmbäder einen signifikanten positiven Effekt auf die Sportaktivität der Menschen“ haben, schreiben die AutorInnen, kommen zugleich aber zu einem recht erstaunlichen Befund: „Die allgemeine Sportförderung“, also Gelder, mit denen Vereine unterstützt werden, „wirkt dagegen kaum.“ Das könnte zum einen daran liegen, dass die Behörden nicht in der Lage sind, zu kontrollieren, wie die Sportvereine die ihnen zugewiesenen Mittel verwenden, und zum anderen daran, dass im Vereinssport überdurchschnittlich viele Jugendliche organisiert sind, die in der Befragung nicht auftauchen.  Überraschend positiv wirken sich hingegen Gelder aus, die in bestimmte Verkehrsprojekte fließen. „Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Regierungen die Sportbeteiligung durch Ausgaben für Verkehrsinfrastrukturen beeinflussen können, die zu einer besseren Erreichbarkeit von Sportanlagen führen“, lautet eine der zentralen Erkenntnisse der Studie. So kann der Ausbau eines Netzes an Radwegen einerseits die Radsportbeteiligung fördern und zugleich den Zugang zu Sportanlagen erleichtern.  Öffentliche Mittel, die in Grünanlagen und Parks fließen, wirken sich unterdessen vor allem positiv auf die Sportaktivität von Männern aus, was auf den ersten Blick überraschend ist, aber frühere Erkenntnisse bestätigt. Offenbar sind Männer eher bereit, hier Outdoorsport zu treiben. Die These, dass Ausgaben für kulturelle Angebote sich negativ auf die Sportaktivität auswirken, konnten die Forscher dagegen nicht untermauern.  Dafür zeigt die Studie deutlich, dass aus staatlicher Perspektive ein detailliertes Verständnis der Beziehung zwischen verschiedenen Arten von öffentlichen Ausgaben und individueller Sportbeteiligung erforderlich ist. Denn die Sportaktivität der Bevölkerung wird nicht alleine von direkten Investitionen in das Sportsystem beeinflusst, sondern auch von anderen Projekten wie der Optimierung öffentlicher Verkehrsangebote. __________________________________ Autor und Copyright: Daniel Theweleit |