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Laufwettbewerbe im Amateurbereich: Teilnahme von inter* und trans* Personen |
Der Deutsche
Leichtathletik-Verband (DLV) mit Vizepräsident Dr. Matthias Reick an der Spitze
des Aufgabenfelds Allgemeine Leichtathletik thematisiert in einem offenen Brief
die Ausschreibung für Laufwettbewerbe hinsichtlich der Teilnahme von inter* und
trans* Personen und bezieht sich dabei auf Empfehlungen der
Antidiskriminierungsstelle des Bundes.
Für Laufveranstaltungen, die
mehr einem Event- und Breitensportcharakter folgen, empfiehlt diese eine
Ausschreibung, in der die Offenheit der Kategorien durch w*/m* gekennzeichnet
wird, und nichtbinären, inter* und trans* Personen die Wahl der Startklasse
freizustellen. Diesen Empfehlungen schließt sich der DLV für die genannten
Veranstaltungen an.
Die genaue Argumentation ist dem Schreiben zu entnehmen:
Wettkampfausschreibung
für Laufwettbewerbe im Amateurbereich
in Hinblick auf die Teilnahme von inter* und trans* Personen
Der Deutsche Leichtathletik Verband DLV) möchte auf der Grundlage des
Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) und des Beschlusses des
Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 10. Juli 2017 (Aktenzeichen: 1
BvR 2019/16) und unter Einbeziehung einer erbetenen unverbindlichen
rechtlichen Einschätzung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS)
Empfehlungen für die Durchführung von Stadionfernen Veranstaltungen
formulieren. Grundsatz einer jeden Veranstaltung, ob im Elite- oder
Amateurbereich, die den Kriterien eines Leistungsvergleiches folgt,
sollte jedoch sein, dass der Wettkampfsport auf der Grundlage der
Ermittlung eine* Leistungsbesten unter Beachtung von Regeln basiert, die
u.a. einen fairen Leistungsvergleich möglich macht und niemanden in
jedweder Form diskriminiert.
Der DLV hat die
Bezeichnungen "Stadionferne Veranstaltungen" und "Stadionnahe
leichtathletische Erlebnisveranstaltungen" eingeführt, um eine
Differenzierung und freiere Ausgestaltung gegenüber den in der DLO
aufgeführten klassischen Verbandsveranstaltungen, die nur Mitgliedern
bzw. Startpassinhabern zugänglich sind, zu ermöglichen. Stadionferne
Veranstaltungen sind als "Lauf- und laufähnliche Veranstaltungen mit
leichtathletischem Wettkampfcharakter einschließlich Straßen-, Cross-,
Berg-, Landschafts-, Trail- und Geländeläufe mit und ohne Wandern,
Walking und Nordic Walking, mit und ohne Zeitmessung" definiert. Diese
Formulierung gibt Veranstaltern die Möglichkeit, flexibel und auch
innovativ neue Veranstaltungsformen sowie unabhängig von einer
Vereinsmitgliedschaft auszuschreiben.
Für Teilnehmer an oben
genannten Stadionfernen Veranstaltungen, die keine Vereinsmitgliedschaft
bzw. kein Startrecht nach Deutscher Leichtathletik Ordnung (DLO)
besitzen, gilt dennoch zum Schutz der Persönlichkeitsrechte eines jeden
Teilnehmers (des Rechts auf einen fairen Wettkampf und des erzielten
Ergebnis) der § 5.1.2.5 der DLO der besagt, dass "Dopingkontrollen
während der Veranstaltung und außerhalb der Veranstaltung gemäß den
Anordnungen des Wettkampfleiters und/oder den nationalen und
internationalen Antidoping-Organisationen geduldet und unterstützt
werden". Das bedeutet zunächst einmal, dass jeder Teilnehmer im Elite-
und Laufwettbewerb, der mehr einem Event- und Breitensportcharakter
folgt, durch die unabhängige Nationale Antidoping Agentur (NADA)
getestet werden kann.
Es können zwei grundsätzliche Arten von Laufveranstaltungen
unterschieden werden und eine Mischform
1. |
Laufveranstaltungen bzw. Eliteläufe innerhalb einer
Veranstaltung, die nach dem nationalen und internationalen
Regelwerk ausgeschrieben werden. |
2. |
Laufveranstaltungen die mehr einem Event- und
Breitensportcharakter folgen, können entsprechend der DLO "§ 14
Stadionferne Veranstaltungen" ausgeschrieben werden und sind
nicht an die in der DLO festgelegten Strecken mit
Vermessungsprotokoll oder nationales oder internationales
Regelwerk gebunden (Ausnahme: Dopingtests der NADA möglich). |
3. |
Eine
Mischform aus Elitelauf mit den Anforderungen wie oben
beschrieben und Event- Breitensportveranstaltung, entweder als
Lauf mit getrennter Ausschreibung und Wertung bei gemeinsamem
Start oder als getrennte Läufe. |
Für Laufveranstaltungen unter 1. und 3., die (oder in Teilen) nach dem
nationalen und internationalen Wettkampfregelwerk ausgeschrieben werden
ist die eindeutige Zuordnung zum weiblichen oder männlichen Gender auch
unter Berücksichtigung der Vorgaben der Welt- und Nationalen Antidoping
Agentur (WADA/NADA) zu berücksichtigen.
Für Laufveranstaltungen
unter 2., die mehr einem Event- und Breitensportcharakter folgen
empfiehlt die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) eine
Ausschreibung, in der die Offenheit der Kategorien durch w*/m*
gekennzeichnet wird und nichtbinären, inter* und trans* Personen die
Wahl der Startklasse freizustellen. Die ADS führt weiter aus, dass für
die Einstufung eine Glaubhaftmachung genügen muss. Die ADS führt
ebenfalls an, dass die Diskussion einer Gefahr eines "unerwünschten
Genderdopings" innerhalb des Breitensports wohl hinter der
Diskriminierung durch eine pauschale Einstufung als "männlich"
zurücktreten wird.
In diesem Zusammenhang
bleibt jedoch darauf hinzuweisen, dass auch im Freizeitsport sportliche
Fairness eine Selbstverständlichkeit ist. Veranstaltern ist zu
empfehlen, ihre Teilnehmer* zu sensibilisieren. Hinweise auf die
Bestimmungen der NADA/WADA wie auch das mögliche Erfordernis, sich im
Falle der Anwendung von verbotenen Medikamenten im Vorfeld mit der NADA
in Verbindung zu setzen (Medizinische Anfragen: medizin@nada.de;
Medikamentenabfrage www.nadamed.de), sind hilfreich.
Um bei Läufen mit
Event- und Breitensportcharakter die Frage des "unerwünschten Gender-",
aber auch des "stummen Medikamentendopings" zu neutralisieren, könnte
bei diesen Läufen das gemeinsame Laufen in den Vordergrund der
Ausschreibung gestellt und abweichende Formen einer Siegerehrung
geschaffen werden.
Die
Antidiskriminierungsstelle des Bundes weist darauf hin, dass der
Beschluss des Bundesverfassungsgerichts sich zwar ausdrücklich nicht auf
trans* und nichtbinäre Personen bezieht und diesen auch die Bezeichnung
"divers" im Personenstandsregister (bisher) verwehrt ist, so stellt doch
das Gericht eindeutig die Bedeutung der geschlechtlichen Identität und
damit die Relevanz einer - der eigenen Wahrnehmung entsprechenden -
Bezeichnung heraus. Das Bundesverfassungsgericht hat sich in seinem
Urteil nur allgemein zum Recht geäußert, gemäß dem eigenen Geschlecht
angesprochen zu werden und weiteres nicht ausgeführt. Damit ist oben
gesagtes (bisher) nur eine Empfehlung, ein Rechtsanspruch besteht daher
bisher nicht.
Der DLV bedankt sich
bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes für die umfangreiche
Stellungnahme auf seine Nachfrage und schließt sich den Empfehlungen für
Veranstaltungen mit Event- und Breitensportcharakter, wie oben
ausgeführt, an.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Matthias Reick
Vizepräsident
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Autor und Copyright: Detlev Ackermann, Laufen-in-Koeln Quelle: DLV
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