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Marathon - Weltrekorde - Wunderschuhe
 
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31.10.2023 

 

 
Marathon - Weltrekorde - Wunderschuhe 
 
In der aufregenden Welt des Marathons wirft der bevorstehende New York Marathon diesen Sonntag einen besonderen Fokus auf ein spezifisches Detail: die Laufschuhe der Athleten. In den letzten Wochen hat sich eine lebhafte Diskussion um die sogenannten "Superschuhe" entwickelt, insbesondere nach den beeindruckenden Weltrekorden von Kelvin Kiptum in Chicago und Tigist Assefa in Berlin. Diese Rekorde haben das Interesse an dem Hightech-Material, aus dem die Schuhe gefertigt sind, neu entfacht.
 
Die Frage, ob die magische Zwei-Stunden-Marke beim Marathon bald geknackt wird, steht mehr denn je im Raum. Der Kenianer Eliud Kipchoge hatte vor vier Jahren bereits eine Zeit nahe dieser Marke erreicht, doch diese Zeit wird nicht als offizieller Weltrekord anerkannt, da sie unter quasi-Laborbedingungen und mit der Unterstützung zahlreicher Pacemaker erreicht wurde.
 
Wolfgang Potthast, Leiter der Abteilung klinische und technologische Biomechanik an der Sporthochschule in Köln, liefert einen tiefen Einblick in die Thematik. Er betont, dass der Hype um die "Superschuhe" keineswegs eine kurzfristige Erscheinung ist. Schuhe, die mit der neuesten Technologie ausgestattet sind, können bei gut trainierten Amateurläufern die Sauerstoffaufnahme um bis zu vier Prozent reduzieren. "Das führt dazu, dass die Muskeln vier Prozent weniger Energie benötigen und somit effizienter arbeiten. Oder umgekehrt ausgedrückt, die Läufer können bei gleichbleibendem Energieeinsatz vier Prozent schneller laufen", erklärt Potthast.
 
Im Wettrennen um die technologisch fortschrittlichsten und leistungsstärksten Laufschuhe liefern sich die Giganten der Sportartikelindustrie, Nike und Adidas, ein erbittertes Duell. "Seit einigen Jahrzehnten wissen wir, dass eine Gewichtsreduktion des Schuhs um 100 Gramm die Sauerstoffaufnahme um ein Prozent reduziert", fügt Potthast hinzu. Die perfekte Kombination aus geringem Gewicht, einem leichten, dämpfenden Schaum und einer Carbonplatte ist entscheidend für die Optimierung der Laufschuhe.
 
Die Verwendung von Carbon ist dabei nicht zwingend notwendig, allerdings bietet dieses Material eine ideale Kombination aus Leichtigkeit und Steifheit. "Carbon ist aktuell sehr angesagt, es gilt als modern und cool", bemerkt Potthast. "Das Material hat Ähnlichkeiten mit den Sprintprothesen, wie sie von den Paralympics-Siegern Oskar Pistorius und Markus Rehm verwendet wurden."
 
Um der wachsenden Debatte um die Schuhe Herr zu werden, gründete der internationale Verband World Athletics im Sommer 2020 eine Arbeitsgruppe. Diese legte fest, dass Wettkampfschuhe grundsätzlich im Handel für jeden Athleten verfügbar sein müssen, bevor sie in einem Wettkampf getragen werden dürfen. Ausnahmen gibt es für Prototypen, die Hersteller ihren gesponserten Sportlern in Wettbewerben zur Verfügung stellen. Allerdings ist diese Praxis auf zwölf Monate begrenzt, und bei Weltmeisterschaften sowie den Olympischen Spielen ist der Einsatz dieser Prototypen untersagt.
 
Die rasante Entwicklung der Laufschuhe und der damit verbundenen Laufzeiten wirft jedoch auch Fragen auf. "Es gibt zwei Sichtweisen", erläutert Jo Schindler, Renndirektor des Frankfurter Marathons. "Die eine fokussiert sich auf die Entwicklung der Schuhtechnologie und die Integration der Carbonplatte. Läufer berichten, dass sie durch die federnde Wirkung des Schuhs bis zu zwei Minuten schneller sind. Die andere Sichtweise betrifft die Integrität des Sports. Immer wenn außergewöhnliche Leistungen erbracht werden, muss man sich heute die Frage stellen, ob alles mit rechten Dingen zugegangen ist."
 
Kenia, ein Land, das regelmäßig für Laufrekorde sorgt, fällt allerdings auch negativ auf. Mit mehr als 60 gesperrten Doping-Sündern, überwiegend Langstreckenläufer, nimmt es einen Spitzenplatz auf der Liste der "Athletics Integrity Unit" des Weltverbandes ein. Zugleich konzentrieren sich immer mehr afrikanische Talente auf den Halbmarathon und den Marathon, da hier mehr Geld zu verdienen ist als auf der Laufbahn.
 
Für Potthast steht fest, dass trotz der beeindruckenden Fortschritte bei den Laufschuhen der Athlet im Zentrum der Leistung steht. "Klar, vier Prozent können viel ausmachen. Aber die Rekorde purzeln nicht nur wegen der Schuhe", betont er. Auch in anderen Ausdauersportarten, wie dem Radsport, verbessern sich die Leistungen stetig, unabhängig von der Schuhtechnologie.
 
World Athletics sieht die Flut an Weltrekorden als Teil der natürlichen Entwicklung des Sports und betont, dass neben der Technologie auch verbesserte Trainingsmethoden, Ernährung und weitere Faktoren zu den Leistungssteigerungen beitragen. Nicht zuletzt die Coronapandemie hat dazu geführt, dass die Sportler sich intensiver und fokussierter auf ihre Wettkämpfe vorbereiten konnten.
 
Für Hobbysportler sind die teuren Superschuhe laut Potthast jedoch nicht unbedingt notwendig. "Diese Schuhe sind speziell für Spitzenathleten konzipiert. Bei langsameren Geschwindigkeiten können sie sogar unangenehm sein", warnt der Biomechaniker. "Es gibt viele gute Laufschuhe, die für den Normalverbraucher deutlich besser geeignet sind."
 
Mit Spannung wird nun der New York Marathon erwartet, bei dem sich zeigen wird, welche Athleten und welche Schuhe in der Lage sind, die Bestzeiten weiter zu drücken und die Aufmerksamkeit der Welt auf sich zu ziehen.



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Autor und Copyright: Detlev Ackermann, Laufen-in-Koeln