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Psychologische Aspekte des Laufens: Mentales Training als Leistungsbooster  Laufen ist mehr als nur körperliche Bewegung. Viele Läufer wissen, dass auch der Kopf eine wichtige Rolle spielt. Egal, ob man die nächste Bestzeit erreichen will oder einfach nur einen langen Lauf durchhalten möchte - mentale Stärke ist unverzichtbar. Die psychologischen Aspekte des Laufens sind genauso wichtig wie das körperliche Training. Mentales Training kann helfen, das Beste aus sich herauszuholen. Aber was genau kann mentales Training leisten, und welche Techniken helfen dabei? In diesem Artikel schauen wir uns an, wie mentales Training Läufern helfen kann, ihre Ziele zu erreichen und das Laufen besser zu genießen.  Die Macht der Gedanken  Unsere Gedanken haben einen großen Einfluss auf unsere Leistung. Ein positives Selbstbild und hilfreiche innere Gespräche können viel bewirken, während negative Gedanken schnell zur Belastung werden. Das Ziel des mentalen Trainings ist es, negative Gedanken durch positive und motivierende Botschaften zu ersetzen. Zum Beispiel kann man den Gedanken "Ich schaffe das nicht" in "Ich bin stark und kann das schaffen" umwandeln. Solche Affirmationen stärken das Selbstvertrauen und können helfen, schwierige Momente während des Laufens zu meistern. Auch das Üben dieser positiven Gedanken im Alltag ist wichtig - je öfter man sich mit positiven Gedanken beschäftigt, desto stärker wird das eigene Mindset. Ein starkes Mindset hilft, auch in kritischen Momenten ruhig zu bleiben und den inneren Schweinehund zu überwinden. Eine Technik, um das Mindset zu stärken, ist das Üben von Visualisierungen, bei denen man sich schwierige Situationen vorstellt und mental erfolgreich meistert. Auch Atemübungen, wie das bewusste Ein- und Ausatmen im Rhythmus der Schritte, können helfen, die mentale Stärke zu verbessern.  Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der innere Dialog während des Laufens. Sich selbst positiv zu beeinflussen, kann darüber entscheiden, ob man durchhält oder aufgibt. Viele Läufer nutzen Mantras - kurze, kraftvolle Sätze, die immer wiederholt werden, wie "Ich bin stark", "Ich kann das" oder "Ein Schritt nach dem anderen bringt mich ans Ziel". Diese Mantras helfen, den Fokus auf das Positive zu richten und negative Gedanken auszublenden. Es ist wissenschaftlich bewiesen, dass unser Gehirn besser funktioniert, wenn es mit positiven Impulsen arbeitet. Deshalb sind Affirmationen und Mantras wichtige Werkzeuge im mentalen Training.  Visualisierung als Schlüssel zum Erfolg  Die Technik der Visualisierung wird oft von Spitzensportlern genutzt und kann auch für Läufer sehr hilfreich sein. Wenn man seine Ziele visualisiert, schafft man ein klares Bild davon, was man erreichen möchte. Eine typische Visualisierungsübung besteht darin, sich den gesamten Ablauf eines Wettkampftages vorzustellen: vom Aufstehen, dem Frühstück, dem Weg zur Strecke bis hin zum Start und den einzelnen Abschnitten des Rennens. Diese mentale Vorbereitung hilft, Nervosität zu reduzieren und das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu stärken. Visualisierung bedeutet auch, sich den Erfolg vorzustellen - wie es sich anfühlt, die Ziellinie zu überqueren oder eine bestimmte Zeit zu erreichen. Solche Bilder im Kopf können das Selbstbewusstsein stärken und helfen, das Ziel klarer zu sehen. Interessanterweise sendet das Gehirn bei intensiven Visualisierungen ähnliche Signale an die Muskeln, als würde die Handlung tatsächlich ausgeführt. So können Bewegungsabläufe präziser werden und das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten wachsen.  Ein weiterer Vorteil der Visualisierung ist die Vorbereitung auf schwierige Momente. Läufer können sich vorstellen, wie sie sich fühlen werden, wenn sie müde sind, und im Kopf durchspielen, wie sie diese Momente meistern. Diese mentale Vorbereitung auf schwierige Situationen sorgt dafür, dass man bei einem Wettkampf nicht überrascht wird, sondern schon eine Strategie hat, um damit umzugehen. Läufer, die regelmäßig visualisieren, berichten oft von einer höheren mentalen Stärke und einer besseren Konzentration während des Wettkampfes.  Achtsamkeit und Flow-Zustand  Achtsamkeit ist nicht nur im Alltag hilfreich, sondern kann auch beim Laufen die Leistung verbessern. Achtsam zu laufen bedeutet, sich voll und ganz auf den Moment zu konzentrieren. Das bedeutet, das Gefühl der Füße zu spüren, die den Boden berühren, den Atemrhythmus bewusst wahrzunehmen und den Wind auf der Haut zu spüren. Durch diese Konzentration fällt es leichter, in den sogenannten "Flow-Zustand" zu gelangen. Der Flow-Zustand ist ein Zustand, in dem sich das Laufen mühelos anfühlt und man das Gefühl hat, dass alles von selbst läuft. In diesem Zustand sind Körper und Geist im Einklang, und das Laufen wird zu einem besonders intensiven Erlebnis.  Achtsamkeit hilft nicht nur dabei, den Flow-Zustand zu erreichen, sondern auch, die Signale des Körpers besser wahrzunehmen. Läufer, die regelmäßig Achtsamkeitsübungen machen, berichten von einer besseren Körperwahrnehmung und einer besseren Fähigkeit, Überlastungssignale frühzeitig zu erkennen. Dadurch kann das Verletzungsrisiko gesenkt werden. Achtsamkeit beruhigt auch das Nervensystem, was zu einer besseren Regeneration und einer höheren Stressresistenz führt. Gerade vor einem wichtigen Wettkampf oder in intensiven Trainingsphasen kann Achtsamkeit sehr wertvoll sein.  Mentale Routinen etablieren  Eine weitere Technik, um die mentale Stärke zu unterstützen, ist das Entwickeln von Routinen vor dem Wettkampf. Ein Beispiel für eine gute Routine könnte sein, sich 30 Minuten vor dem Start bewusst Zeit für Atemübungen zu nehmen, gefolgt von einer kurzen Meditation, um den Geist zu beruhigen. Danach könnte man motivierende Musik hören und sich seine beste Leistung vorstellen, um in den optimalen mentalen Zustand zu kommen. Solche Routinen geben Sicherheit und das Gefühl, die Kontrolle zu haben, was gerade vor schwierigen Rennen sehr hilfreich ist. Viele erfolgreiche Läufer haben ihre eigenen festen Rituale, die ihnen helfen, sich optimal vorzubereiten.  Routinen können auch während des Laufens hilfreich sein. Zum Beispiel kann das bewusste Atmen in einem bestimmten Rhythmus helfen, die Konzentration zu steigern und das Tempo konstant zu halten. Manche Läufer nutzen spezielle Atemtechniken, um mehr Sauerstoff aufzunehmen und gleichzeitig die Ruhe zu bewahren. Solche Techniken sind besonders bei langen Läufen oder harten Wettkämpfen nützlich. Auch der positive innere Dialog während des Rennens kann helfen, mental stark zu bleiben - vor allem in den letzten, oft schwierigsten Kilometern.  Umgang mit Schmerz und Erschöpfung  Jeder Läufer kennt das Gefühl der Erschöpfung und den Schmerz, der während eines langen Laufs auftreten kann. Die Fähigkeit, diesen Schmerz zu akzeptieren und damit umzugehen, ist ein wichtiger Teil des mentalen Trainings. Eine Technik, die dabei hilft, ist das sogenannte "Body Scanning". Dabei geht man im Kopf den eigenen Körper von Kopf bis Fuß durch und nimmt die verschiedenen Empfindungen bewusst wahr, um sich aktiv zu entspannen. Das hilft, den Schmerz besser zu verstehen und mental damit umzugehen. Eine weitere Technik ist das sogenannte "Coping": Statt den Schmerz zu verdrängen, akzeptiert man ihn als Teil des Laufs. Läufer lernen, den Schmerz zu beobachten, ohne gegen ihn anzukämpfen. Diese Akzeptanz kann das Gefühl des Leidens reduzieren und helfen, die eigenen Grenzen weiter auszudehnen.  Es gibt auch andere Techniken, um mit Schmerz und Erschöpfung umzugehen. Eine Möglichkeit ist, den Schmerz "umzulenken", also sich bewusst auf etwas anderes zu konzentrieren, zum Beispiel auf die Atmung oder die Umgebung. Eine andere Technik ist, den Lauf in kleinere Abschnitte zu unterteilen. Statt an die gesamte verbleibende Distanz zu denken, konzentriert man sich nur auf den nächsten Kilometer oder den nächsten markanten Punkt auf der Strecke. Diese kleinen mentalen Ziele sind leichter zu erreichen und vermitteln ein Gefühl von Fortschritt, was wiederum motiviert. Auch das bewusste Erinnern an bereits geschaffte Herausforderungen kann in schmerzhaften Momenten helfen, die Motivation zu erhalten.  Mentales Training als Teil des Trainingsplans  Mentales Training sollte genauso in den Trainingsplan aufgenommen werden wie lange Läufe oder Intervalle. Ob durch tägliche Affirmationen, regelmäßige Visualisierungen oder das Entwickeln von Routinen - wer den Kopf trainiert, wird langfristig bessere Leistungen erbringen und das Laufen intensiver genießen können. Es gibt viele Möglichkeiten, mentales Training in den Alltag zu integrieren: Sei es durch Meditation, Achtsamkeitsübungen oder einfach dadurch, dass man sich jeden Tag ein paar Minuten Zeit nimmt, um über seine Ziele nachzudenken und diese zu visualisieren.  Wie so oft im Leben gilt auch hier: Der Körper kann nur das leisten, wovon der Geist überzeugt ist. Wer seine mentale Stärke ausbaut, wird auch in körperlich schwierigen Phasen besser durchhalten. Zum Beispiel berichten viele Läufer, dass sie dank Visualisierungen in den letzten Kilometern eines Marathons, wenn die Beine schwer werden und die Erschöpfung einsetzt, mentale Bilder von erfolgreichen Trainingsläufen oder das Gefühl des Überquerens der Ziellinie nutzen konnten, um weiterzumachen und nicht aufzugeben. Mentales Training ist nicht nur für Wettkämpfe wichtig, sondern auch für das tägliche Training. Es hilft dabei, den inneren Schweinehund zu überwinden, sich immer wieder zu motivieren und trotz Rückschlägen dranzubleiben. Wer die psychologischen Aspekte des Laufens ernst nimmt, wird nicht nur schneller, sondern auch glücklicher laufen. __________________________________ Autor und Copyright: Detlev Ackermann, Laufen-in-Koeln |