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Premiere der Straßenlauf-EM: Zwischen starkem DLV-Auftritt und fragwürdigem Timing  Am Wochenende des 12. und 13. April 2025 feierte ein neues Format seine Premiere: Die Straßenlauf-Europameisterschaften, erstmals unter dem Dach von European Athletics, boten Rennen über 10 Kilometer, Halbmarathon und Marathon alle an einem einzigen Wochenende. Ort des Geschehens waren Brüssel und Leuven, die belgischen Gastgeberstädte einer ambitionierten Idee mit Licht und Schatten. Ziel war es, dem Straßenlauf auf europäischer Ebene eine neue Plattform zu schaffen und das Publikum für die Vielfalt und Dynamik dieser Disziplinen zu begeistern.  Starke deutsche Leistungen mit einem Wermutstropfen  Aus deutscher Sicht verlief der Samstag erfreulich - zumindest bis zum Halbmarathon. Im 10-Kilometer-Lauf der Männer zeigte Nils Voigt eine überzeugende Leistung und lief mit 28:08 Minuten und einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 21,3 km/h auf Platz sechs. Aaron Bienenfeld folgte in 28:34 Minuten auf Rang 15, Johannes Motschmann kam nach 29:11 Minuten ins Ziel. In der Teamwertung belegte das deutsche Trio den siebten Platz - ein solides Ergebnis, auch wenn ein Medaillenrang deutlich außer Reichweite blieb. Die Leistungen spiegeln dennoch das starke Niveau der deutschen Straßenlaufszene wider.  Bei den Frauen sorgte Eva Dieterich für ein echtes Highlight: In beeindruckenden 31:25 Minuten lief sie auf Platz zwei und sicherte sich damit die Silbermedaille. Elena Burkard wurde in 31:52 Minuten Zehnte, Lisa Merkel komplettierte das Team mit 32:21 Minuten auf Rang 17. Gemeinsam erreichten sie den zweiten Platz in der Teamwertung - ein starkes Ergebnis, das die internationale Klasse des deutschen Frauenlaufteams eindrucksvoll unter Beweis stellt. Die begeisterte Stimmung entlang der Strecke unterstrich das hohe sportliche Niveau des Wettbewerbs.  Im Halbmarathon war das deutsche Team ausschließlich durch Esther Pfeiffer vertreten - allerdings ohne Happy End. Eine Woche zuvor noch mit Bestzeit in Berlin (1:09:15), stieg sie bei Kilometer 12 aus. Muskuläre Probleme zwangen sie zur Aufgabe, nachdem sie zu Beginn sogar an der Spitze mitgelaufen war. Eine Teamwertung kam somit nicht zustande. Die Enttäuschung war groß, zumal sie mit großen Erwartungen angereist war. Die Strecke durch das historische Brüsseler Zentrum mit seinen leichten Höhenmetern forderte den Läuferinnen alles ab.  Marathon ohne deutsche Beteiligung  Am Sonntag folgte der Marathon - allerdings ohne deutsche Beteiligung. Der DLV hatte keine Athleten nominiert, da sich die stärksten deutschen Läufer bereits für etablierte Frühjahrsmarathons wie Hamburg, Hannover oder Rotterdam entschieden hatten. DLV-Bundestrainer Alexander Fromm erklärte vorab, man wolle die individuellen Saisonplanungen respektieren. Eine nachvollziehbare Entscheidung - gerade angesichts des dicht gedrängten Kalenders. Dennoch bleibt ein schaler Beigeschmack: Eine Premiere ohne deutsche Starter im Marathon wirkte im Gesamtbild unvollständig. Insbesondere in dieser Disziplin hätte der DLV mit etwas langfristigerer Planung vielleicht doch ein Zeichen setzen können. Kritik an Timing und Konzept  Die Premiere der Straßenlauf-EM fand nicht im luftleeren Raum statt - im Gegenteil: European Athletics platzierte das neue Format mitten in die traditionelle Hochsaison des internationalen Frühjahrs-Laufkalenders. Zahlreiche hochkarätige City-Marathons wie Paris, Rotterdam, Wien und Hamburg fanden zeitgleich statt. Diese Überschneidung sorgte nicht nur für Terminengpässe bei Athleten, sondern stellte auch die Attraktivität der neuen Meisterschaften infrage.  Kritik kam nicht nur von Läufern selbst, sondern auch von Veranstaltern etablierter Rennen. Viele Topathleten verzichteten auf einen Start in Belgien und entschieden sich stattdessen für lukrativere und hochklassiger besetzte Wettbewerbe mit größerer sportlicher Strahlkraft. Entsprechend war das Teilnehmerfeld in Brüssel und Leuven teilweise ausgedünnt - insbesondere im Marathon, der ohnehin unter erschwerten Bedingungen stattfand.  Denn gelaufen wurde dort nicht auf einem klassischen Rundkurs, sondern auf einer Punkt-zu-Punkt-Strecke zwischen Brüssel und Leuven - und damit nicht rekordtauglich im Sinne der internationalen Regularien. Ein Umstand, der zusätzlich Athleten abschreckte, für die eine offiziell bestlistenfähige Zeit ein wichtiges Ziel darstellt. Während 10 Kilometer und Halbmarathon als Rundkurse in Leuven ausgetragen wurden, blieb der Marathon das Sorgenkind - sportlich wie organisatorisch.  Die Ausgliederung des Marathons aus dem traditionellen EM-Programm im Sommer zugunsten einer eigenständigen Frühjahrsausgabe schwächt nicht nur das klassische EM-Format, sondern stellt auch den Wert des EM-Marathontitels grundsätzlich infrage. Ein Titel, der früher auf Augenhöhe mit den großen Meisterschaften stand, verliert an Bedeutung, wenn das Teilnehmerfeld ausgedünnt ist und der Termin im Kalender unglücklich gewählt wird.  Â
__________________________________ Autor und Copyright: Detlev Ackermann, Laufen-in-Koeln |