|
Als Anke Feller dieser Tage nach einer ihrer morgendlichen Sendungen das Studio von Radio Leverkusen verlassen wollte und ein Kratzen im Hals verspürte, weil eine Erkältung im Anflug war, da wurde ihr auch im Alltag erstmals so richtig bewusst, dass ihre Karriere auf der Laufbahn beendet ist. „Wie praktisch! Jetzt kann ich alle Medikamente nehmen, ohne mir vorher großartig den Kopf zerbrechen zu müssen“, sagte die 4x400-Meter-Weltmeisterin von 1997 und Europameisterin von 1998 mit einem Augenzwinkern zu ihrer Kollegin. Nach langem Überlegen hat sich die 33-Jährige entschieden, 2005 nicht mehr die Spikes zu schnüren. „Nach den Eindrücken von Athen fiel mir das erst schwer. Doch jetzt habe ich den nötigen Abstand.“
Eigentlich wollte sie schon 2004 kürzer treten, doch noch lockte ein Ziel, das sie in ihrer langen Karriere zuvor nicht erreicht hatte: die Teilnahme an den Olympischen Spielen. Im dritten Anlauf schaffte Feller die Qualifikation, obwohl sie bereits vor Olympia als Früh-Moderatorin bei Radio Leverkusen an den Start ging und ihr Tag morgens um 4 Uhr begann. „Ich wollte es mir noch einmal selbst beweisen“, beschreibt die gebürtige Göttingerin, was sie in den Monaten vor den Spielen antrieb. Auch wenn sie in Athen nicht zum Einsatz kam und sich mit der Rolle als Ersatzläuferin zufrieden geben musste, genoss sie den fünftägigen Aufenthalt in Griechenlands Hauptstadt in vollen Zügen. „Ich habe alles sehr bewusst wahrgenommen, denn mir war klar, dass es mein letztes sportliches Highlight als Aktive sein wird.“
Rückenprobleme, die im Trainingslager auftraten, hinderten sie, beim über die Staffel-Besetzung entscheidenden Rennen in Kienbaum unter die ersten vier zu kommen. Dadurch verpasste sie die Chance, noch einmal in dem Stadion laufen zu können, in dem sie 1997 den größten Triumph ihrer Karriere feierte. Zusammen mit Grit Breuer, Uta Rohländer und Anja Rücker gewann Feller damals WM-Gold. „Der Lauf war einer der beiden größten Momente meiner Laufbahn. Die gigantische Kulisse von 52.000 Zuschauern, der Lärmpegel, der unerwartete Erfolg, Sekunden, die ich nie vergessen werde“. Der zweite Moment in ihrem Sportlerleben, an den sie sich besonders gern erinnert, ist der DM-Lauf 2002 in Wattenscheid. Eigentlich wollte sie über 200 Meter an den Start gehen, entschied sich aber kurzfristig um. Damals wurde die Leverkuserin überraschend Zweite und gewann ihre erste Freiluft-Einzelmedaille bei Deutschen Meisterschaften in der Aktiven-Klasse. „Als jemand, der von der Kurzstrecke kommt, hatte ich bei den 400 Metern immer Probleme. In diesem Rennen bin ich erstmals durchgekommen.“
Dadurch empfahl sie sich für die EM in München und hatte plötzlich ein Terminproblem. Denn Feller hatte für den Juli ihre Hochzeit geplant. Just zu diesem Zeitpunkt sollten die deutschen Staffelläuferinnen im Trainingslager sein. „Der Bundestrainer riet mir, die Hochzeit abzusagen.“ Doch das kam für Feller nicht in Frage. Und so trainierte sie daheim für die EM. Doch wegen Achillessehnen-Beschwerden konnte sie nicht zu ihrer vollen Leistungsfähigkeit finden. Im Ausscheidungsrennen wurde sie nur Fünfte und verfolgte das erfolgreiche Unternehmen Titelverteidigung als Ersatzläuferin von der Tribüne aus. „Ich habe mich für die anderen gefreut, wäre aber natürlich lieber selber mitgelaufen.“
Obwohl sie ihre Karriere beendet hat, ist Anke Feller heute immer noch regelmäßig beim Training in der Leverkusener Leichtathletikhalle. „Aber die Spikes lasse ich bewusst zu Hause, um nicht in Versuchung zu kommen.“ Auch wenn man sie sonst mit Schokolade locken kann, in diesem Fall würde selbst das nichts nützen.
Fellers Motivation, über Jahre hinweg dem Hochleistungssport treu zu bleiben, war stets die Aussicht auf einen Staffelplatz: „Ich bin immer realistisch gewesen. Im Einzel in der Weltspitze mitzumischen, wäre für mich eine Illusion gewesen. Aber ich sah die Möglichkeit, in der Staffel dabei zu sein.“ Die erste internationale Medaille gewann die
400-Meter-Läuferin 1997 bei der Hallen-WM in Paris. Es folgten der Weltmeistertitel im gleichen Jahr, Siege bei EM und Weltcup 1998, sowie Platz drei bei der WM 1999. Vater ihrer Erfolge war seit ihrem Wechsel nach Leverkusen im Herbst 1991 Coach Gerd Osenberg. „Er hat Auge und Einfühlungsvermögen, wie ich es noch bei keinem anderen erlebt habe. Osi hat immer genau gesehen und analysiert, woran es mangelt.“
Diszipliniert und zielstrebig geht Anke Feller jetzt ihre neuen Aufgaben an. Als Moderatorin bei Radio Leverkusen und als Autorin beim KS-Verlag in Pulheim, für den sie Beiträge über den Fußball-Bundesligisten Bayer 04 Leverkusen für das Stadion-Fernsehen und Internet produziert. „Es reizt mich in den unterschiedlichen Medien mit Stimme und Bild zu arbeiten,“ beschreibt Feller, die ein abgeschlossenes Sport-Studium hat, ihre neuen Tätigkeiten. „Schade, dass ich erst 2001 Zugang zu den Medien gefunden habe. Als Athletin hätte ich schon früher vom medialen Grundwissen enorm profitieren können.“ __________________________________ Autor und Copyright: Christian Klaue |