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Die Form holt man sich im Bett |
Regeneration ist wichtig, dass weiß jeder. Doch nicht alle wissen,
wie lange Regeneration dauern kann. Gerade jetzt, wo der 6.
Köln-Marathon beendet ist und viele evtl. schon auf die Saison 2003
und eine Verbesserung Ihrer Leistung schielen. Allen sei gesagt:
„Ruhig Blut und gut Ding will Weile haben und vor allem: Die Form
holt man sich im Bett!“
Es ist
jedem Sportler mit erklärten Zielen bewusst, dass ein optimal
gestaltetes Training für eine Steigerung der individuellen
Leistungsfähigkeit notwendig ist. So trainieren viele LäuferInnen in
jeder freien Minute, Stunde und an frei verfügbaren Tagen.
Es ist ein
Rat vieler LaufgenossenInnen, dass nur hartes Training zum Erfolg
führt: Zehn bis Zwanzig Kilometer pro Woche mehr sind besser als ein
zusätzlicher Ruhetag pro Woche. Das Heer der Sportler muss jedoch im
Alltagsleben einem Beruf und der Familie nachgehen und können sich
nicht so gut erholen, wie es optimal wäre. Zudem genießen die
wenigsten den Luxus eines Leistungssportlers, der nach einer harten
oder einem umfangreichen Training, alle Möglichkeiten der
Regenerationsförderung genießen kann. So trainieren viele nach
Arbeitsende oder nach dem abendlichen Familienhappening, fallen dann
müde ins Bett und kriechen am folgenden Tag ebenso müde wieder
hinaus. Beim nächsten Training am Abend oder am Wochenende ist man
verwundert, dass der Körper rebelliert und kraftlos ist. Manch einer
trainiert dann extra und gelangt in einem Zustand von chronischer
Ermüdung, eventuell einem Zustand des Übertrainings.
Es gibt
einen engen Zusammenhang zwischen dem Erhöhen des Trainings und
einer daraus resultierenden Leistungssteigerung. Jedoch benötigt der
Körper für dieses Mehr an Belastungen auch mehr und regelmäßige
Erholung. Um die volle Leistungssteigerung auszunutzen, muss die
Anzahl der Ruhetage mit der Trainingssteigerung zunehmen. Hier
gelangt man ein Problem, welches schwer um zusetzen ist.
Natürlich
ist ein regelmäßiges und ein sich steigerndes Training für den
Leistungsaufbau wichtig, doch kaum jemand beachtet hierbei ein
wichtiges Prinzip aus der Trainingslehre: Das Prinzip der optimalen
Relation von Belastung und Erholung. In der Erhohlungsphase,
regelmäßig in den Trainingsrhythmus eingearbeitet, regeneriert der
Körper. Regeneration bedeutet Wiederherstellung. Je besser das
Prinzip der Belastung und Erholung befolgt wird, desto größer sind
die Leistungssteigerungen, dadurch, dass sich der Organismus in den
Ruhephasen wiederherstellen kann.
Wenn die
Erholungsphasen nach dem Training in ihrer Art methodisch und
zeitlich bestmöglich eingesetzt werden, der Körper regenerieren
kann, baut er eine erhöhte Leistungsfähigkeit nach dem Prinzip der
Superkompensation (vgl. Abbildung 1) auf. In diesem Prinzip wird die
Bedeutung der Wiederherstellung der Leistungsreserven am
deutlichsten. Durch einen Reiz (hier sportlicher Reiz) wird der
Körper aus seinem dynamischen Gleichgewicht (Homöostase) gebracht.
Ein gezieltes, optimal dosiertes Training stört den Organismus
planmäßig mit der Folge, dass spezielle Reize, spezielle Anpassungen
hervorrufen. Der Reiz muss überschwellig sein, d.h. der höhere
Bedarf z.B. an energieliefernden Substanzen initiiert eine höhere
Kapazität der Energiespeicher. Wenn der Auslöser, sprich der
Energieverbrauch groß genug war und eine bestimmte Schwelle,
abhängig vom Trainingszustand, überschritten hat, war der Reiz
überschwellig. Anfänger sollten sich daher anfangs relativ gering
belasten und die Belastung langsam steigern. Bei Trainierten sind
hingegen relativ höhere Trainingsreize notwendig, wobei die Summe
der Trainingsreize oft einen zu hohen Reiz darstellen kann (Gefahr
des Ãœbertrainings).
Folgend
soll das Modell der Superkompensation den Mechanismus der
Reizadaptation veranschaulichen. Bei jeder Belastung (1.) sinkt das
aktuelle Leistungsniveau zunächst ab und wird in der anschießenden
Phase der Regeneration (2.) auf ein Niveau über den vorherigen
Ausgangsniveau (3.) wieder aufgebaut. Wenn die erneute Belastung in
dem Moment erfolgt, wo das Ausgangsniveau überschritten ist, führt
es zur Leistungssteigerung. Ungenügende Regeneration, zu hohe
Belastungen oder zu lange Belastungspausen stören diesen Effekt.
Abbildung 1:
Prinzip der Superkompensation
Jede
Trainingsbelastung besitzt eine spezifischen Reiz, eine bestimmte
Beanspruchung an den Organismus. Daraus resultieren unterschiedliche
lange Regenerationszeiten für die jeweiligen Systeme im Körper.
Unterschiedliche Belastungsforemn benötigen unterschiedliche lange
Regenerationszeiten bis zu Erreichen der jeweiligen
Superkompensationsphase. Während der Energiestoffwechsel relativ
geringe Zeiten für eine Wiederherstellung benötigt (vgl. Abbildung
2), sind die Zeiten der Anpassungen für das Muskelsystem und die
passiven Strukturen wesentlich länger. Wie stark ihr Muskel nach
einer Trainingseinheit oder Wettkampf spürbar ist, ist für die
weitere Trainingsgestaltung ein guter Gradmesser. So kann die Länge
der Erhohlungszeit möglichst optimal gestaltet werden.
Â
n |
Keinerlei
Muskelbeschwerden = volles Training möglich |
n |
stellenweiser
Schmerz in der Muskulatur = etwa eine Woche reduziertes Training
und keinen Wettkampf |
n |
beim Gehen
starke Muskelschmerzen = etwa zwei Wochen reduziertes Training
und drei bis vier Wochen keinen Wettkampf |
n |
sehr starke
Muskelschmerzen und Gehen nur schwer möglich = etwa einen Monat
reduziertes Training und sechs bis acht Wochen keinen Wettkampf |
Abbildung 2:
Heterochronizität (unterschiedliche Zeitverläufe) der
Superkompensation (1. Phosphate, 2. Glycogenspeicher, 3. Eiweiße)
Gerade die
Berücksichtigung der langen Regenerationsphasen für Sehnen, Knorpel
und Knochen aber auch für die Muskulatur muss in einer verlängerten
Ruhephasen Rechnung getragen werden. Diese verlängerte Ruhephase
erfolgt in der Regel im Herbst/Winter, wenn der Herbstmarathon z.B.
erfolgreich überstanden ist oder die Straßenlaufsaison mit
Bestzeiten gespickt war. In der Jahresplanung spricht man von der
Übergangsperiode. Sie soll sich der Wochen mit Höchstbelastungen
anschließen und der Regeneration sowie der Vorbereitung auf die
Vorbeitungsperiode dienen.
Die
Adaptationsphasen für die passiven Strukturen liegen in Zeiträumen
von zwei bis vier Wochen. Ursächlich hierfür ist die relativ geringe
Durchblutung und damit verbunden die schlechtere Nährstoffversorgung
von Knorpel, Sehnen und Knochen. Geringe, leichte sportliche
Betätigung während der Regenerationsphase fördert den
Nährstofftransport an die Strukturen. Wenn leichte Schmerzen nach
dem Saisonabschluss bemerkbar sind, ist es empfehlenswert, lieber
einige Tage länger zu pausieren, als wenige Tage oder Wochen nach
Wiederaufnahme des Trainings feststellen zu müssen, dass eine
Sehnen- oder Knochenreizung die neue Saison gefährdet.
In der
Regenerationsphase ist vorrangig ein gering intensives Training in
den Wochenplan aufzunehmen. Der Bereich der Grundlagenausdauer
ausgebildet werden. Der Trainingsumfang liegt bei etwa 60 - 80
Prozent der längsten Trainingseinheiten der vergangenen Saison und
wird langsam von 50 Prozent aus gesteigert. Wenn ihr längster Lauf
vor dem Marathon z.B. 120 - 150 Min. betragen hat, sollte der
längste Lauf in den ersten Wochen nach der Pause maximal 70 min
betragen. Die restlichen Läufe können dann zwischen 30 und 50 Min.
lang sein. Der Organismus hat nun die Möglichkeit genügend Form für
kommende „Heldentaten“ aufzubauen sowie Regenerationsprozesse
aufrecht zu erhalten. Konkret heißt es, dass Sie ruhig die Füße hoch
legen können und nach der anstrengenden Saison bis zu zwei Wochen
nichts tun können, ohne wesentliche an Form zu verlieren. Dann kann
ein ruhiges Training wieder aufgenommen werden. Mit Berücksichtigung
der oben angegebenen Empfehlungen. Die folgende Tabelle
berücksichtige die Regenerationszeiten in Abhängigkeit von der Art
der Trainingsbelastung bzw. dem entsprechend trainierten
Stoffwechselsystem. Je nach Leistungsfähigkeit können die
angegebenen Zeiten erheblich variieren. Hier ist für die Steuerung
des Trainings das Prinzip der Individualität zu berücksichtigen.
Â
Regenerations-prozesse |
 |
Trainingsbelastungen |
 |
 |
aerobe Energiebereitstellung |
anaerobe-alaktazide und laktazider
Energiebereitstellung |
anaerobe- alaktazide Energiebereitstellung und
neuromuskuläre Beanspruchung |
laufende
Regeneration |
bei 60 - 70 %iger Intensität möglich |
 |
bei Belastungen unter
6 sec. nach 60 - 90 sec. Pausen möglich |
90 - 95 %ige
Regeneration |
nach 6 - 8 Std. (Intensität 75 - 90 %) |
nach 6 - 10 Std. |
nach ca. 10 Std. |
vollständige
Regeneration |
nach 12 - 24 Std.
(bei 75 - 90 %iger Intensität) |
nach 24 - 36 Std. |
nach 36 - 48 Std. |
Die Bedeutung
einer Regenerationsphase ist deutlich geworden und soll Ihnen nicht
den Spaß am Laufen verderben. Schließlich können Sie sich nicht
ausschließlich erholen. Doch werden Sie hoffentlich erkannt haben,
dass Erholung für eine Leistungssteigerung notwendig und sinnvoll
ist. Die Frage stellt sich, wann Sie sich erholen sollen. Innerhalb
der Trainingsplanung muß der Trainer sowie der Sportler dafür Sorge
tragen, dass systematische Ruheperioden im Wochen-, Monats- und
Jahresrhythmus einzuplanen sind.
n
Jahresrhythmus
Bereits
oben sind wir darauf eingegangen, dass eine Ruhephase innerhalb der
Jahresplanung erfolgen muss und diese oft am Saisonende eingelegt
wird. Sie ist länger als eine oder zwei Woche, besser bis zu vier
Wochen. Die aktiven und passiven Strukturen können sich von den
Trainingsbelastungen erholen und Reserven für die kommende
Vorbereitungsphase schaffen. Ferner besitzt ein Monat „Nichtstun“
eine mentale Abwechslung. Keine Gedanken an harte, umfangreiche
Trainingseinheiten. Ab der dritten bzw. in der vierten Woche
innerhalb des Ruhemonats kann ein leichtes Training wieder
aufgenommen werden, um dann die anschließende Vorbereitungsphase mit
günstigen Voraussetzungen aufnehmen zu können. Als Ausgleich können
innerhalb der Ruhe- und auch in der ersten Vorbereitungsphase
Alternativsportarten zum sportlichen Training gewählt werden. Aber:
Mit Ruhe! Sorgen über Ihre Fitness müssen Sie sich nicht machen,
denn die geht Ihnen nicht verloren. Nach etwa zwei oder drei Wochen
werden Sie auf einem guten Niveau fast wieder zur alten Stärke
aufgelaufen sein. Noch nicht zu 100 Prozent, doch schon relativ
schnell bis zu 80 - 85 Prozent.
n
Monatsrhythmus
Nach
einem Rhythmus von 2:1, 3:1 oder evtl. 4:1 sollte nach 2, 3 oder 4
Wochen eine Ruhewoche mit deutlich reduzierten Trainingsumfängen und
-intensitäten eingelegt werden. Innerhalb der Belastungswochen wird
das Training bis zur dritten oder vierten Woche allmählich
gesteigert, anschließend in der vierten bzw. fünften Woche das
Training auf maximal 60 - 70 Prozent der letzten Woche reduziert.
Wissenschaftliche Studien zeigen die positive Bedeutung von fast
kompletten Ruhewochen mit verminderter Belastung auf die
Leistungsfähigkeit. LäuferInnen konnten ihre Zeiten über fünf oder
zehn Kilometer deutlich steigern, wenn sie alle zwei bis vier Wochen
ihr Training auf 60 - 70 Prozent zurückgeschraubt hatten. Ferner
konnte eine Verbesserung des Laufstils bzgl. Ökonomie festgestellt
werden. Die LäuferInnen waren nach der Ruhewoche ausgeruhter und
gegenüber höheren Belastungen ermüdungsfreier.
n
Wochenrhythmus
An die
Empfehlung einen oder zwei Tage pro Woche ein reduziertes Training
durchzuführen halten sich die meisten LäuferInnen. Auch hier gilt
der 2:1, 3:1 bzw. 4:1 Rhythmus. Ein Tag Ruhe bedeutet, dass
sportliche Tätigkeit nach Möglichkeit vermieden wird. Es eignet sich
an solchen Tagen ein ausgiebiger Saunabesuch, eine Massage oder ein
Alternativtraining mit geringem Trainingsumfang. Folge eines
regelmäßigen Ruhetages pro Woche (außer vielleicht in der letzten,
trainingsintensiven vierten Woche) sind eine höhere
Belastungsverträglichkeit, geringere Verletzungsanfälligkeit und
letztlich besseren Wettkampfergebnissen. Wenn Sie an zwei Tagen
etwas mehr Inhalt trainieren, können Sie sich einen Tag Ruhe
verdienen. Genauer gesagt, laufen Sie besser z.B. besser fünf
Einheiten mit 2 x 10, 14, 16 und 20 Kilometer als sechs oder sieben
Einheiten mit 10 - 12 Kilometer. Die Wochenkilometerzahl ist in
beiden Fällen gleich groß, die Trainingswirkung bei dem ersten
Beispiel durch die eingelegten Ruhetage größer.
Als
Maßnahmen, die während des Regenerationszeitraumes verwendet werden
können, zählen alternative Sportarten wie Radfahren, Skilanglauf,
Inline-Skating, Schwimmen oder Rudern. Sie besitzen zusätzlich einen
positiven koordinativen Aspekt hinsichtlich einer verbesserten
Laufökonomie. Weiter werden an Regenerationsmaßnahmen s.o. Sauna,
Massage und Strechting sowie leichtes Auslaufen nach stark
beanspruchtem Training empfohlen. Sie alle fördern die Durchblutung
und damit den Nährstofftransport, so dass innerhalb der aktiven und
passiven Strukturen ein Austausch der Nährstoffe stattfinden kann.
Hier ist ebenfalls auf ein positven Aspekt in der Förderung der
Erhohlung zu verweisen, wenn zeitgleich ausreichend getrunken wird,
um den Wasser- und Elektrolythaushalt auszugleichen. Ein
ausgewogenes Essen mit hoher Nährstoffdichte fördert die wichtige
Phase der Regeneration zusätzlich.
Aber auch
einfaches „faules in den Tag hineinleben“ kann regenerationsfördernd
sein. Die Beine hoch legen oder im Bett gemütlich die aktuelle
Running & Walking durchlesen kann für eine Steigerung der
Leistungsfähigkeit ursächlich sein. Haben Sie Muße und gönnen Sie
sich öfter eine Pause!
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Autor: Copyright cms, gesundheitsförderung und sportdiagnostik, clemens sandscheper
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