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Große Läufer aller Zeiten: Waldemar Cierpinski
 
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16.11.2005 

 

 

Waldemar Cierpinski

 

Gut achteinhalb Minuten brauchte Waldemar Cierpinski 1974 als 3.000m Hindernisläufer. Nicht schlecht - den DDR-Funktionären war er trotzdem zu langsam. Also fehlte der Name des Hallensers, als die Tickets für die Europameisterschaft in Rom ausgestellt wurden. Cierpinski zog aus dieser Enttäuschung die Konsequenzen: Nie wieder Hindernisrennen! Was damals niemand ahnen konnte: Schon zwei Jahre danach stand er auf dem olympischen Thron - als Marathonläufer! Für viele war Cierpinski, verheiratet mit 800m-Läuferin Marita Politz, ein weitgehend unbeschriebenes Blatt, als er in Montreal auf die lange Tour ging; es war im übrigen seine fünfte.
 
Nach seinem Marathoneinstand am 5. Oktober 1975 in Kosice machte er sich selber Mut: "Das ist Deine Strecke!" Damit hatte er den Nagel auf den Kopf getroffen. Denn schon in kurzer Zeit erzielte der DDR-Läufer riesen Fortschritte. Im Aprill 1976 steigerte sich Cierpinski in Chemnitz um knapp vier Minuten auf 2:13:57,2 und sechs Wochen später in Wittenberg gar auf 2:12:21,2. In diesem Tempo ging`s in Kanada weiter. 2:09:55 - nun gehörte Waldemar Cierpinski zu Elite.
 
Der Amerikaner Frank Shorter hatte ihm das Siegen nicht leichtgemacht. Doch auf der Park Avenue fiel bei Kilometer 32 die Vorentscheidung. Shorter hatte an diesem Tag Schwierigkeiten mit den Steigungen, und diese Schwäche nutzte der neue Olympiasieger, der seinen Sieg keineswegs eigener Cleverness zuschrieb: "Ich verdanke meine Erfolge dem Kollektiv der DDR. Ich habe meine Kraftreserven aus den Leistungen der anderen geschöpft."
 
In den folgenden Jahren war von Cierpinski nicht viel zu hören und zu lesen. Bei der Europameisterschaft 1978 in Prag kam er als Vierter ins Ziel. War Montreal also ein einmaliger Leistungsgipfel, den er nie mehr würde erklimmen können? Cierpinski war zwischen den Spielen 1976 und 1980 oft untergetaucht, doch als es in Moskau darauf ankam, da war Waldemar wieder da. Sein zweiter Marathon-Triumph - nur Abebe Bikila war dieses Kunststück zuvor gelungen - räumt Cierpinski im Herr der weltbesten Marathonläufer eine Sonderdarstellung ein, auch wenn in Moskau zum Beispiel die US-Athleten wegen des Olympia-Boykotts nicht am Start waren.
 
Heute gehört Waldemar Cierpinski dem NOK für Deutschland an, wohnt in Halle an der Saale und ist Inhaber zweier Sportausstattergeschäfte. Weiterhin  ist er Chef-Organisator des Mitteldeutschen Marathons, der jährlich zwischen Halle an der Saale und Leipzig stattfindet.
 





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Autor und Copyright: Detlev Ackermann, Laufen-in-Koeln
Foto: Laufen-in-Koeln