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Bundestag berät über Verankerung des Sports im Grundgesetz |
Der Deutsche Bundestag wird
voraussichtlich schon im März über die Verankerung des Sports als Staatsziel im
Grundgesetz in erster Lesung beraten. Das erklärte der SPD-Bundestagsabgeordnete
Steffen Reiche, der gemeinsam mit dem Vorsitzenden des Sportausschusses des
Deutschen Bundestages, Dr. Peter Danckert, einen ersten Gesetzentwurf zur
Verfassungsänderung erarbeitet hat. Danach soll das Grundgesetz um einen Artikel
20 b erweitert werden. Die Formulierung lautet: „Der Staat schützt und fördert
die Kultur und den Sport.“
DSB-Präsident Manfred von
Richthofen begrüßte die Initiative: „Die Aktivitäten von Steffen Reiche und
Peter Danckert müssen auf fruchtbaren Boden fallen. Wir prüfen jetzt den ersten
Entwurf. Sehr gut ist, dass Kultur und Sport als schützenswerte
Gesellschaftsgüter in der Verfassung verankert werden sollen. Ich erwarte keine
Widerstände. Der Sport selbst ist ja integraler Teil des kulturellen Lebens in
unserem Land.“ Bereits am 27. Januar 2006 hatte das DSB-Präsidium die
Anstrengungen der Parlamentarier, die Mitte Dezember letzten Jahres nach einer
Sportausschuss-Sitzung begründet wurden, mit einem einstimmigen Votum
unterstützt.
IOC-Mitglied Dr. Thomas Bach
erklärte im Deutschlandfunk: „Ich habe bei meinem Gespräch mit der
Bundeskanzlerin Angela Merkel deutlich gemacht, dass ich diese Initiative
unterstütze. Es wäre sehr gut und wichtig, wenn der Sport seinen Platz im
Grundgesetz finden würde. Zum einen würde es der gesellschaftlichen Bedeutung
des Sports entsprechen, zum zweiten wäre es auch Ausdruck dessen, was im Bund
sowieso geschieht: nämlich die Förderung des Leistungssports durch finanzielle
Hilfen, aber auch durch Stellen für Hochleistungssportler bei der Bundeswehr,
der Bundespolizei und beim Zoll. Es wird nicht einfach werden, den Sport in
unsere Verfassung zu schreiben.“ Bach hofft allerdings, dass es eine „Morgengabe
der Politik“ zum Vollzug der Verschmelzung von DSB und NOK am 20. Mai 2006 in
der Frankfurter Paulskirche geben könnte.
Wie Steffen Reiche, Mitglied
des Kultur- und stellvertretendes Mitglied des Sportausschusses im Parlament,
gegenüber der Deutschen Presse-Agentur erklärte, habe die Enquetekommission
„Kultur in Deutschland“ bereits ein klares Votum für eine Staatsziel-Bestimmung
der Kultur abgegeben. Die Erweiterung um den Sport sei politisch sinnvoll, aber
auch erforderlich, weil durch den Einigungsvertrag von 1990 die Förderung des
Sports zur Staatsaufgabe erklärt wurde. „Wenn jetzt Sport und Kultur Hand in
Hand gehen, wagt keiner im Parlament und in der Bundesregierung zu
widersprechen“, sagte Reiche.
Der erste Gesetzentwurf soll
nach Worten des ehemaligen brandenburgischen Bildungs- und Sportministers noch
im Februar in der SPD-Bundestagsfraktion beraten sowie mit der Unions-Fraktion
abgestimmt werden. Der Abgeordnete machte deutlich, er erwarte einen
„allgemeinen parlamentarischen Konsens“. Die Verankerung des Sports als Kultur-
und Sozialgut im Grundgesetz werde dann voraussichtlich im Mai mit den
Verfassungsänderungen zur Föderalismusreform endgültig beschlossen werden
können, sagte Reiche, der den Wahlkreis Cottbus im Bundestag vertritt. Danckert
und Reiche hatten von der Arbeitsgruppe Sport der SPD-Bundestagsfraktion den
Auftrag erhalten, das Anliegen des Sports mit dem der Kultur zu verbinden und
einen ersten Gesetzesentwurf zu formulieren.
In dem Papier heißt es: „Die
Förderung des Sports hat sich als politisch allgemein akzeptierte Staatsaufgabe
herauskristallisiert, der es aber bislang an einem ausdrücklichen und speziellen
Verfassungsauftrag fehlt.“ Sport könne nicht nur als Teil kultureller Aufgaben
begriffen werden, sondern sei darüber hinaus „Aufgabe eigener Art“.
Sportereignisse erschöpften sich nicht nur in ihrem Unterhaltungswert, sie
erfüllten - so habe es bereits das Bundesverfassungsgericht 1997 festgestellt -
„eine wichtige gesellschaftliche Funktion“.
Steffen Reiche machte auch
deutlich, dass erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik die Chance bestehe,
neue Ansätze in die Verfassung zu schreiben: „Seit 1989 schlägt die
Globalisierung voll zu und bestimmt das wirtschaftliche und soziale Leben im
Lande. Bis dahin gab es immer die Auffassung, der Staat sei in
Allmachtsbemühungen zu bändigen und dürfe nicht zu stark in die
Lebensverhältnisse des Einzelnen eingreifen. Jetzt ist es aber gesellschaftlich
geboten, dem Staat Aufgaben zuzuweisen, damit er die Bürger vor den Folgen der
Globalisierung schützen kann. Eine nationale Verfassung hat nun einmal auch die
Aufgabe, relevante Lebensweisen und soziokulturelle Instrumentarien vor dem
Ansturm ungefesselter Globalisierungskräfte zu bewahren.“
Überdies - so machte Reiche in
Berlin deutlich - gelte es, Errungenschaften eines Landes abzusichern, das sich
wegen der deutschen Teilung bis 1989 noch nicht als Nationalstaat definiert hat
und sich jetzt als EU-Mitgliedsland in einem besonderen Vertragsverhältnis der
Staatengemeinschaft befindet, die viel Eigendynamik entwickelt hat. Die Stärkung
der Regionalisierung, zum Beispiel bei der Brauchtumspflege, müsse unterstützt
werden, aber auch zu einer Prononcierung von vorbildlichen nationalen
Errungenschaften führen. Da sich 15 der 16 Bundesländer (mit Ausnahme von
Hamburg) zu einer Staatszielbestimmung Sport entschlossen haben, sei es an der
Zeit, auf Bundesebene diese Entwicklung aufzugreifen und den Sport als Kultur-
und Sozialgut verfassungsrechtlich abzusichern.
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Autor und Copyright: Mitteilung des Deutschen Sportbundes (DSB)
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