Wussten Sie, dass der Ford Köln
Marathon die einzige überregionale Sportveranstaltung ist, bei der der
Frauenanteil im Publikum überwiegt? Wussten Sie, dass fast 40 Prozent der
rund eine halbe Million Zuschauer beim Lauf durch die Domstadt am Rhein
Angestellte sind und 25 Prozent Abitur gemacht haben? Wussten Sie, dass 61
Prozent der Zuschauer am Streckenrand den Marathon durch die Kölner
Innenstadt wie einen Karnevalsumzug im Oktober empfinden? Es sind Fragen wie
diese sowie die dazugehörigen Antworten, deren wissenschaftliche Relevanz
zwar durchaus diskutabel sind, deren Unterhaltungswert aber unbestritten
ist. Den rund 800 Zuhörern beim Ausdauerforum am Tag vor dem siebten Köln
Marathon war´s nur recht. Denn mit seinem Vortrag „Erlebnismarathon in Köln“
setzte Hans Stollenwerck vom Institut für Sportsoziologie der Deutschen
Sporthochschule Köln (DSHS) einen unterhaltsamen Akzent, der vom Auditorium
mit lang anhaltendem Beifall goutiert wurde.
Dabei ist es nicht zuletzt dieses Ausdauerforum selbst, dass seinen Teil
dazu beiträgt, dass der Köln Marathon seinem gern gepflegten Attribut
„Erlebnismarathon“ auch gerecht wird. „Das Ausdauerforum hat mittlerweile
nicht nur einen festen Platz im Rahmenprogramm des Marathon, sondern nimmt
auch für unsere Hochschule einen herausgehobenen Platz im
Veranstaltungskalender ein“, sagt DSHS-Rektor Professor Walter Tokarski. „Es
geht zwar darum, Fragen des Marathon-Trainings und Wettkampf auf
wissenschaftliche Weise darzustellen, sich dabei aber vor allem an ein
breitensportlich orientiertes Publikum zu wenden“, präzisiert Dieter
Lagerström vom Zentrum für Gesundheit an der DSHS und einer der
Verantwortlichen für die Konzeption und Durchführung der Veranstaltung. Dass
das Forum mittlerweile fast zum Selbstläufer im Rahmenprogramm der
Laufveranstaltung geworden ist, können sich die DSHS und ihre
Verantwortlichen durchaus als Verdienst anrechnen lassen. Trotz der
abgelegenen geographischen Lage von der Kölner City und dem Neumarkt, auf
dem die Marathonmesse stattfindet, erfreut sich die Vortragsreihe von Jahr
zu Jahr wachsender Resonanz.
Dabei bildeten in diesem Jahr Aspekte rund um den Bewegungsapparat des
Läufers einen Schwerpunkt der Themen. „Grundsätzlich gilt“, so Dieter
Lagerström, „dass eine gute Bereitstellung und Schonung körperlicher
Ressourcen über ein gründliches Aufwärmen, Dehnen, Kräftigen und
Ausbalancieren der am Gelenk und Rücken wirkenden Muskulatur erfolgt.“
Jürgen Wicharz vom DSHS-Ausdauer-Marathoncamp stellte das MMM-Prinzip als
Trainingsgrundlage vor. „Es geht um Methodenvielfalt und Methoden-Mix, um
die individuelle Lauf- und Ausdauerkapazität zu fördern sowie Prävention und
Therapie von Verletzungsfolgen und Überlastungsproblemen zu erreichen.“ Dazu
zählen auch Entlastung durch Läufe auf Naturböden, im Wasser, ein Lauf
barfuß auf einer Wiese oder am Strand sowie alternative Trainingsformen wie
Schwimmen und Radfahren. „Save your body“ lautet eine der Trainingsdevisen,
„Weniger ist Mehr“ eine andere.Als unverzichtbaren Trainingsbegleiter
empfahl Wicharz das so genannte Thera Band, „das kleinste Fitnessstudio der
Welt“.
J. Enneper von der Sportklinik Hellersen ergänzte in seinem Referat die
Notwendigkeit, vorbeugende Maßnahmen speziell für Läufer zu entwickeln.
„Präventive Trainingsarbeit, um Verletzungen des Stütz- und
Bewegungsapparats zu vermeiden, gelten gleichermaßen für Freizeit- und
Spitzenläufer.“ Will heißen: Nicht gleich loslaufen, sondern ausreichend
dehnen und auch mal eine individuellen und professionelle Beratung in
Anspruch nehmen. Wie das aussehen könnte, skizzierte V. Vindal von Nordisk
Therapie Deutschland. Grundlage dieses in Norwegen entwickelten Prinzips ist
das S-E-T-Trainingskonzept. „Neben Kraft-, Ausdauer- und
Koordinationstraining geht es um ein spezielles sensomotorisches Training,
um Beschwerden des Muskel- und Skelettsystems vorzubeugen.“ Einzelne Muskeln
und Muskelgruppen werden im Honblick auf den gesamten Muskelapparat
trainiert. „Den Körper dabei als Ganzes sehen, das ist schließlich eine in
sich geschlossene Kette“, betonte Vindal.
Wehe den Läufern, die über Kniebeschwerden klagen, Achillesehnenprobleme
plagen und Schmerzen im Lendenwirbelsäulenbereich behindern – dann wird aus
der Lust am Laufen schnell Unlust oder gar Frust. Der Immunbiologe Professor
Gerhard Uhlenbruck referierte über Ursachen bei der „Lust und Unlust am
Laufen“ und meinte: „Im Verlauf einer maximalen muskulären Ausdauerbelastung
wie dem Laufen werden immunologische und hormonelle Regelkreisläufe
angestoßen, die nicht nur eine Stabilisierung und Aktivierung der
Immunabwehr bewirken, sondern zu einer Stimulierung dauerhafter
Lustempfindungen führen.“ Dementsprechend komme es durch Verletzungen,
Übertraining oder Krankheit zu Unlustgefühlen durch das Laufentzugs-Syndrom.
Um dem entgegenzuwirken, gelte es vorbeugende Maßnahmen wie entsprechende
Verhaltensstrategien oder den Einsatz von Präparaten wie
Nahrungsergänzungsmittel zu berücksichtigen. Uhlenbruck wörtlich in der ihm
eigenen launigen Art: „Durch Laufen können wir uns Glücksmomente im Leben
verschaffen, wie es mit anderen Sportarten schwieriger ist. Also: Mach´ dich
auf die Socken und Sohlen und hol´ dir das Glück.“ Oder, wie Dieter
Lagerström den Kontext des Ausdauerforums insgesamt prägnant zusammenfasste:
„Bewegung ist ein unabdingbares Lebensprinzip und das Gehen und Laufen nach
wie vor die natürlichste aller Fortbewegungsarten.“
Weitere Informationen, Hinweise und Ergebnisse zu allen Referaten des
Ausdauerforums im Internet unter
www.dshs.de Außerdem haben Dieter Lagerström, Jürgen Wicharz und andere
aus den Fragen und Erfahrungen der bisherigen Foren das Buch „Erlebnis
Marathon. 365 Fragen rund um den Marathonlauf“ erarbeitet und bei Sport&Buch
Strauß, 2003, herausgegeben.
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