1. |
Das Training kann in der Woche vor
dem Tag X nicht wenig genug sein. Wie wäre es mit einem Ruhetag am zweitletzten
Tag vor dem Marathon? Es gibt keinen Grund, immer neue Belastungen in die
Schlusswoche einzubauen. Allenfalls am Vortag beim leichten Einjoggen einen oder
zwei Kilometer im Renntempo zurücklegen, damit sich die Muskulatur schon an die
bevorstehende Arbeit gewöhnen kann. |
2. |
Die obligatorischen Sightseeing-Touren (mit der begleitenden Familie
oder den Helfern an der Strecke) auf ein Minimum reduzieren. Die Marathonmesse
ist ebenso ein kurzes MUSS wie der Einkaufsbummel in den attraktiven Geschäften
der Innenstadt. Denn welcher Läufer liebt schon das zeitlupenhafte
Schlendertempo? Es ermüdet mehr als ein eineinhalbstündiger Dauerlauf. |
3. |
Ruhe und Entspannung vor dem
Marathon sind wichtig. Der ausgiebige Schlaf in der vorletzten Nacht ist
am wichtigsten. Keine Panik, wenn
die Nacht vor dem Marathon relativ
kurz ausfällt, das fremde Bett nicht wie zu Hause ist, die Wände hellhörig sind, der Wasserhahn tropft.
Unter diesen Voraussetzungen sind
schon viele Bestzeiten entstanden! |
4. |
Die »freie« Zeit der Schlusswoche, die durch das reduzierte Training zustande gekommen ist, zur mentalen
Vorbereitung nutzen. In Gedanken
die einzelnen Abschnitte durchgehen,
die Getränkestationen schon einmal
vor dem geistigen Auge »durchtesten«, die Marschtabelle überprüfen. |
5. |
Schlechte Wetterprognosen sollten
nicht das Gleichgewicht stören, wohl aber durchaus Einfluss auf die Renngestaltung (Anfangstempo etc.) nehmen. |
6. |
Normalziel, Optimalziel und Minimalziel. Wer sich auf nur ein Ziel
festlegt, handelt sich viel Frust ein, wenn er exakt dieses Ziel nicht erreicht. Weder die Olympianorm noch
der Deutsche Rekord stehen zur Disposition. |
7. |
Ein entspanntes Umfeld stärkt. Im
unmittelbaren Vorfeld sollten Mitmenschen vermieden werden, die durch
nervige Diskussionen das eigene
sportliche Vorhaben in Frage stellen. |
8. |
Nur gesund in einen Marathon
gehen. Vorsicht bei in der Marathon-Vorbereitung aufgetretenen Infekten
oder nicht ganz auskurierten Verletzungen. |
9. |
Eine sportmedizinische Belastungsuntersuchung (Belastungs-EKG)
sollte für jeden Marathonläufer in den letzten sechs Monaten vor dem Starttag Pflicht sein. Die Veranstalter
schreiben nicht umsonst die Unbedenklichkeitsklausel in die Meldeformulare. Denn: Gesundheit geht vor
jeglichen sportlichen Ehrgeiz! |
10. |
In der unmittelbaren Wettkampfvorbereitung (zwei, drei Tage vor
dem Marathon) sind mehrere kleine
Mahlzeiten besser als zwei große
Mahlzeiten. |
11. |
Keine veränderten Essensexperimente in der Endphase vor dem Marathon. Je natürlicher, desto besser.
Es gilt allerdings eine Grundregel: vollwertige Mischkost, kohlenhydratreiche
und fettarme Mahlzeiten, damit die Kohlenhydratdepots zum Start
optimal gefüllt sind. |
12. |
Qualität vor Quantität bei den
kohlenhydratreichen Mahlzeiten.
Achtung: Durch das reduzierte Training vor dem Marathonlauf kann das
Körpergewicht leicht über Normal ansteigen ! |
13. |
Vor dem Marathon die Trinkgewohnheiten verändern, vor allem am
Vortag - und mehr Flüssigkeit aufnehmen. |
14. |
Wenn der Marathonlauf morgens gestartet wird, sollten sie 3-4
Stunden vor dem Start aufstehen und ein leichtes Frühstück (wenig Vollkornprodukte, kein Müsli) einnehmen.
Wenn möglich Kaffee vermeiden, da
dieser dem Körper Flüssigkeit entzieht. Wenn der Marathonlauf nachmittags oder abends gestartet wird,
sollten Sie 3-4 Stunden vor dem Start
eine leichte Mahlzeit einnehmen. |
15. |
Zur Ausrüstung:
Bekleidungsalternativen für jedes Wetter vorbereiten, Schnürsenkel
überprüfen. |
16. |
Der »ultraleichte« Wettkampfschuh sollte im Schuhschrank bleiben,
stattdessen dürfen Sie dem eingelaufenen, stabilen Trainingsschuh den
Vorzug geben. Die vermeintliche
Gewichtsersparnis mit der schnellen
Rennleiste sollte dem leistungsorientierten Unter-drei-Stunden-Läufer vorbehalten bleiben. |
17. |
Beim Marathon keine neuen Ausrüstungsgegenstände benutzen.
Die Laufschuhe sollten bereits im Training eingelaufen werden, die Wettkampfbekleidung (einschließlich der
Socken) sollte ebenso bereits hinsichtlich ihrer Funktionalität getestet und
gewaschen sein. Der Materialtest ist hier fehl am Platze, dafür ist 364 Tage im Jahr Zeit. |
18. |
Scheuerstellen mit Vaseline eincremen
bzw. mit Leukoplast abkleben. |
19. |
Ein Babypuder kann Blasen an
den Füßen vermeiden helfen. Aber
auch hier gilt: Zuvor im Training oder
einem vorbereitenden Wettkampf testen (evtl. Rutschgefühl in den Socken!). |
20. |
Schuhe nicht zu eng binden. Bei
zunehmender Distanz und höheren
Temperaturen schwellen die Füße an.
Durch eine zu enge Schnürung kann
die Blutversorgung eingeschränkt
werden. |
21. |
Zur optimalen Abwicklung eines
Marathons gehört inzwischen die
Zeitmessung per Chip. Dieser kleine
Mikrosender sollte gut platziert am
Schuh verschnürt werden (Achtung
auf Druckstellen!). |
22. |
Trotz Chip-Zeitmessung kann es zu
einer sehr frühzeitigen Startaufstellung kommen. 20, 30 Minuten
können je nach Örtlichkeit drin sein.
Um ein Frösteln im Startbereich zu
verhindern, sollte ein älteres T-Shirt oder Sweatshirt übergezogen werden. In Mode kommen allerdings
auch Wegwerfartikel wie Mülltüten
u.a. Bitte diese nicht nach dem Vorkommando auf die Laufstrecke werfen (Behinderung, Sturzgefahr bei
Mitläufern). |
23. |
Wer am Wettkampftag anreist, sollte
großzügige Reservezeiten einplanen, denn Parkplatznöte und Umleitungen
sind bei größeren Veranstaltungen zwangsläufig an der
Tagesordnung. Nichts ist nerviger, als in letzter Minute in den Startbereich zu kommen. Meistens vergisst
man in der Hektik etwas! |
24. |
Die Startnummern ähneln mittlerweile großen Werbeflächen der gewiss notwendigen Sponsoren. Keine
Verkleinerungsversuche vornehmen,
da diese zur Disqualifikation führen könnten. Bei dem verwendeten wasserfesten,
reißfesten Material ist zudem eine Gewichtsreduzierung nicht zu
erreichen. Eine ausreichende Anzahl von Sicherheitsnadeln immer in
der eigenen Sportasche mitführen,
damit die Startnummer nicht aufgrund
mangelnder Befestigung zum Störfaktor wird. |
25. |
Keine Panik, wenn der Startschuss erfolgt ist und die Startlinie
noch immer nicht in Trittnähe ist. Aufgrund der modernen Zeitmessmethoden wird die Nettozeit gewertet: Da spielt es keine Rolle, ob man
nach zwei, drei oder sieben Minuten
die Startlinie überquert, weil erst in diesem Moment die eigene Startzeit ausgelöst wird. |
26. |
Auch wenn die ersten Kilometer sehr
leicht fallen und die Adrenalinmoleküle den Körper beflügeln, ist es
wichtig, den eigenen Rhythmus zu finden - und das Tempo zu kontrollieren. Unter Umständen ist auch ein
Ausscheren aus einer gerade gefundenen Läufergruppe erforderlich, da
das hier angeschlagene Lauftempo
zu schnell oder zu langsam ist. |
27. |
Zu langsam kann ein Anfangstempo kaum sein. Auch wenn die
selbst gemachten Tempovorgaben
überschritten werden sollten, in der Ruhe und Abgeklärtheit des Augenblicks
liegt der Erfolg. Umfragen bestätigen: Fast alle Marathonläufer beginnen zu schnell. 30 Sekunden unter
Soll nach fünf Kilometern kann sich, eine Minute unter Soll nach fünf Kilometern wird sich im späteren Verlauf
doppelt und dreifach rächen. |
28. |
Keine Verpflegungsstation auslassen, das Argument Zeitersparnis
gilt nicht. Nicht erst zu Getränken
greifen, wenn der Durst kommt. Dann nämlich ist es schon zu spät! Achtung: Privatverpflegung entweder am
Informationsstand am Vortag mit
deutlichen Markierungen abgeben - oder, besser, sich im Bereich der Verpflegungsstelle reichen lassen. Aber
die anderen Läufer bei der Versorgung mit Privatverpflegung bitte nicht
behindern. |
29. |
Aus organisatorischen Gründen dürfte
es für den Freizeitläufer allerdings besser sein, auf die vom Veranstalter angebotene Verpflegung
zurückzugreifen. Denn warum sollte
die Eigenverpflegung nach anderen
Kriterien zusammengestellt sein als
die angebotenen Elektrolytgetränke
der Sponsoren? |
30. |
Bananen und Orangenscheiben,
Müsliriegel oder Kuchen sind während der Belastung nicht unbedingt
verträglich. Art und Menge im Training testen. |
31. |
Zu stark gesüßten Getränken
(etwa Cola) und Traubenzucker erst
im letzten Drittel des Marathons greifen. Wasser und Elektrolytgetränke
abwechselnd aufnehmen. Empfohlene Menge: 200 Milliliter pro Verpflegungsstand. |
32. |
Die »Krise« trifft in der Regel
durchaus jeden Marathonläufer. Es können auch mehrere Krisen sein.
Wichtig ist es, in dieser Situation das
Tempo geringfügig zu reduzieren,
eventuell sogar etwas zu gehen und
die Verpflegungsstation zu nutzen.
Die kritischen Situationen meistern,
das macht den echten Marathonläufer erst aus! |
33. |
Bei Hitzerennen ist Abkühlung
notwendig. Die bereitgehaltenen Schwämme nutzen und Kopf, Nacken, Arme und ggf. Oberschenkel
kühlen. Aus ökologischen Gründen
werden bei zahlreichen Marathonläufen inzwischen Schwämme mit den
Startunterlagen ausgegeben, damit
diese während des Laufes von den Athleten selbst in die am Streckenrand aufgestellten Wasserbehälter
eingetaucht werden können. |
34. |
Es ist in fast allen Fällen besser,
langsamer als geplant ins Ziel zu kommen als überhaupt nicht. Der Katzenjammer kommt meistens schon
Stunden nach der Aufgabe, spätestens jedoch am Folgetag. Außerdem
sinkt die Hemmschwelle, es in einer
ähnlichen Situation wieder zu tun. |
35. |
Schmerzen nicht mit Härte und
unbedingtem Durchhaltewillen bekämpfen. Das führt in fast allen Fällen
zum Desaster. Eine Verletzung ist
tatsächlich ein Grund, um vorzeitig aus dem Rennen zu gehen. Alles andere wäre unvernünftig und wird eine
längere Pause zur Folge haben. |
36. |
Motivationsprobleme, vor allem
bei widrigen Witterungsbedingungen
oder starker Erschöpfung, kommen gewiss. Wie wäre es, positiv zu denken? Die zurückgelegte Strecke, die
Atmosphäre, das Umfeld, die Freude
und Genugtuung als Finisher - ausreichend Gründe, um die nächsten Kilometer weiter in Angriff zu nehmen. |
37. |
Marathon ist immer auch ein Erlebnislauf.
Wer glaubt, für sein Umfeld, seine Freunde, Arbeitskollegen
oder seine Familie laufen zu müssen,
wird an der vermeintlichen Erwartungshaltung zerbrechen. Preisgeld
oder Pokale sind in der Regel außer
Reichweite. |
38. |
Ein Blick zur mitlaufenden Uhr im
Zielbereich ist die erste Orientierung. Auskünfte über die tatsächliche Endzeit
kann unmittelbar im Ziel kein Helfer geben, da höchste Konzentration
für drei, vier Stunden angesagt ist.
Sie führen allenfalls zu bissigen Kommentaren, die bestimmt nur im Trubel
der Ereignisse zustande kommen können. Das Gros der Helfer arbeitet mit
Sicherheit ehrenamtlich und opfert
seine Freizeit für das Gelingen der Veranstaltung, denn ein kommerzielles Dienstleistungsunternehmen kann
eine Marathonveranstaltung mit den
Startgebühren gewiss nicht finanzieren, und die zahlungskräftigen Sponsoren lassen sich auch nicht auf der
Straße auflesen. |
39. |
Wie geht es im Zieleinlauf weiter? Die Erstverpflegung hinter der
Ziellinie, die wärmende Decke oder
der Sanitätsbereich, das alles hat
Vorrang vor dem Plausch mit Läufern,
Verwandten und Bekannten. Dazu gibt es später noch reichlich Gelegenheit. |
40. |
Wo ist mein Kleiderbeutel? Wo
sind meine Angehörigen? Im Trubel der Ereignisse ist der Überblick wichtig, den man sich vorher verschaffen
sollte. Die Marathonzeitung, das Programmheft, die Infotafeln und die
Beschilderungen sind eine wertvolle
Orientierung und helfen stressige
Momente vermeiden. |
41. |
Das Marathonziel ist erreicht.
Genießen Sie in erster Linie den Augenblick, freuen Sie sich über das
Erreichte (auch wenn es Ihren Erwartungen diesmal vielleicht noch nicht
ganz entsprochen hat). |
42. |
Der nächste Marathon, der nächste Lauf auf einer kürzeren Distanz ist
fern, muss fern sein. Zunächst nämlich ist Regeneration angesagt, Körperpflege im wohlverstandenen Sinne. Mit genügend Abstand kann das
nächste Marathonerlebnis seriös geplant werden. Sie werden feststellen, die
Vorfreude auf den nächsten Marathonlauf kommt schneller, als Sie
denken! |