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Es ist inzwischen eine schöne
Tradition geworden, dass sich im September die Mitglieder des Forums Sport der
SPD zu einer Veranstaltung treffen und aktuelle sportpolitische Fragen
besprechen. Das sollte natürlich auch im Olympiajahr 2008 nicht anders sein. Und
so versammelten sich am 25. September mehr als 200 sportbegeisterte Menschen –
viele davon ohne ein SPD-Parteibuch. Der gute Zuspruch ist auch ein Beleg, wie
wichtig die SPD als Partner des Sports in den vergangenen Jahren geworden ist.
Im ersten Panel des Forums Sport der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands ging es um das weite Feld der Trainer und Übungsleiter im Sport. So auch der Titel "Mehr Trainerinnen und Trainer braucht das Land – Übungsleiteroffensive". Moderiert wurde die Diskussion von Claus Umbach (Präsident Deutscher Athletenbund). Diskutanten waren Dr. Peter Danckert (MdB und Vorsitzender des Sportausschusses im Bundestag), Dr. Hans-Georg Moldenhauer (Vizepräsident des DFB) und Dr. Clemens Prokop (Präsident des DLV). Die Teilnehmer stimmten insgesamt mit dem Titel des Panels überein und waren sich in der Tatsache einig, dass es in Deutschland an deutlich mehr Trainern bedarf; quer durch alle Sportarten. Claus Umbach fand so dann Zustimmung mit seiner These, dass der deutsche Spitzensport ein "Trainerproblem" hat. Dr. Prokop sieht die Trainer-Problematik in der deutschen Leichtathletik auf zwei Ebenen, der Basisarbeit und im Spitzensport. Oft seien aber die Probleme die gleichen. Auf beiden Ebenen falle es schwer überhaupt Trainer zu gewinnen, als auch die gewonnen Trainer dann entsprechend zu qualifizieren. Ein wichtiger Grund für diese Probleme sei laut dem DLVPräsidenten die schwierige wirtschaftliche Situation in der Leichtathletik. Diese bedinge auch strukturelle Probleme. Darüber hinaus sieht Prokop ein Problem in der Konkurrenzsituation mit dem Fußball, der aufgrund seiner besseren finanziellen Ausstattung mehr Trainer werben und entsprechend qualifizieren könne. Der DFB-Vizepräsident Moldenhauer verweist zwar darauf, dass man Sportarten sicherlich nicht vergleichen könne, erkennt aber auch den großen finanziellen Vorsprung des Fußballs. Mit diesem fange die Trainerausbildung in der Basis bereits an. So startete der DFB 2000 eine Qualifizierungsoffensive. Diese beginnt bei materieller Unterstützung der Veriene über Jerseys und Equipment, führt über eine Online-Akademie, die es ermöglicht Fachwissen herunterzuladen. So können zum Beispiel Lehrer altersgerechte Tipps für den Sportunterricht erfahren. Außerdem schicke der DFB ein DFB-Mobil zu den Vereinen, mit dem qualifizierte Fachkräfte die Trainer vor Ort fortbilden, etwa die vielen Väter, die Jugendmannschaften im ganzen Land betreuen. Laut Moldenhauer komme die "Qualifizierung zu den Menschen". Doch auch der DFB sieht Probleme in der Trainerausbildung. Die mangelnde sportwissenschaftliche Konzeption in Deutschland wirke sich auch auf den Fußball aus. Hier sehen alle Diskussionsteilnehmer Handlungsbedarf. Die Vorschläge forderten vor allem eine bessere Kooperation zwischen den sportwissenschaftlichen Instituten und eine bessere finanzielle Ausstattung. Dr. Peter Danckert stimmte in weiten Teilen der Analyse der Experten zu. Kritik äußerte er am DOSB, der sein Ziel bei den olympischen Spielen von Peking erreicht sah und den Abwärtstrend stoppen konnte.
Daher müsse man "deutlich" mehr Geld in den Sport von Seiten des Bundes geben als bisher und "bereit sein, für die Trainer mehr zu tun". Die Tatsache, dass einige Trainer von Medaillenkandidaten nur 400 € monatlich verdienen, bezeichnete Danckert als "Armutszeugnis". Jedoch betonte Danckert auch, dass man sich die grundsätzliche Frage stellen müsse, welchen Spitzensport man in unserem Land wolle. Wolle man Weltniveau erreichen oder lediglich mitschwimmen? Diese Debatte müsse sich in der gesamten Gesellschaft abspielen, aber auch bei den Haushältern im Bundestag. Allerdings betonte Danckert auch, dass man "keine Staats-Amateure wie in England" wolle. Ein weiteres Thema war die "Vergreisung" in der Trainerschaft. Dr. Prokop beobachtet, dass immer weniger Sportstudenten sich nach Ihrem Studium entscheiden den Leichtathletik-Trainerberuf, den es zum Bedauern der meisten Diskussionsteilnehmer so auch nicht gibt, zu wählen und besonders wenige auch Leichtathletiktrainer werden wollen. Hier sieht Prokop auch die Wirtschaft in der Verantwortung. Diese solle es ermöglichen, dass gerade Trainer im Spitzensport Freistellungsmöglichkeiten in ihren Berufen erhalten um beides miteinander vereinbaren zu können. Peter Danckert verwies auch hier abermals auf eine bessere finanzielle Ausstattung der Spitzentrainer. Die Trainerberuf sei mit einer Bezahlung von 400 € oft nur eine "qualifizierte Nebentätigkeit". Danckert weiter: "Wir müssen in diesem Bereich ein Niveau erreichen, von dem wir noch Lichtjahre entfernt sind.". Hans-Georg Moldenhauer wies zum Schluss der Debatte nochmals darauf hin, dass die Trainer und Übungsleiter an der Basis die wichtigsten Personen seien. Clemens Prokop verwies noch auf den Schulsport. Dort vermisse er die Talentsichtung, da nicht mehr wie früher der Sportlehrer abends der Leichtathletiktrainer sei. Darüber hinaus fordert Prokop, dass der Schulsport wieder mehr an Leistung orientiert sein müsse, sodass die Kinder mitbekommen, dass sich mit Training auch die Leistung verbessert. Darüber hinaus, dürfe nicht der Schulsport immer derjenige sein, der zuerst ausfalle. Am Ende waren sich die Diskutanten des Panel I des Forums Sport der SPD einig. Durch strukturelle Verbesserungen, als auch durch eine deutliche Steigerung der finanziellen Hilfen für den Sport muss es gelingen, mehr Trainer zu rekrutieren und deren Bezahlung, Qualifikation und Arbeitsbedingungen zu verbessern. Panel II: Behindertensport in der Mitte der Gesellschaft – nach den Paralympics.
In seiner Bilanz der Paralympics zog Karl-Hermann Haack ein klares Fazit: "Ohne Moos nix los" war seine einfache aber prägnante Feststellung. Mit der eigenen Leistung nicht unzufrieden sieht man die sportlich gesteckten Ziele aber doch verfehlt. Eine Ursache dafür ist das Aufkommen früherer Schwellenländer durch die dort gestiegene finanzielle Förderung des Leistungssports und die Einführung einer professionelleren Infrastruktur. In die gleiche Kerbe schlägt auch Thomas Ulbricht, und kann sich dabei auch einen Seitenhieb auf die Führung des Behindertensports nicht verkneifen. Er stellt neben der im Vergleich zu anderen Ländern geringeren finanziellen Förderung der Athleten auch die Professionalität der Funktionärsebene in Frage und kritisiert deren eingefahrene Strukturen und behände Dynamik. Seit 2004 hätte man Zeit gehabt den Behindertensport professioneller auszurichten, doch noch heute ist es so, dass Medaillenkandidaten dem Beruf-Sport-Rhythmus Tribut zollen müssen, während Athleten in früheren Sportentwicklungsländern die Unterstützung finden, um ihr Leben strukturell und finanziell allein dem Sport zu widmen. Im Hinblick auf die nächsten Paralympics im Jahr 2012 ist man sich dann auf beiden Seiten aber einig, dass man den seit 2004 eingeschlagenen Weg noch konsequenter beschreiten muss. Ein von Haack vorgetragenes Konzept beinhaltet daher unter anderem die
Im weiteren Verlauf wurde von allen Seiten sehr engagiert diskutiert, wie man den Behindertensport in der Mitte der Gesellschaft positionieren kann. Gernot Mittler sieht hier vor allem Politik und Gesellschaft gefordert. Allein die gestiegene mediale Aufmerksamkeit während der Paralympics reiche nicht aus, da die Wahrnehmung auf nationaler Ebene gegen Null tendiert. Schuld sei vielleicht auch, so Mittler, das Konzept der Wettkämpfe und die für den Laien nur selten verständlichen Klassifizierungen. Handlungsbedarf sehen hier Athleten und Funktionärsebene und eine Annäherung an die Olympischen Spiele unausweichlich. In die Mitte der Gesellschaft kann der Behindertensport nur dann gelangen, wenn man den Breitensport nicht abfallen lässt und die z.B. mit dem DOSB angefangenen Kooperationen was Projekte in Ganztagsschulen betrifft weiter vertieft. Der demografische Wandel macht auch vor dem Behindertensport nicht halt und so gilt es, laut Haack, Strategien zu entwickeln um dem entgegenzuwirken. Besonders die jungen Sportler sollen dabei von der Schaffung öffentlicher Stellen bei der Bundeswehr oder der Polizei profitieren können. Lobend äußert sich Mittler über das Engagement großer Vereine, wie Werder Bremen mit deren Hilfe sog. Unifighting Wettkämpfe (Wettkämpfe zw. behinderten und nicht behinderten Sportlern) immer größere Resonanz finden. Alle sind sich darüber im Klaren, dass nur durch die gemeinsame Anstrengung von Verbänden, der Politik, der Presse und nicht zuletzt der Gesellschaft selbst eine Integration des Behindertensports in dessen Mitte gelingen kann. Panel III: Kooperation von Schule und Sportverein – gesunde Kinder, erfolgreiche Athleten?
Moderiert wurde dieses Panel durch die Bundestagsabgeordnete Dagmar Freitag. Diskutanten waren Bärbel Dittrich (Vizepräsidentin des Landessportbund NRW), Ingo Kailuweit (Vorstandsvorsitzender der KKH) sowie Prof. Dr. Udo Hanke (Präsident des Deutschen Sportlehrerverbandes). Dagmar Freitag leitete die Diskussion mit dem Hinweis ein, dass sich in den letzten Jahren die Situation an den Schulen geändert hat. Kinder sind erstens körperlich eingeschränkter, sie haben sowohl motorische Defizite als auch zunehmend Über- bzw. seltener Untergewicht, und bleiben zweitens aufgrund verschiedener Faktoren (G, Ganztagesschulen, etc.) länger in den Schulen, sodass Training in Vereinen zunehmend erschwert wird. Prof. Dr. Hanke stellt daraufhin seine Ansicht dar, Sportunterricht müsse nicht mehr Sportartenausbildung sondern Bewegungsschule sein. Darauf muss sich auch die Ausbildung der Sportlehrer konzentrieren. Im weiteren Verlauf des Panels erklärt der Präsident des Deutschen Sportlehrerverbandes weiterhin, dass Kinder in der Schule Grundfähigkeiten erlernen müssen, die Ihnen die Teilnahme in Sportvereinen ermöglichen, denn heute seien viele Jugendliche nicht in der Lage an einer Freizeitsportgemeinschaft teilzunehmen, da ihnen schlicht die sportlichen Grundfähigkeiten fehlen. Die Vizepräsidentin des Landessportbundes NRW, Bärbel Dittrich, prognostiziert einen Anstieg der Ganztagsschulen und weist darauf hin, dass sich die Sportvereine in diese einbringen müssen. Hier muss vor allem die Selbstverwaltung der Vereine koordinierend unterstützen. In Nordrhein-Westfalen, sei es beispielsweise gelungen, die Zusammenarbeit zwischen Sportvereinen und Schulen mit Hilfe
Ingo Kailuweit ist der Meinung, dass es zu spät ist, erst in der Schule auf motorische Defizite der Kinder zu reagieren und fordert eine Bewegungsausbildung schon im Frühkindlichen Bereich. Auch hier muss die Ausbildung der Erzieher und Betreuer angepasst werden. Weiterhin ist der Vorsitzende der KKH sicher, dass Sportunterricht, der den Kindern Spaß macht, automatisch zu mehr Interesse der Kinder an außerschulischen Sportangeboten führen würde. Allerdings sorgt die Benotung oftmals für Frustration bei sportlich weniger begabten Kindern. Daher wäre eine Abschaffung der Benotung des Sportunterrichtes sinnvoll. Ein Zuhörer formulierte seine Forderung, dass jedes Kind ein Anrecht auf qualitativ hochwertigen Sportunterricht haben muss. Dieser Forderung schlossen sich alle Referenten an. Dagmar Freitag fasste die Ergebnisse des Panels zusammen, in dem sie auf die Verantwortung des Sportunterrichts hinwies, Kindern das Sporttreiben zu ermöglichen. Weiterhin muss die Vernetzung zwischen Sportverein und Schulen ausgebaut werden, hierfür muss aber in den Schulen die Bereitschaft zur Zusammenarbeit vorhanden sein und es müssen Hürden abgebaut werden. Sport ist notwendig für Kinder und Jugendliche, um Soft Skills, wie Disziplin, Leistungsbereitschaft und Fleiß, zu entwickeln, die auch für die schulische und berufliche Karriere notwendig sind. __________________________________ Autor und Copyright: SPD-Parteivorstand Berlin |