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Ingo Schultz in Ulm verabschiedet: „Es war eine schöne Zeit“
 
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09.07.2009 

 

„Das ist ein schönes Foto, es sieht sehr leicht aus, wie ich da renne.“ So beschreibt Ex-Europameister Ingo Schultz jenes Bild von der Hallen-EM 2007 in Birmingham (Großbritannien), als er mit der Deutschen 4x400-Meter-Staffel als Erster über den Zielstrich lief, kurz später aber disqualifiziert wurde. Mit eben diesem Foto, sauber eingerahmt und hinter Glas geschützt, wurde der Vizeweltmeister von 2001, der seit 2005 im Trikot des TSV Bayer 04 Leverkusen an den Start ging, bei den Deutschen Meisterschaften in Ulm offiziell verabschiedet. Bereits im vergangenen Oktober entschloss sich der fünfmalige nationale Titelträger, die Heim-WM in Berlin (15.-23.08.) nicht mehr anzustreben und erklärte aufgrund anhaltender Fußprobleme seinen Rücktritt.
 
Seinen Weg zum Leistungssport fand Schultz erst sehr spät über eine Leichtathletik-AG bei der Bundeswehr. Dort suchte sich der Diplomingenieur für Elektrotechnik einen Ausgleich zum Studium. „Ich habe mich schon immer gerne bewegt und durch die Uni in Hamburg war jetzt erstmal Sitzen angesagt“, erklärte er. Zunächst waren es nur dreimal pro Woche Training, dann folgten die ersten Wettkämpfe und schnell wurde es mehr. „Ich bin der Typ der sagt: Da geht was und da willst Du jetzt mal richtig austesten, wo die Grenzen sind. Dass das mal daraus werden würde, konnte am Anfang natürlich keiner ahnen.“
 
Und plötzlich stand Schultz bei den Weltmeisterschaften 2001 im kanadischen Edmonton im Finale und rannte zur Silbermedaille. Seitdem steht seine 400-Meter-Bestzeit bei 44,66 Sekunden, der drittschnellsten jemals gelaufenen Zeit eines Deutschen. Im folgenden Jahr waren die Voraussetzungen bei der EM in München schon ganz anders: „Europameister als Favorit war schon ein riesen Ding“, erinnert sich der Leverkusener.
 
Nach seinen beiden erfolgreichsten Jahren folgten dann aber die gesundheitlichen Rückschläge. Erst war es 2003 das Pfeiffersche Drüsenfieber, später Fußprobleme. Zwar feilte der Leichtathlet des Jahres 2002 immer wieder am Comeback, wurde aber regelmäßig zurückgeworfen. „2007 habe ich sehr gut trainiert, so gut wie eigentlich nie und dann hat es für eine 45,60 Sekunden gereicht. Das ist zwar auch eine gute Leistung, aber wenn man schon mal eine Sekunde schneller war, ist das einfach nicht die Welt.“ So ist die Entscheidung zum endgültigen Rücktritt in ihm langsam gereift.
 
Bei den Deutschen Meisterschaften 2008 in Nürnberg waren die Vorzeichen dann endgültig. „Da lief rein gar nichts zusammen“, resümierte Schultz. „Ich bin in den Block gegangen, es gab einen Fehlstart und eigentlich wollte ich gar nicht erst loslaufen. Der Kitzel, den man braucht, war einfach nicht da.“ Ein Arztbesuch brachte ihm zudem die nächste Ernüchterung, dass ein Schleimbeutel an der Achillessehne entfernt werden müsste. „Von daher war für mich klar: Es war eine schöne Zeit. Aber das, was ich mal erreicht habe, kann ich nicht mehr wiederholen.“
 
Anders als für viele seiner Kollegen, stand für den 2,01 Meter großen Athleten die Weltmeisterschaft im eigenen Land damit nicht mehr zur Diskussion. „Selbst wenn ich mich für dich WM in Berlin qualifiziert hätte, es hätte mir nicht mehr das gegeben, was ich mal erreicht hatte.“ Seinen letzten Start im Nationaltrikot hatte Schultz 2008 beim Hallen-Europacup in Moskau, wo er mit der Schwedenstaffel Zweiter wurde. „Letztlich war es schon ein schwerer Schritt. Aber jetzt bin ich da und bereue es nicht.“ Auch gesundheitlich ging es danach schnell wieder aufwärts: „Die Füße danken es mir. Die Probleme, die ich hatte, sind alle weg“, erzählte er.
 
Der Sprung ins normale Berufsleben gelang Schultz nahtlos. Nach 13 Jahren bei der Bundeswehr fand der Hauptmann zunächst eine Teilzeitstelle bei einem großen Industrieunternehmen und arbeitet dort seit August 2008 voll. „Wenn ich Leistungssport auf hohem Niveau machen will, kann ich nicht nebenher arbeiten. Ich bin zwar ein Athlet, der mit relativ wenig Zeitaufwand viel erreichen kann, aber wenn ich eine Sache mache, dann ganz“, schilderte er die neue Situation.
 
Völlig ohne Bewegung geht es für ihn aber auch heute nicht: „Mein Büro ist im elften Stock, da renne ich dann auch schon mal die Treppen hoch.“ Auch der Leichtathletik hat er den Rücken nicht vollends zugekehrt: „Ich bin irgendwie schon noch drin und gucke immer mal, was meine ehemaligen Staffelkollegen so machen.“ Einen gebührenden Ort wird der zweifache Familienvater für das überreichte Fotos übrigens leicht finden: „Wir sind gerade umgezogen und da sind noch genug Wände mit freiem Platz.“





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Autor und Copyright: Markus Paniczek für Laufen-in-Koeln