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Stundenlauf in St. Kanzian, am Klopeiner See. Einer
kleinen Ortschaft in Kärnten. Auch wenn die
Organisatoren in den frühen Morgenstunden tatkräftig am
aufbauen sind, die Strecke abgrenzen und den
Verpflegungsstand vorbereiten, sieht es alles andere aus
einladend aus. Das Gefühl bezieht sich letztendlich aber
mehr auf das Wetter, denn von oben kommen immer wieder
mal mehr, mal weniger kräftige Regenschauer vom Himmel
herunter. Kühle Temperaturen tun ihr übriges zur
Ungemütlichkeit. Nur sehr zögerlich kriechen die
Athleten aus ihren Zelten hinaus, in denen sie die
letzte Nacht verbrachten. Doch spätestens zwei Stunden
vor dem Start hält es dann doch keinen mehr in der
schützenden Behausung. Die Startnummern werden an die
Hemden geheftet, empfindliche Körperstellen mit Vaseline
eingeschmiert und die Muskulatur durch leichtes Traben
aufgelockert und warmgelaufen. Und in kürzester Zeit
verwandelt sich die bis eben noch verlassene Örtlichkeit
in eine muntere, bunte Menge an aufgeregten Läufern..
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Gegen 12 Uhr
Mittags ist es dann soweit. Zahlreiche Teilnehmer aus
den Disziplinen für 1,6, und 24 Stunden Einzellauf,
sowie die Ersten der jeweiligen Staffelläufer versammeln
sich im Startbereich. Der Startschuss fällt und das
Rennen kann beginnen. Vorne weg die Staffelsprinter,
danach die Einzelläufer. Von weiter hinten rücken nun
auch zwei Nordikwalker nach. Vorbei geht es am
Versorgungszelt, nach einer Linkskurve weiterführend an
der Zeltsiedlung der Läufer vorbei. Weiter geht es an
zahlreichen Hotels und Pensionen vorbei. Und immer
wieder ermöglicht sich ein Blick auf den Klopeiner See
mit den Bergen herum, auch wenn sich diese hinter den
tief liegenden Regenwolken verstecken mögen. Nach
weiteren, einigen hundert Metern führt die Strecke nach
einer Rechtsabbiegung leicht aufwärts durch eine
Campinganlage. Unmittelbar danach überschreiten die
Teilnehmer die elektronischen Matten der
Championchipanlage. Nun kommt die eigentliche
Herausforderung der Strecke. Eine von Runde zu Runde
scheinbar immer schwerer zu überwindende Anhöhe ist zu
überschreiten. Doch so schnell man die 13m Höhen auch
erklungen haben mag, viel schneller geht es wieder
herunter, bevor man sich dem Rundenende nähert. Dort
wartet auch schon Live-Musik und ein Moderator auf die
vorbeilaufenden Stundenläufer und werden von den
Rundenzählern phonetisch begrüßt. Das motiviert und baut
für die nächste Runde auf.
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Am späten
Abend bricht die Dämmerung ein. Der Regen hat
nachgelassen, die Wolken geben den Blick auf die
verschneiten Bergspitzen frei. Sternenklarer Himmel lädt
jetzt eher zu einem erholsamen Nickerchen ein, ja wenn
denn da nicht der Wettkampf wäre und der muss noch bis
zum nächsten Tag durch gestanden werden. Die ersten
Müdigkeitserscheinungen stellen sich ein, die ersten
Athleten gehen zu längeren Gehpausen über. Dabei macht
sich so richtig die nächtliche Kälte bemerkbar, 6 Grad
Celsius. Entlang der Strecke treffen nun immer mehr
Jugendliche ein. In einem großen Zelt spielt eine
Rockgruppe fetzige Musik. Eine Aufheiterung, die auch
für die Läufer eine angenehme Abwechslung bedeutet. Ja,
so ein 24 Stundenlauf kann schon richtig endlos lange
erscheinen.
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So
viele Strapazen machen hungrig. Da freut man sich nach
jeder rund 2km Runde auf die Verpflegungsstelle und
dessen Auswahl lädt zu einem kurzen Verweilen ein. Neben
Getränken wie Wasser, Iso, Cola, Red Bull gibt es unter
anderem warme Suppe, Kartoffeln usw. zum Auffüllen des
Energiehaushaltes.
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In den
Morgenstunden, scheint die Stunde der Sonne geschlagen
zu haben. Ihre noch müden Strahlen bahnen sich durch
eine leichte Quellbewölkung, die sich immer mehr
auflöst. Das scheint einige müde Lebensgeister zu
wecken. Durch die Läufer bahnt sich ein letztes
Aufbäumen für die letzten Stunden breit zu machen. Die
Sonne spendet wichtige Kraft und Energie, denn die Beine
sind nach so vielen Stunden sichtlich schwer geworden.
Die Füße schmerzen. Aber der Gedanke, dass der Wettkampf
bald zu Ende ist, scheint die Qualen für die restlichen
Stunden verschwinden zu lassen. so z.B. bei Conny Bullig
aus Deutschland. Sie hatte nicht nur den Streckenrekord
der Frauen geknackt, sondern setzt nun alles daran, die
200km Grenze zu überschreiten. Aber auch Michael Peel
ist noch in seinem vollen Element, sammelt fleißig über
228km, auf dem Weg zum Sieger. Wahre wunder verbrachte
auch Friedhelm Natmeßnig. Er sprengte mit über 135km den
Weltrekord im Nordik Walking um Längen. Aber auch die
nicht ganz so Fitten dürfen stolz auf sich sein, heben
sie sich mit Distanzen jenseits der 42,195km Grenze
deutlich vom normalen Marathonläufer ab.
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In St.
Kanzian wird keiner allein gelassen. Wer keinen
persönlichen Betreuer hat, ist hier nicht verloren.
Regelmäßig fährt der Cheforganisator mit einem Rad
perönlich die Strecke ab und ruft den Athleten ihre
bisher gelaufenen Km zu, gefolgt von der momentanen
Position in der Gesamtrangliste. Weiterhin werden die
Zuschauer aufgefordert, auf die Läufer positiv
einzuwirken, ja sie sogar ein Stück zu begleiten und auf
ihrem schwehren Weg Mut zuzusprechen.
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Alles hat
einmal ein Ende, auch der 24Stundenlauf am Klopeiner
See. Ein erleichterndes Aufatmen macht die Runde. Es ist
vollbracht. Egal wie man gelaufen ist, jeder gratuliert
jedem zu seiner Leistung. Die restlichen, gelaufenen
Meter werden ermittelt und endlich kann man das tun, was
man eigentlich die ganze Zeit schon machen wollte,
einfach fallenlassen und alle Viere von sich strecken.
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Gegen 14 Uhr
startet die Siegerehrung. Auch hier zeigt sich seitens
Veranstalter wieder viel Liebe zum Detail. Jeder
Teilnehmer erhält eine Medaille und Urkunde überreicht.
Und weil so ein Ultralauf in Österreich was ganz
besonderes ist, lies es sich der Präsident des
österreichischen Leichtathletikverbandes nicht nehmen,
jedem Teilnehmer persönlich zu seiner Leistung zu
gratulieren.
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Im Prinzip
lässt sich das Event kaum toppen, auf der Suche nach
Verbesserungsvorschlägen folgt eine lange Gedankenpause.
Doch dem Veranstalter kommen schon neue Ideen. Nächstes
Jahr soll die Veranstaltung über Christi Himmelfahrt
stattfinden, denn dann sind noch wesentlich mehr Gäste
im Dorf und zusätzliches Publikum dürfte der größte
Ansporn und Zuspruch für die Athleten sein.
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