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Detlev Ackermann

 
   
 
   
 
 

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Mit Prothese sprinten - rechtsherum oder linksherum?
 
 
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29.11.2015  

 
 

Mit Hilfe von Modelberechnungen können beispielsweise Gelenkmomente kalkuliert und wichtige Informationen über die muskulo-skelettale Belastung gesammelt werden. Diese dienen der Grundlagenforschung, finden aber auch sportpraktische Anwendung in der Trainingssteuerung.
 
Neue Studien des Instituts für Biomechanik und Orthopädie zu Kurvensprint und Startkinetik

 
Klassischerweise sind es die Athletinnen und Athleten mit Prothesen, die spektakuläre und medienwirksame Bilder bei Sportveranstaltungen von Menschen mit Behinderungen liefern. Wie sie etwa mit einem künstlichen Bein geschmeidig durch das Leichathletikstadion sprinten oder weite Sätze in die Sandgrube machen. In den vergangenen Jahren gab es im Paralympischen Sport immer wieder heiß diskutierte Fälle, z.B. die Klage des unterschenkelamputierten Sprinters Oscar Pistorius gegen den Leichtathletik-Weltverband IAAF oder als sich der Prothesenträger Markus Rehm 2014 den Deutschen-Meister-Titel im Weitsprung gegen nichtbehinderte Konkurrenten holte.
 
Seit etlichen Jahren beschäftigt sich auch die Deutsche Sporthochschule Köln intensiv mit der Prothesenforschung. Ein prominentes Beispiel: Im Jahr 2007 beauftragte die IAAF das Institut für Biomechanik und Orthopädie, die Sprintmechanik des südafrikanischen Sprinters Oscar Pistorius zu analysieren. Die Wissenschaftler erstellten damals eine Bewegungsanalyse des beidseitig unterschenkelamputierten Leichtathleten, weil er als paralympischer Athlet bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking starten wollte. Auch die aktuelle Forschung des Instituts nimmt erneut paralympische Leichtathleten mit Prothesen in den Blick. Eine von Prof. Wolfgang Potthast und Johannes Funken geleitete Studie stellt die interessante Frage: Sollte bei einer einseitigen Amputation die Laufrichtung angepasst werden? Hintergrund ist, dass Leichtathletinnen und Leichtathleten in den Stadien dieser Welt seit mehr als 100 Jahren gegen den Uhrzeigersinn, also linksherum, laufen.

Linksseitig amputierte Athleten benachteiligt?
 
Die Studie untersucht, ob die Seite der Amputation bei einseitig amputierten Athleten einen Einfluss auf deren sportliche Leistung hat. Der Proband - Weltmeister und Paralympics-Sieger - durchlief den Messbereich, der der Kurve einer 400m-Bahn nachempfunden war, mit höchster Geschwindigkeit in gewohnter sowie ungewohnter Richtung. Ein Kamerasystem mit 16 High-Speed-Kameras und in den Boden eingelassene Kraftmessplatten erfassten dabei seine Bewegungsdaten. Diese zeigten, dass der linksseitige Prothesenträger die für ihn untypische Laufrichtung (im Uhrzeigersinn, rechtsherum) mit einer höheren Geschwindigkeit absolvieren konnte, als die für ihn im Wettkampf vorgeschriebene Laufrichtung (gegen den Uhrzeigersinn, linksherum) [Prothese innen: 7.7 m/s, Prothese außen: 8.2 m/s]. Es konnte weiterhin gezeigt werden, dass die vertikale Kraft, welche der Athlet über die Prothese auf den Boden ausübt, ebenso reduziert ist wie der vertikale Gesamtimpuls, wenn der Athlet seine Prothese beim Kurvenlauf auf der Innenseite trägt. Erste Forschungsergebnisse deuten demnach auf eine Benachteiligung von linksseitig amputierten Athleten hin und werfen die Frage auf, ob Athleten mit einer Amputation auf der rechten Seite gegen Athleten mit einer Amputation auf der linken Seite antreten sollten.
 
Eine weitere Studie des Instituts für Biomechanik und Orthopädie unter der Leitung von Steffen Willwacher beschäftigte sich unlängst mit der Sprintstartkinetik, d.h. mit den Kraftparametern amputierter und nichtamputierter Sprinter beim Tiefstart. Hierzu wurden 143 nichtamputierte sowie sieben amputierte Sportler bei maximal ausgeführten Sprintstarts mit einem dynamometrischen Startblock untersucht. Die Studie konnte signifikante Zusammenhänge zwischen den Starts und der 100m-Bestzeit bei den nichtamputierten Sportlern nachweisen. Die amputierten Sportler wiesen hingegen - im Vergleich zu ihrem 100m- Leistungspotenzial - eine schwächere Startphase auf. Dies ließ sich v.a. in längeren Abdruckzeiten, verringerten Spitzenkräfte im hinteren Block und einen mehr nach oben gerichteten Abdruck erkennen. Hieraus lässt sich schließen, dass Sprintprothesen in der Phase konstanter Laufgeschwindigkeit den Verlust von Gliedmaßen besser kompensieren können als in der Beschleunigungs- und Startphase.



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Autor und Copyright: Julia Neuburg, Michael Johann
Mit freundlicher Unterstützung - Kurier, Hochschulzeitung

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