Zum Hintergrund der
Veranstaltung:
"Der Pharao und hohe Beamte hielten
sich eine Truppe mit Läufern, die sie jeweils auf den Reisen als
Beschützer begleitete. Das Reisemittel der damaligen Zeit war der
Wagen - wobei die Leibwache im Laufschritt eskortierte. Der Fund der
Lauf-Stele kann in die Zeit des Pharaos Taharka (690-664 v. Chr.)
datiert werden. Auf dem Gedenkstein ist ein Text über ein
Lauftraining und einen 100-km-Wettkampf eingeprägt:
Der
Pharao geht ins Heerlager, um sich über den Zustand seiner Leute zu
informieren. Er findet seine täglich trainierenden Soldaten in
bester Verfassung. Später wird ein Wettkampf durchgeführt, der von
der Residenzstadt Memphis durch die Wüste zur Oase Fajum führt. Der
Start erfolgt in der Nacht, damit die Läufer nicht allzu heißen
Temperaturen ausgesetzt sind. Der Pharao überzeugt sich selbst von
der Kondition seiner Truppe, indem er gelegentlich ein Stück
mitrennt ...
Dieser Umstand war einzigartig, denn für gewöhnlich pflegten sich
die Pharaonen nicht mit dem gemeinen Volk zu messen.
Nach einer zweistündigen Erholungsphase wurde das Rennen gemeinsam
fortgesetzt: Wer das erste Teilstück am schnellsten zurückgelegt
hatte, durfte danach am längsten Pause machen. Die Umrechnung der
Zeitangaben auf dem Gedenkstein für 50 km entspricht einer Laufzeit
von etwa vier Stunden. Angenommen, die zweite Hälfte des Rennens
wurde in einem ähnlichen Tempo absolviert, ergäbe das eine
Gesamtzeit von acht bis neun Stunden für die 100 km.
Der Pharao honorierte auch die Leistungen im Wettkampf, bei dem alle
in den Genuss einer Auszeichnung kamen."
(Quelle:
Laufgruppe-Haeder)
2662-2691 Jahre später:
In Erinnerung an das damalige Rennen, sollte der geschichtliche Lauf
nun nachgeahmt werden. Die 100km lange Strecke konnte als Staffel,
oder als Einzelläufer zurückgelegt werden. Zur Versorgung der
Athleten bekamen die Gruppen und die Einzelläufer jeweils ein
Versorgungsfahrzeug, ausreichend Wasser, Bananen und einen Fahrer
gestellt. Weiterhin betreuten die Läufer 2 Krankenwagen, sowie
einzelne Polizeifahrzeuge.
Am 09.11.2001 gegen 6.00 Uhr morgens sollte es los gehen. Am Fuße
der Sakkara-Pyramide. Am Start standen 10 Vertreter der einzelnen
Staffel-Gruppen, sowie 14 Einzelläufer. Die Staffelgruppen bestanden
aus gesamt 44 Teilnehmern, dessen Gruppen aus 2 bis 6 Teilnehmern
bestanden.
Der
Startschuss fällt und die 24 Athleten laufen der Morgendämmerung
entgegen. Die ersten 1,4 km erweisen sich als recht einfach. Es geht
leicht bergab. Persönlich (Detlev Ackermann) schließe ich mich der
Gruppe von Ingeborg und Helmut Urbach an, die im hinteren Feld
laufen. Clemens Müller läuft anfangs mit seiner Videokamera mit, um
das große Ereignis filmerisch festzuhalten. Am Horizont sehen wir
langsam sie Sonne aufgehen und sehen den wärmenden Strahlen mit
gemischten Gefühlen entgegen. Der allmorgendliche Dunstschleier
verschiebt jedoch ein schnelles Ansteigen der Temperatur in die
späteren Vormittagsstunden.
Die Streckenführung der ersten 64,2km ist eigentlich recht einfach
zu beschreiben. Es geht immer geradeaus, an einem Kanal entlang.
Aber dafür erweist sich die Strecke als ein interessanter
Streckenabschnitt mit Ackerbau und Palmenwäldern, der durch viele
Ortschaften führt.
Bei km 11 betreten wir die erste Ortschaft, in dessen Seitenstraße
wir für eine Wendestrecke einbiegen. Eine ganze Schar von Kindern
kommt angelaufen und jubelt. Für einen kurzen Augenblick kommt man
sich vor, wie beim Köln-Marathon. Doch der Schein trügt. In den
Ortschaften spielt sich fast immer das gleiche Schauspiel ab. Die
Kinder kommen aus allen Richtungen gelaufen und begrüßen einen.
"hello", "what's your name", "from where you come" rufen sie einem
zu. Aber auch "money, give me money" ist zu hören. Sofort wird klar,
unter welchen Verhältnissen die Leute leben. Schlagartig wird einem
wieder bewusst, dass man sich in einem Entwicklungsland befindet und
nicht in einer Wohlstandsgesellschaft.
Das man sich nicht um jedes einzelne Kind kümmern kann und aus
Zeitgründen eher mit einer gewissen Missachtung davonläuft, stößt
bei ihnen auf großes Unverständnis. Hierbei reagieren einige Kinder
entsprechend beleidigt. Persönlich tut mir das leid, da ich die
Ägypter als ein sehr gastfreundschaftliches Volk kennen gelernt
habe, das viel Wert auf gegenseitiges Kennen lernen legt. Da aber
immer Polizei in der Nähe war, gab es keine ernsthaften
Zusammenstöße.
Am Wendepunkt begegnen wir der Dashur-Pyramide. Dies ist auch der
erste Kontrollpunkt, bei dem unsere Zwischenzeiten notiert werden.
Auf dem Rückweg der Wendestrecke lasse ich mir erstmalig eine
Wasserflasche reichen. Ingeborg und Helmut laufen weiter, hole sie
jedoch später wieder ein.
Nach
18km erreichen wir wieder die Hauptstraße am Kanal und es geht
weiter der Sonne entgegen. Diese steigt unaufhörlich höher und der
Dunstschleier verschwindet allmählich. Nun macht sich langsam auch
die Hitze bemerkbar.
Bei km 39 wird der nächste Kontrollpunkt angelaufen. Hier tausche
ich mein Schweißband gegen ein Käppi ein, um meinen Kopf vor der
Hitze zu schützen. Zur Abkühlung schütte ich mir nun auch des
Öfteren eine halbe Flasche Wasser direkt über den Kopf. Langsam
trennen sich auch die Wege von Ingeborg, Helmut und mir. Ingeborg
macht einen guten Eindruck und läuft uns allen davon. Helmut zeigt
Schwächen. Nach eigenen Angaben hat er mit Atemnot zu kämpfen und
fällt zurück. Ich versuche ihn mit ein paar lockeren Witzen
aufzuheitern, doch das gelingt mir leider nicht und ich lasse ihn
zurück. Bei km 44 sehe ich ihn später wieder an mich herankommen. Er
hat aufgeholt. Ab da überholen wir uns gegenseitig abwechselnd.
Bei km 50 sehe ich ihn auf einer Bank sitzen, umringt von Helfern.
Mein Fahrer erzählt mir später, dass der Mann mit dem großen
Schnauzbart aufgegeben hat.
Nun bin ich mit meinem Begleiter und dem Versorgungsfahrzeug allein.
Nach 64,2km sehe ich in 300m Entfernung die Meidum Pyramide. Langsam
geht mir die Puste aus. das Atmen fällt mir schwer. Die trockene
Luft brennt in meinen Lungenflügeln. Bei jedem Atemzug spüre ich
tausende kleine Nadeln im Brustbereich. Ich fange an, Gehpausen
einzulegen.
Nun verlasse ich auch die grüne Ader am Kanal und gehe nun zum zum
großen Wüstenerlebnis über. Bei km 68 erreiche ich wieder einen
Kontrollpunkt. Ab hier gibt es die nächsten km nur noch Wüste. Die
Sonne steht mittlerweile hoch am Himmel und erreicht
Höchsttemperaturen von schätzungsweise an die 26°C. Den nächsten
Kontrollpunkt erreiche ich bei km 71. Christel, meine Reiseleiterin
empfängt mich dort mit einer frisch geschälte Apfelsine. Ich nutze
die Zeit, in der sie mich mit der Meidum-Pyramide im Hintergrund
fotografiert, für eine kurze Erholungspause. Wir unterhalten uns
noch kurz, bevor ich weiter in die Wüste eindringe. Es ist ein
unglaubliches visuelles Erlebnis. Eine km lange Straße und nichts
als Sand. Auf den Sandhügeln tummeln sich vereinzelt
Wüstenhunde. Kurze Zeit später treffe ich wieder Christel, die mich
einige km begleiten will. Ich reiße mich zusammen und versuche
längere Abschnitte zu laufen. Aber die trockene Luft erschwert mein
Vorhaben und zwingt mich wieder zu Gehpausen. Wir wechseln über zu
Power-Walking, wobei ich versuche mit ihr Schritt zu halten. Wir
rechnen aus, dass ich wohl insgesamt 13 Stunden zum Finishen
brauchen würde. Als hartnäckiger Läufer nehme ich die Zeitprognose
und die noch anstehenden Stunden jedoch eher gelassen hin. In's Ziel
kommen, egal wie, habe ich mir vorgenommen.
Bei
km 81 überqueren wir einen Bahnübergang. Ein Blick auf die Gleise
lässt mich jedoch zweifeln, das hier wirklich noch ein Zug fährt.
Nach dem Motto, 'hauptsache es funktioniert', werde ich später eines
Besseren belehrt. Ab hier bin ich nun wieder allein, da die Christel
sich wieder im Zielbereich einfinden muss. Auch mein Fahrer mit dem
Begleitfahrzeug verlässt mich nun für einige Zeit. Ich genieße die
Stille und die grenzenlose Freiheit. In regelmäßigen Abständen
besucht mich ein anderes Versorgungsfahrzeug und bietet mir Wasser
und Bananen an. Gegen Abend wird es wieder etwas kühler und ich
bewundere den wunderschönen Sonnenuntergang über dem Wüstenhorizont.
Dieser vollzieht sich ungewohnt schnell, so dass man sich kurzer
Zeit in absoluter Dunkelheit befindet. Da es hier keinerlei
Dämmerung durch Grosstadtlichter gibt, zeigt sich der Himmel als
pechschwarz mit seinen funkelnden Sternen. Rechtzeitig kommt mein
Begleiter wieder zurück, so dass ich ab hier im Scheinwerferlicht
meines Begleitfahrzeuges laufen kann. Von der Umgebung ist nun nicht
mehr viel zu sehen.
Bei km 97,5 treffe ich wieder auf einen Kontrollposten. Die letzten
Kräfte werden mobilisiert und ich erreiche nach 13:13:11 Stunden
endlich das Ziel. Völlig Erschöpft bekomme ich eine äußerst
attraktive Medaille umgehängt und eine besondere Urkunde auf Papyrus
überreicht. Ein Finisher-Foto wird auch noch gemacht. Die Medaille
ist schon eine Attraktion, dessen Ebenbild man in Deutschland
vergeblich suchen wird. Wenig später treffe ich Clemens Müller. Er
war 16 Minuten vor mir eingetroffen.
Ursprünglich
war eine Sollzeit von 12 Stunden vorgesehen, die aber zur Beruhigung
aller Teilnehmer im Vorfeld schon aufgehoben wurde. Wie sich zeigte,
benötigten 5 Teilnehmer über 12 Stunden, wobei der Letzte nach
13:31:26 Stunden das Ziel erreichte.
Gewonnen hat das Rennen der Ägypter Mahmud Ali Dehais mit einer Zeit
von 08:35:20 Stunden. Erst 1:11:28 Stunden später traf der 2.
Finischer ein. Erwin Remmele aus Deutschland. Als einzige Frau, und
damit als Siegerin unter den Frauen wurde Ingeborg Urbach. Sie
erreichte das Ziel nach 12:24:07 Stunden. Zur Ehrung bekommt sie im
Rahmen der Siegerehrung eine silberne Medaille und eine Schale
überreicht.
Von insgesamt 14 Einzelläufern erreichten 12 das Ziel. 2 Läufer
gaben somit vorzeitig auf.
Die Schnellste Staffelgruppe brauchte übrigens nur 5:44:24 Stunden
und wurde von den Ägyptern gewonnen. Die Deutschen erreichten den 3.
Platz mit einer Zeit von 7:25:18 Stunden. Die letzte Gruppe
erreichte die Ziellinie nach 9:45:01 Stunden und wies eine gemischte
Gruppe aus verschiedenen Nationalitäten auf.
Zurück im Hotel erwartete die Athleten eine Siegerehrung, sowie ein
reichhaltiges Buffet. |