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Kapitel 4: Der Rennsteiglauf findet Einzug in den Terminkalender |
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Mit der Veröffentlichung einer neuen Ausschreibung,
die den Zugang zum geplanten Rennsteiglauf deutlich vereinfachte und
nicht nur Angehörige der Hoch- und Fachschulen der DDR zu einer
100km Leistungswanderung zuließ, setzte zu Beginn des Jahres 1975
eine wahre Meldeflut ein. Vor allem Straßenläufer aus der ganzen
DDR, Skiläufer aus dem Thüringer Wald und Orientierungsläufer und
Bergsteiger gaben ihre Meldungen ab, sodass sich bald über 500
Teilnahmeinteressenten um einen Startplatz bemühten. Darunter war
auch ein Gerd Gutsmuths aus Langewahl, ein entfernter Nachfahre des
Namenspatrons. Prominente Leistungssportler wie der Olympiasieger
Christoph Höhne aus Berlin sagte sein Kommen an. Aus Erfurt meldeten
sich Siegfried und Dieter Herrmann mit ihrer Trainingsgruppe. Die
Weltklasserodlerinnen Ute Rührold und Margit Schumann meldeten für
die Frauen-Strecke des Rennsteiglaufes genauso wie die
Wintersportlerinnen des SC Motor Zella-Mehlis mit erfolgreichen
Nachwuchsläuferinnen Marlene Griebel (Scheler) und Karin Ullrich. Im
März 1975 erhielten der erfolgreiche Mittelstreckler Jürgen Haase
die Meldeeingangsnummer 1130 und gehörte damit schon zu den
Nachmeldungen. Ab den 1. März wurden Meldungen nur noch im
Ausnahmefall angenommen. Nicht angenommen wurden Meldungen aus der
BRD. So fragte Wolfgang Lückert aus Marburg an, welche Möglichkeiten
der Teilnahme bestünden. Der Direktor der Sektion Sportwissenschaft
der Jenaer Universität, der diesen Brief erhielt, vermerkt in einer
Notiz an den Meldechef Jens Wötzel, dass seineserachtens ein Start
nur im Rahmen der gegenseitigen Vereinbarungen zwischen dem DTSB und
dem DSB möglich wäre. Es sollte mit zentralen Stellen Rücksprache
genommen werden. Was auch erfolgte. Eine offizielle Rückinformation
gab es nicht. Lediglich der Hinweis, dass die Termine für einen
Sportleraustausch für das Jahr 1975 bereits beschlossen wären und
der Rennsteiglauf darin nicht enthalten wäre. Etwa zur gleichen Zeit
wurde der Gesamtleiter zu seinem Institutsdirektor bestellt, der ihm
eröffnete, dass er nicht mit einer Laufgruppe zum 100km-Lauf in die
Schweiz fahren dürfe. Erst eine Woche später kann er diesen Hinweis
zuordnen, als er einen scheinbar ungeöffneten Brief aus der Schweiz
erhielt, in dem Walter Tschiedel von der "Schweizerischen Veteranen
Vereinigung" Interesse an der Teilnahme am Rennsteiglauf bekundete
und gleichzeitig eine Gruppe von Läufern aus Jena in die Schweiz zum
100km Lauf nach Biel einlud.
Die Anmeldungen erhielten eine Vielzahl von Hinweisen und
Rückfragen, die alle vom Organisationsbüro in Jena beantwortet
werden mussten. So stellte Gustav Müller aus Schmiedefeld/R. neun
Fragen, darunter:
- Welches Training empfehlen Sie?
- Welche Bekleidung und Schuhwerk empfehlen Sie?
- Sind Zwangspausen vorgesehen?
Der 77 jährige Walter Dietrich aus Leipzig schrieb u. a: "Ich
mache meinen Gesundheitslauf schon vier Jahre lang 5 oder 10km jeden
Sonntag. Ist dies ausreichend für die Teilnahme?"
Der sich abzeichnende Organisationsaufwand brachte auch bisher
nicht geplante Kosten, die mit dem Startgeld von 8,- und 12,- Mark
nicht zu realisieren waren. Deshalb machte die HSG Uni Jena am 5.
März 1975 das Präsidium für Hoch- und Fachschulsport der DDR auf das
zu erwartende Minus von zirka 3000,- M bei der Finanzierung des
Laufes aufmerksam. Ein Antrag zur Erhöhung des vorgesehenen
Zuschusses von insgesamt 1000,- Mark wurde nicht bestätigt. Dies war
auch ein Grund, warum die Jenaer Organisatoren über 1000 sogenannte
"Bettelbriefe" an Betriebe in ganz Thüringen verschickten mit der
Bitte um Unterstützung. Die Resonanz war durchaus positiv. Es fanden
sich etliche Geld- und Sachspenden ein. So von der Forstwirtschaft
Suhl, die zwei rustikale Außenthermometer stiftete, das Antennenwerk
Bad Blankenburg eine Autoantenne, VEB Elektronik Gießübel 2 Stück
Netzteile, das Glasgerätewerk Neuhaus 6 Schwenker, 50 Kleiderbügel
kamen vom VEB Kleiderbügelwerk Giesübel, VEB Acosta Thal stiftete
einen Partygrill und ein Reglerbügeleisen usw.. Den höchsten
Geldbetrag stellte der Kalibetrieb "Merkers" mit 300,- M zur
Verfügung. Die Sachspenden wurde zum Großteil als Preise ausgegeben.
Die Geldspenden, in der Summe über 2000,- Mark veranlassten das
Organisationsbüro die geplante Notbremse, Einschränkungen von
Leistungen für die Teilnehmer, nicht zu ziehen.
So konnte dann am 9. Mai 1975, unter der Bezeichnung
"50-Meilen-GutsMuths-Gedenklauf" der 3. GutsMuths-Rennsteiglauf
gestartet werden. 811 Läuferinnen und Läufer kamen in Neuhaus ins
Ziel. Auf der Langen Strecke (Heuberghaus - Neuhaus 82 km) waren 692
Männer und 10 Frauen erfolgreich, auf der kurzen Strecke (Bahnhof
Rennsteig - Neuhaus 38 km) 108 Frauen und 1 Mann. In die
Mannschaftswertung (4 Läufer, die wie die Gründer 1973 die gesamten
82 km zusammen laufen wollten) kamen 62 Mannschaften. |
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Nach dem seit 1971 die verschiedenen Testläufe
gezeigt hatten, dass ein Lauf über eine Streckenlänge von fast 100km
auf dem Rennsteig erfolgreich absolviert werden kann. Stellten sich
die Akteure als nächste Aufgabe das Ziel diesen Lauf offiziell als
Wettkampf mit individueller Zeitnahme auszuschreiben. Da war nach
den Regeln des DTSB die Aufnahme in einen Terminkalender eines
Fachverbandes notwendig. Eine erste mündliche Anfrage beim
Leichtathletikverband brachte eine Ablehnung mit sich, da diese
Streckenlänge im Wettkampfsystem der DDR nicht existierte. Auf
einer Tagung in Obergneus im Sommer 1974 nahm die Fachgruppe
Orientierungslauf des Präsidiums für Hoch- und Fachschulsport eine
100 km-Wanderung in ihren Terminkalender 1975 auf. Den Vorschlag
hatte Hans-Georg Kremer unterbreitet, der zu dieser Zeit
Vorsitzender dieser Fachgruppe war. 100km Wanderungen waren nach
Vorbildern aus der CSSR bekannt und waren im Klassifizierungssystem
für Leistungswanderer anerkannt.
Um der Ausschreibung eine größere Wirkung zu geben wurden mehrere
überregionale Zeitungen, wie z. B. das "Deutsche Sportecho" und die
"Junge Welt" ob sie die Schirmherrschaft übernehmen. Da diese
Anfragen unbeantwortet blieben, wurde dann bei Thüringischen
Zeitungen angefragt und im November erklärten sich "Thüringer
Neueste Nachrichten" bereit, die Schirmherrschaft über den
Rennsteiglauf zu übernehmen.
Im gleichen Monat gelang es auch mit Herbert Weiß aus Heidersbach
bei Suhl, einen Orientierungs- und Skiläufer aus der Rennsteigregion
zu gewinnen, der bereit war, als Technischer Leiter bei der
Organisation der Veranstaltung mitzuwirken. Die Akteure aus Jena
kannten Herbert noch aus ihrem gemeinsamen Training in Weimar, wo er
studierte und als Übungsleiter im Orientierungslauf tätig war. Ihm
gelang es innerhalb kürzester, Zeit Sportgemeinschaften für die
Betreuung von Versorgungs- und Kontrollstationen an der
Neuhofswiese, dem Grenzadler, am Adler, am Bahnhof Rennsteig, in
Kahlert, an der Rennsteigwarte und in Limbach zu werben. Sie
forderten aber, dass sich die Veranstaltung aber nur lohnen würde,
wenn mehr als 100 Teilnehmer an den Start gingen. Die Jenaer
veränderten daraufhin die Ausschreibung. War die 100km
Rennsteigleistungswanderung bisher nur Angehörigen von Hoch- und
Fachschulen der DDR zugänglich, wurde sie jetzt auch für Gäste aus
anderen Sportverbänden der DDR geöffnet.
Auf Vorschlag von Prof. Dr. Willi Schröder wurde der Name
geändert in "50-Meilen GutsMuths- Gedenklauf". Der
Universitäts-Grafiker Klaus Hobrack entwickelte im Dezember 1974 das
Symbol des Rennsteiglaufes - ein grünes R mit nach rechts
umlaufenden Pfeil, bestehend aus vier Linien, das Laufen
symbolisierend. Den Bezug zur Meilenlaufbewegung, die seit 1971 von
den Sportjournalisten ins Leben gerufen worden war, erfreute sich
zunehmender Beliebtheit. Eine Meile entsprach der Meterzahl des
jeweiligen Jahres also für 1975 = 1975m, was bei 50 Meilen etwa 98km
entsprochen hätte. Vorgesehen waren drei Wertungsgruppen:
- A = mit Zeitnahme
- B = ohne Zeitnahme
- C = Frauen über eine eigene Strecke von 38km.
Um alle jetzt anfallenden Arbeiten bewältigen zu können, wurde
ein Organisationsbüro gebildet. Hatten bei den bisherigen Läufen im
Wesentlichen Hans-Georg Kremer und Wolf-Dieter Wolfram die Hauptlast
der Organisation getragen, gab es im neuen Organisationsbüro
folgende Aufgabenteilung: Schirmherr Prof. Dr. W. Schröder,
Gesamtleiter Dr. H.-G. Kremer, Technischer Leiter Herbert Weiß (SG
Beerberg Goldlauter), Transportverantwortlicher Wolf-Dieter Wolfram,
Meldechef Jens Wötzel, Streckenchef Walter Gutschalk (SG Beerberg
Goldlauter), Werbechef Klaus Hobrack, Übernachtungen Hans-Joachim
Römhild, Eröffnungsveranstaltung Erwin Schwarz, Zielort Neuhaus C.
Leidenfrost (DTSB-Kreisvorstand), Organisationszentrum am
Wettkampftage Salzmannschule Schnepfenthal, Sportpsychologische
Befragung Dr. Manfred Möller, und Bereichsleiter Medizin Dr. Jochen
Scheibe (wie alle Übrigen HSG Uni Jena). |
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Autor: Copyright Hans-Georg Kremer,
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