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Tipps von Prof. Wessinghage für Marathonläufer |
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Prof.
Wessinghage |
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Prof. Wessinghage zur richtigen
Vorbereitung, den Fehlern, aber auch den Gefahren
Marathon laufen - das ist
für viele Läufer entweder die pure Begeisterung oder eine Grenzerfahrung über
unglaublich lange 42,195 km. Die Veranstaltungen sind zum Magneten für
jährlich Hunderttausende weltweit geworden, der Marathon-Tourismus boomt. Prof.
Dr. Thomas Wessinghage, Chefarzt und Ärztlicher Direktor der drei Medical Park
Kliniken am Tegernsee und 5.000- Meter-Europameister von 1982, erläutert,
worauf die Läufer achten sollten und wie körperliche und mentale
Herausforderungen am besten gemeistert werden können.
Prof. Wessinghage zur Motivation: Der Wunsch nach Grenzerfahrung ist
vermutlich der häufigste Beweggrund, der Menschen heute zum Marathon führt.
Das Außergewöhnliche erfahren, erleben, bewältigen. Auch das mit einer
erfolgreichen Marathon-Teilnahme verbundene Sozialprestige gehört zu den am
meisten genannten Triebfedern. Und vielleicht auch der Wunsch vieler, im etwas
höheren Alter eine Sportart zu betreiben, bei der man nicht von vornherein auf
verlorenem Posten steht. Einen Marathon kann man auch im Alter von 50 Jahren
aufwärts sehr respektabel bewältigen. Und genießen.
Prof. Wessinghage zur Verwirklichung individueller Ziele: Der Marathon
bietet die an sich paradox erscheinende Situation, dass bis zu 50.000
(vermeintliche) Individualisten am Start stehen, die alle das gleiche Ziel
haben. Die gleichzeitig, quasi einem Herdentrieb folgend, einem gemeinsamen
Endpunkt entgegenstreben. Ein Lauf ganz allein durch die Straßen von Berlin, New
York oder London wäre etwas völlig anderes und mit dem alljährlichen
Großereignis in keiner Weise vergleichbar. Diese Erlebnisse sind es, die eine
archaische Bewegungsform auch in der modernen Cyber-Welt zum Mythos machen -
allen Mühen zum Trotz. Und den Individualisten in der Masse der Gleichgesinnten
untergehen lassen, ohne dass sich jemand daran stört.
Prof. Wessinghage zur richtigen Vorbereitung: Der erfolgreiche Marathon
beginnt lange vor dem eigentlichen Start - oft ein Jahr vorher oder sogar noch
früher. Je besser die Vorbereitung und je entspannter die Einstellung, desto
schöner werden am Ende das Erlebnis und die bleibenden Erinnerungen sein. Der
Anfänger sollte sich ein gutes Jahr Zeit lassen und die Vorbereitung
systematisch aufbauen. Nach einem Vierteljahr sollten 10 km ohne Pause
zurückgelegt werden können, nach einem halben Jahr ein Halbmarathon, nach
einem Dreivierteljahr dann 30 km. Ein ausreichend dimensioniertes Zeitfenster
gewährt ausreichend Spielraum, wenn nicht alles nach Plan läuft, wenn kleinere
Gesundheitsstörungen die Planerfüllung behindern oder berufliche Belastungen
dem umfangreichen Training phasenweise entgegenstehen.
Prof. Wessinghage zu Laufzeiten und Tunnelblick: Wenn ich Läufer auf
einen dieser großen Marathonläufe vorbereite, rede ich fast nie über konkrete
Laufzeiten, zumindest nicht freiwillig. Für jeden Läufer ist der erste
Marathon etwas ganz Außergewöhnliches in seinem Leben - und es ist natürlich
wunderbar, wenn er es schafft, dieses besondere Erlebnis zu einem
außergewöhnlich schönen Erlebnis zu machen. Dieser Erfolg ist unabhängig von
der gelaufenen Zeit, er wird vielmehr von tausenden Eindrücken unterwegs
geprägt. Deswegen rate ich jedem, lieber etwas langsamer zu sein und die
Umgebung, die Atmosphäre, die Zuschauer in sich aufzunehmen. Es wäre schade,
nur mit Tunnelblick bis ins Ziel zu laufen und sich vor allem mit den eigenen
Schmerzen und Unzulänglichkeiten auseinander zu setzen.
Übrigens: keine Angst vor
einer kleinen Pause, wenn der Bewegungsapparat mal streikt oder ein kleines
Leistungstief überwunden werden muss. Eine Gehpause oder Dehnübungen zur
Linderung können Wunder wirken. Wenige Minuten später geht es oft schon viel
besser.
Prof. Wessinghage zu gesundheitlichen Risiken: Bislang wissen wir immer
noch nicht ganz genau, wie gewisse Veränderungen von Blutwerten zu
interpretieren sind.
Diese können in nahezu
identischer Form beim Marathon aber auch bei Schädigungen des Herzens
auftreten. Sind sie für den Marathonläufer völlig unbedenklich oder
signalisieren sie, dass der Mensch eine Grenzsituation betritt, die langfristig
gesehen gesundheitlich problematisch sein könnte? Ganz sicher sind sich die
Fachleute noch nicht. Das gesundheitliche Risiko läuft beim Marathon ohnehin
immer latent mit. Dabei spielt nicht nur die Laufdistanz, sondern auch die
Persönlichkeitsstruktur des Läufers eine entscheidende Rolle: Wie geht man mit
Ermüdung, Schmerzen oder den Anzeichen einer drohenden Gefahr um (Unwohlsein,
Schwindel, Kopfschmerz)? Verdrängt man die Symptome oder hat man genug
Zivilcourage das Tempo zu reduzieren oder gar stehen zu bleiben? Also gilt ganz
plakativ: Marathon nur für Gesunde! Wer nicht gesund ist, darf nicht laufen.
Die nächste Veranstaltung kommt bestimmt!
Prof. Wessinghage zu den
größten Fehlern: Der größte Fehler - gerade auch für den
Marathon-Einsteiger - ist es, sich zu stark unter Zeitdruck zu setzen. Ein zu
hohes Tempo zu Beginn kann den ganzen Marathonlauf verderben, zu vorzeitiger
Erschöpfung führen und auch das Risiko der möglichen, unerkannten Krankheiten
erhöhen. Kategorisch empfehlen wir jedem Marathonläufer, sich vor Beginn der
Vorbereitung sportmedizinisch untersuchen zu lassen, ganz egal, ob er schon
sportlich aktiv oder ein echter Anfänger ist. Viele der unschönen Ereignisse
(bis hin zu Todesfällen), über die bei Marathonveranstaltungen berichtet
werden musste, sind auf unzureichende medizinische Voruntersuchungen
zurückzuführen. Der zweite Faktor sind die dem Läufer zwar bekannten, aber
verdrängten Erkrankungen. Wenn beispielsweise ein Läufer am Tag vor dem Rennen
noch etwas Fieber hatte, das am Wettkampftag aber wieder abgeklungen ist. Im
Glauben, dass schon alles gut gehen werde, tritt er zum Marathon an, ist dann
aber unterwegs nicht mehr vollständig Herr seiner Entscheidungen. Der Reiz des
Wettkampfs gewinnt die Oberhand, er investiert zu viel - und bekommt dadurch
gesundheitliche Probleme, die lebensbedrohlich sein können. Wenn sich die
Läufer in solchen oder ähnlichen Situationen nur ein bisschen vorsichtiger
verhalten würden, wäre schon enorm viel
Über Prof. med. Thomas
Wessinghage
Ärztlicher Direktor und Chefarzt Orthopädie und Sportmedizin in den
Medical Park Kliniken St. Hubertus und Am Kirschbaumhügel (Fach- und
Privatklinik) in Bad Wiessee am Tegernsee. Facharzt für Orthopädie,
Physikalische und Rehabilitative Medizin, Sportmedizin. Prof. (DHfPG) Dr. Thomas
Wessinghage stammt aus dem westfälischen Hagen. Nach Studium und Dienst als
Stabsarzt bei der Bundeswehr absolvierte er Assistenzzeiten in orthopädischen
und chirurgischen Abteilungen in Deutschland und den USA. Im Anschluss an seine
Promotion leitete er als Facharzt für Orthopädie eine Tagesklinik bei Hamburg.
Anschließend ging er als Ärztlicher Direktor in eine Klinik ins Saarland, dann
nach Schleswig-Holstein. Zudem ist er Prorektor für Hochschulentwicklung und
Transfer an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement
in Saarbrücken. Zu seinen wissenschaftlichen Arbeiten zählen Untersuchungen
über die Entwicklung präventivmedizinischer Produkte sowie zur Bewegung als
Voraussetzung zur Prävention von Übergewicht bei Kindern der Altersstufen von
elf bis zwölf Jahren. Der ehemalige Olympionike und Bestsellerautor hält
zahlreiche anerkannte Fachvorträge und Seminare zu den Themen Gesundheit,
Bewegung, Laufen, Motivation und Ernährung.
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Autor und Copyright: Detlev Ackermann, Laufen-in-Koeln
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