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Claudia Maria Henneken berichtet über ihren Lauf beim 20. Köln-Marathon
 
 
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06.10.2016  

 
 

Claudia Maria Henneken (rechts) ist Kölnerin und wurde 3. Siegerin beim 20. Köln-Marathon

 
Die 3. Siegerin des 20. Köln-Marathon Claudia Maria Henneken berichtet:
 
Kölnmarathon: Wenn ein Traum in „verkehrter Welt“ in Erfüllung geht
 
Am 2. Oktober stand ich zum neunten Mal beim Kölnmarathon am Start. Nach sieben Starts als Speedskaterin nun zum zweiten Mal als Läuferin.
 
Die Vorbereitung auf den Lauf gestaltete sich schwierig, der September vollgepackt mit Skaterennen: Deutsche Marathon Meisterschaft in Bielefeld, German Road Challenge in Regensburg, German Inline Cup in Prag und als Höhepunkt des Jahres der World Inline Cup in Berlin. Aber Laufen kann man ja im Gegensatz zum Skaten überall. Im Urlaub auf Kreta 30km bei 30°, nach dem Halbmarathon in Prag noch 35km zu Fuß im Park weitergelaufen oder abends nach der Arbeit auf dem Laufband im Fitnessstudio. Mit 30 Laufeinheiten von Intervallen bis hin zu 35km-Läufen war ich gut auf Köln vorbereitet und wollte die 3 Std. knacken. Aber dann kam es, wie es so oft kommt, … die ganze Saison gesund geblieben und nach dem letzten Rennen in Berlin, dann krank…
 
Meine Gedanken: Warum nicht eine Woche später? Ich hab doch noch einen Marathonlauf vor mir. Aber egal, das Beste draus machen und versuchen bis Sonntag wieder gesund zu werden. Tapering in Form von Nasenspülungen und Halsbonbons - eine ganz neue Form der Vorbereitung, aber wirksam.
 
Am Sonntag ging es mir besser und ich entschied mich zu starten. Mit dem Fahrrad ging es nach Deutz in den Startbereich. Erstmal die Eigenverpflegung am Auto abgeben und den Kleiderbeutel zum LKW bringen. Dann Aufwärmen und ab in den Startblock. Ich entschied mich, alles auf eine Karte zu setzen und stellte mich zur 3 Std. Gruppe. Dann der erste Schock als ich mich beim Pacemaker nach seinem Plan erkundigte „1:28 Std. auf der ersten Hälfte“ ach du scheiße… ich wollte nicht auch noch eine HM Bestzeit aufstellen und dachte es sei besser die erste Hälfte langsamer zu laufen als die zweite, aber es gab 3 Pacemaker zur Auswahl. Also habe ich mich schnell zu einem der anderen gestellt.
 
Kurz nach 10 Uhr fiel dann der Startschuss und jede Menge Konfetti. Dadurch dass ich in diesem Jahr weit vorne stand entfiel das Zickzack laufen auf dem ersten Kilometer und die Pace war schnell, eigentlich zu schnell, 4:10min/km und mir war kalt. Bei km 3 bekam ich schon Probleme mit Seitenstechen und war der Verzweiflung nahe, auf die Atmung konzentriert lief ich trotzdem weiter und nach der ersten Verpflegungsstelle ging es mir wieder gut. Die Eigenverpflegung war dank „Happy Meal“ Fahnen gut zu finden, sie stand zwar in der dritten Reihe, aber ich habe es geschafft sie im Laufen zu angeln.
 
Beruhigt, dass die Eigenversorgung klappt, lief ich weiter mit der 3 Std. Gruppe zurück Richtung Innenstadt. Am Neumarkt war ich warm und das Tempo fühlte sich locker an. Weiter ging es Richtung Uni durch den Tunnel, Luxemburger Str. herum und wieder zurück zur Uni, nochmal durch den Tunnel. Mittlerweile hatte ich die Info von den Zuschauern bekommen das ich die 5. Frau sei. Wie krass, unter die ersten 5 zu laufen, das wäre mega geil, dachte ich. Die 3 Std. Gruppe war derweil auf eine angenehme Größe zusammen geschrumpft. Mein nächster Streckenpunkt „zu Hause“ Aachener Str./Melaten war mittlerweile auch abgehakt. Weiter zum Rudolfplatz und dann ist schon Halbzeit. Auf der Aachener Str. gab es dann auch erstmals Gegenwind, aber die Männer der Gruppe waren Gentlemen und boten reichlich Windschatten. Nachdem ich die Halbmarathonmarke überquert hatte und es mir super gut ging, dachte ich zum ersten Mal darüber nach, dass ich es wirklich schaffen könnte mit einer Zeit unter 3 Std. ins Ziel zu laufen. Völlig euphorisch teilte ich dies auch meinem Freund am Streckenrand mit. Die Vogelsanger und Venloer Str. entlang lief es noch super. Bei Km 28 überholten wir eine Frau die mit Begleitfahrrad am Rand stand. Ich realisierte das gar nicht, aber der Pacemaker meinte: jetzt sind nur noch 3 Frauen vor dir. Na prima, Vierte, aber Hauptsache unter 3 Std. bleiben. Wir näherten uns mit km 30 der Stelle an der ich im vergangenen Jahr die 3:15 Std. Gruppe ziehen lassen musste. Mein rechter Oberschenkel fing an zu krampfen seitlich außen und ich versuchte beim Laufen immer mal wieder drauf zu klopfen, aber es half nichts. Egal, immerhin siehst du dieses Jahr noch was, im letzten Jahr hatte ich beim 27,5 km die Verpflegungsstelle verpasst und bin halbblind in die Staffelwechselzone bei km 30 gelaufen, um mir was zu trinken zu organisieren. An der Gruppe dranbleiben, die Beine laufen noch, dachte ich. Mein Freund fuhr derweil wie der Henker auf dem Gehweg neben mir her und brüllte irgendwas von … jetzt sind es nur noch 10km. Wir liefen wieder auf die Amsterdamer Str. meinem persönlichen Horror-Streckenabschnitt. Auf der einen Seite hinlaufen und auf der anderen wieder zurück. Im Kopf fing ich an die Kilometer bis zum Ziel rückwärts zu zählen noch 8 km. Nur noch 8 im Vergleich zu dem was hinter mir liegt, ein Witz. Bei der nächsten Verpflegungsstelle dann Chaos bei der Eigenverpflegung. Die Flaschen am Boden und kein Happy Meal zu sehen. Egal, weiterlaufen. Mittlerweile krampfte auch mein anderer Oberschenkel links außen und bei km 36 zog die 3h Gruppe langsam davon. Als die Gruppe dann weg war dachte ich nur, scheiße, jetzt stehst du alleine im Wind. Langsam lief ich weiter, ich kam mir vor wie eine Schnecke, am Ebertplatz km 38 dann endlich ein Verpflegungsstand mit „Happy Meal“ und ein paar bekannte Gesichter die mich anfeuerten. Noch 4km bis zum Ziel. Warum sind die Ringe so lang, die sind doch sonst kürzer, Ok, meist bin ich mit dem Rad unterwegs aber sooooooo weit bis zum Rudolfplatz. Es zog sich wie Kaugummi. Ein Clown begleitete mich ein paar Meter und die Zuschauer riefen meinen Namen. Als ich die 40km Marke passiert hatte blickte ich auf die Uhr: noch 8min bis 3h. Eigentlich machbar, sprach das Hirn, wir wollen nicht, sprachen die Beine, es ist keine Frau weit und breit da. Platzierung halten, sprach der Verstand. Weiter ging es Richtung Neumarkt ein Läufer zog an mir vorbei und sprach: „Komm mit, häng dich dran“ aber ich war platt. Am Neumarkt die letzte Verpflegungsstelle, ein paar bekannte Gesichter und schwupps an der Eigenverpflegung vorbeigelaufen noch mal ein paar Meter zurück Flasche schnappen Wasser rein und den Rest übern Kopf. Die Hohe Straße runter lief es dann wieder etwas besser und dann Zieleinlauf 3:02:50 Std. neue Bestzeit 19min schneller als im letzten Jahr.
 
Im Ziel bekam ich ein Bändchen umgehangen und ich hab ich mich erstmal völlig erledigt hingelegt. Der Pacemaker der 3h Gruppe kam dann zu mir und erkundigte sich wie es mir geht und ob ich den vierten Platz noch gehalten habe. Ich hatte keine Ahnung, aber dann fiel der Blick auf den Zettel den sie mir umgehängt hatten und dort stand 3. Siegerin drauf. Ich war völlig überrascht, wollte zu meinem Verlobten laufen wir hatten einen Treffpunkt ausgemacht. Doch dann kam er angehuscht, mein Schatten (Dopingkontrolle). Nicht schon wieder dachte ich, ich habe doch keine Zeit, ich will zu meinem Freund, Quarkbällchen essen, meinen Kleiderbeutel abholen, Duschen, zur Massage und dann zu Björn Heuser in die Lanxess Arena. Aber nein nix von alledem, erstmal kommen sie jetzt zur Siegerehrung. Ähm ne, mir ist kalt ich bin pitschnass habe literweise Wasser über meinen Kopf gegossen und möchte zu meinem Freund, der da oben steht. Da durfte ich dann schnell hin und er durfte dann auch zu mir reinkommen. Glücklicherweise hatte er noch eine Jacke und Zipphose im Rucksack die ich erst im Startblock ausgezogen hatte und die ich schnell über die nassen Sachen drüberziehen konnte.
 
Siegerehrung, so langsam realisierte ich, was da passierte.
 
Der Kölnmarathon war 2007 mein erster Skatemarathon. Seit Beginn meines Studiums in Köln und dem Wechsel vom Rollkunstlauf zum Inlinespeedskaten, war es ein großer Traum von mir einmal bei meinem Heimrennen auf dem Siegerpodest zu stehen. Das war mir leider nicht vergönnt und seit 3 Jahren sind die Skater aus dem Programm rausgenommen.
 
Jetzt stand ich also da oben, am Ziel meiner Träume, als Speedskaterin vom SSC Köln auf dem Podest beim Kölnmarathon. Ganz oben eine Kenianerin. Beim Skaten stehen dort eher Kolumbianer, völlig verkehrte Welt. Der Moderator war auch noch nicht ganz in der Spur. Machte aus der Zweitplatzierten Leichtathletin eine Inlineskaterin, diese fand das gar nicht witzig krabbelte auf allen Vieren auf das Podest und meinte das die Dritte die Skaterin sei. Den Vogel schoss dann unsere Oberbürgermeisterin ab, als sie sich erkundigte ob mein Aufenthalt in Köln zu meiner Zufriedenheit verlaufen sei und es mir gefallen hätte. Mit einem breiten Grinsen sagte ich, dass ich in Köln wohne und es mir hier durchaus gefalle. Das Beste an der Comedyshow waren aber die Preise. Es gab eine Finishermedaille und einen Strauß Blumen. Mein Manager hatte es versäumt, im Vorfeld ein Preisgeld mit dem Veranstalter auszuhandeln, für den Fall das ich auf das Siegerpodest laufe. Aber vielleicht kommt ja doch noch was im Nachgang...
 
Nach der Siegerehrung fing dann Marathon 2.0 an. Man gewährte mir zwar Zugang zum Topathletenzelt. Aber das einzige was es dort für mich zu holen gab war eine Rettungsdecke zum Wärmen und eine Banane. Wasser gab es auch, aber leider nur ohne Kohlensäure. Also ab zur offiziellen Verpflegungsmeile, ich hatte mich so auf die Quarkbällchen gefreut und es gab sie haufenweise, leider konnte ich mir nur im Vorbeigehen eins in den Mund stopfen, denn ich musste ja weiter ins Hotel zu Dopingkontrolle. Der Schatten an meiner Seite wollte auch keine Zeit verlieren. Vermutlich ahnte ich es bereits, denn ich ging noch schnell am Wasserstand vorbei und fragte, ob man mir 2 Flaschen Wasser mit Kohlensäure mitgeben könnte, ich müsse zur Dopingkontrolle. Mitgeben durfte man mir die Flaschen nicht, aber umfüllen in meine eigene, das ging. Danach weitermarschieren zur Kleiderbeutelausgabe. In Köln sind die Wege lang und ohne Skates noch länger und mit 42,195km in den Beinen erst recht. Dort angekommen dann erstmal Ernüchterung: jetzt habe ich zwar Beutel und Sachen, aber Duschen und Massage erst nach der Dopingkontrolle. Und wieder zurück marsch marsch zum Friesenplatz ins Hotel. Langsam hatte ich die Nase voll als ich dann auch noch vor einer Wendeltreppe stand die in den Keller führte dachte ich ernsthaft, ich spinne, aber nein runter marsch marsch, Aufzug gab es nicht. Ohne Nahrung aber mit viel Wasser im Bauch war die Kontrolle um 15:45 Uhr endlich abgeschlossen.
 
Für Dusche und Massage blieb jetzt auch keine Zeit mehr, denn wir wollten endlich was Essen und um 18 Uhr zu „Kölle singt“ in die Lanxess Arena. Beim Mitsingkonzert mit Björn Heuser fand der ereignisreiche Tag dann gemeinsam mit Freunden und kölschen Liedern einen schönen Ausklang.




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Autor und Copyright: Claudia Maria Henneken für Laufen-in-Koeln

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