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Wie Schrittzahlmesser den Spaß am Sport beeinflussen |
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Die Chemnitzer Psychologin
Christiane Attig hat untersucht, ob und wie Activity Tracker die
Sportmotivation beeinflussen |
TU-Forscherin Christiane Attig und Prof. Dr. Thomas Franke haben untersucht,
ob und wie Activity Tracker die Sportmotivation beeinflussen
Falls Sie einen Activity
Tracker benutzen, kennen Sie vielleicht folgende Situation: Sie gehen ihren
üblichen Weg zur Arbeit, möchten dort die Treppe nehmen und ein paar zusätzliche
Schritte sammeln und merken dann, dass Sie Ihren Tracker zu Hause vergessen
haben. Was jetzt? Trotzdem die Treppe nehmen, obwohl die zusätzlichen Schritte
nicht durch den Tracker erfasst werden? Oder dann doch den Aufzug, weil die
zusätzlichen Schritte ja nicht elektronisch verbucht werden?
Diese und ähnliche Fälle haben
Christiane Attig, Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur für
Allgemeine und Arbeitspsychologie des Instituts für Psychologie der Technischen
Universität Chemnitz, und Prof. Dr. Thomas Franke, Inhaber der Professur für
Ingenieurpsychologie und Kognitive Ergonomie am Institut für Multimediale und
Interaktive Systeme der Universität zu Lübeck, untersucht. Konkret gingen sie
der Frage nach, ob Activity Tracker eine Art Abhängigkeit erzeugen können, die
sich zum Beispiel dann zeigt, wenn man den Tracker vergessen hat. Außerdem
untersuchten sie, ob diese Abhängigkeit für bestimmte Nutzer oder Nutzerinnen
stärker ausgeprägt ist als für andere.
Einfluss des Activity Trackers auf die Motivation
"Inspiriert wurde die Studie
durch eigene Erfahrungen ich selbst habe lange Zeit einen Activity Tracker
getragen und zunehmend gemerkt, wie ich den Spaß an der Bewegung verlor und
stattdessen gewisse Aktivitäten nur durchgeführt habe, damit ich ein schönes
Ergebnis auf meinem Tracker sah", berichtet Christiane Attig. Dieses Verhalten
habe sie an einen bekannten Effekt aus der Sozialpsychologie erinnert: "Der
Korrumpierungseffekt besagt, dass eine primär intrinsische Motivation für eine
Tätigkeit durch externe Belohnungen abgemindert werden kann." Im Falle der
Trackernutzung bedeute das: "Wenn ich für eine sportliche Aktivität, die mir
Spaß macht, durch das positive Tracker-Feedback zusätzlich belohnt werde, dann
kann das dazu führen, dass ich die Aktivität eher als Arbeit empfinde und
folglich weniger Spaß habe. Fällt dann die Belohnung des Trackers weg, kann eine
Aktivitätsreduktion die Folge sein."
Um zu untersuchen, ob
Motivationsverluste durch Activity Tracker tatsächlich in der alltäglichen
Nutzung vorkommen, konzipierten Attig und Franke eine Online-Studie, in der die
Befragten gebeten wurden, sich in Situationen wie die eingangs geschilderte
hineinzuversetzen und einzuschätzen, ob sie sich für ein weiterhin aktives
Verhalten oder eine Aktivitätsreduktion entscheiden würden. Zusätzlich wurden
neben dieser Auswirkung einer Abhängigkeit auf der Verhaltensebene auch mögliche
Folgen im emotionalen oder kognitiven Bereich erfasst. "Denkbar war für uns
auch, dass die Gedanken immer wieder darum kreisen, ob der Tracker die Aktivität
gerade korrekt aufzeichnet oder dass man am Ende des Tages enttäuscht ist, wenn
das Tracker-Feedback nicht den Erwartungen entspricht", erklärt Franke.
Abhängigkeitseffekt bestätigt
Die Ergebnisse der Studie legen
nahe, dass Tracker-Nutzer und -Nutzerinnen den Abhängigkeitseffekt durchaus aus
ihrem Alltag kennen allerdings nicht der Großteil der Nutzenden. Etwa 18
Prozent der Befragten gaben an, eher zu weniger Aktivität zu tendieren, wenn sie
ihren Tracker nicht tragen. Enttäuschung bei negativem Tracker-Feedback und eine
starke gedankliche Beschäftigung mit dem Tracker gaben rund 48 Prozent der
Befragten als bekannt an. "Die Trackernutzung muss sich nicht negativ auf die
Motivation auswirken, sich aktiv zu bewegen. Motivationsverluste werden aber
wahrscheinlicher, wenn man ohnehin weniger Spaß am Sport empfindet, Sport aus
extrinsischer Motivation heraus macht etwa um Gewicht zu verlieren oder fitter
zu werden und wenn man den Tracker nicht aus reinem Interesse an den Daten
nutzt", so Franke. Die Forschenden folgern daraus, dass Motivationsverluste
nicht zwingend auf den Korrumpierungseffekt zurückgehen müssen, dass es aber ein
denkbarer Mechanismus für die nachlassende Lust zum Sport sein könne.
Aktivität um ihrer selbst willen
Und was bedeutet das für
Nutzende wie Hersteller von Activity Trackern? "Wenn man merkt, dass man
vielleicht ein bisschen zu häufig daran denkt, ob der Tracker auch alle Schritte
erfasst hat oder denkt, dass sportliche Aktivitäten umsonst waren, wenn sie
nicht korrekt erfasst wurden, dann könnte es helfen, sich klar zu machen, dass
man die Aktivtäten letztlich immer für sich selbst ausführt", erklärt Attig.
Tracker sollten demnach so gestaltet sein, dass das Feedback die Autonomie der
Nutzer und Nutzerinnen stärkt. Sie sollten außerdem den Spaß an der Bewegung
vermitteln, unabhängig von der Schrittzahl auf dem Display.
Im Rahmen einer Folgestudie
möchten die beiden Psychologen untersuchen, ob der Abhängigkeitseffekt auch dazu
führen könnte, dass Nutzende ihren Activity Tracker überhaupt nicht mehr
verwenden. "Tracker haben ein großes Potenzial, Menschen zu mehr Alltagsbewegung
zu motivieren, um beispielsweise Übergewicht und kardiovaskulären Erkrankungen
vorzubeugen. Um dieses Potenzial optimal auszunutzen, ist es wichtig zu
verstehen, welche psychologischen Auswirkungen Activity Tracker haben können
positiv wie negativ", so Attig. Die Frage, ob Treppe oder nicht, wird dann nicht
mehr so schwer zu beantworten sein.
__________________________________
Autor und Copyright: Matthias Fejes Pressestelle und Crossmedia-Redaktion
Technische Universität Chemnitz
Foto: Lili Hofmann
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