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Ausdauersport verlangsamt das Fortschreiten der Parkinson-Erkrankung |
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Ausdauersport verlangsamt das Fortschreiten der Parkinson-Erkrankung - Studie
klärt den zugrundeliegenden Mechanismus
Eine aktuelle Studie zeigt:
Ausdauersport verbessert die funktionelle und strukturelle Plastizität der für
die Planung, Ausführung und Kontrolle von Bewegungen zuständigen Hirnregionen
und wirkt so dem Abbau motorischer und kognitiver Funktionen bei Morbus
Parkinson entgegen. Die Daten liefern erstmals einen Erklärungsansatz für den
zuvor in Studien beobachteten positiven Effekt des aeroben Trainings auf das
Fortschreiten der motorischen Symptome dieser häufigen neurodegenerativen
Erkrankung, von der in Deutschland etwa 400.000 Menschen betroffen sind.
Ende 2019 zeigte die "Park-in-Shape"-Studie,
eine randomisierte Studie aus den Niederlanden: Regelmäßiges aerobes Training,
das auf dem Ergometer zu Hause regelmäßig praktiziert wird, kann die
Verschlechterung motorischer Defizite bei Menschen mit Parkinson-Erkrankung im
Frühstadium deutlich verlangsamen [2] - wir berichteten [3]. Ein regelmäßiges
Stretching hingegen hatte diesen Effekt nicht. Zwischenzeitlich haben auch
andere Studien den positiven Effekt des regelmäßigen Ausdauertrainings (=aerobes
Training) auf die motorischen Parkinsonsymptome bestätigt. "Wir können von einer
hohen klinischen Evidenz ausgehen und raten Betroffenen, die mit der Diagnose
Parkinson konfrontiert werden, daher immer zu regelmäßigem Ausdauersport",
erklärt Prof. Lars Timmermann, Marburg, stellvertretender Präsident der
Deutschen Gesellschaft für Neurologie und Direktor der Klinik für Neurologie des
Universitätsklinikums Marburg (UKGM), wo er auch das Parkinson-Zentrum leitet.
Warum sich aber das
Ausdauertraining positiv bei Patientinnen und Patienten mit Morbus Parkinson im
Frühstadium auswirkt, die motorischen Symptome lindern und in ihrer Progression
verlangsamen kann, also welche Mechanismen dahinterstehen, blieb bislang
ungeklärt. Die niederländische Arbeitsgruppe ging dieser Frage nach und hat nun
erste Ergebnisse publiziert [1]. Sie untersuchte, welche funktionellen und
strukturellen Veränderungen das regelmäßige Ausdauertraining im
kortiko-striatalen sensomotorischen Netzwerk, das im Zusammenhang mit den
motorischen Parkinsonsymptomen wie Tremor oder Muskelsteifigkeit steht,
herbeiführt. Außerdem untersuchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler,
inwieweit sich das Training auf die Gewebsintegrität der Substantia nigra
auswirkt, in der u.a. die Planung und Ausführung von Bewegungen geregelt werden
- eine Funktion, die bei Parkinson-Betroffenen gestört ist -, und ob der
Ausdauersport die kognitive Kontrolle von Bewegungen verbessern kann.
Um diesen Fragen nachzugehen,
wurden aus den 130 Teilnehmerinnen und Teilnehmern der "Park-in-Shape"-Studie
zufällig, ohne dass bestimmte Auswahlkriterien zugrunde lagen, 56 genauer
untersucht (25 aus der Ausdauersport-Gruppe, 31 aus der Stretching-Gruppe). Zum
Studieneinschluss und nach sechs Monaten wurden bei jeder/jedem der 51 Personen
eine funktionelle Magnetresonanztomographie durchgeführt und die Befunde mittels
Voxel-basierter Morphometrie (VBM) ausgewertet, der Grad der Hirnatrophie
erfasst, sowie freies Wasser im hinteren Teil der der Substantia Nigra.
Unmittelbar nach dem MRT-Scan mussten die Teilnehmenden eine validierte Aufgabe
zur Überprüfung des okulomotorischen und kognitiven Zusammenspiels durchführen:
Sie wurden gebeten, einen farbigen Punkt zu fixieren und je nach dessen Farbe
einen Sakkade (=rückartige Augenbewegung) zu oder weg von einem Zeichen im
Hintergrund durchzuführen. Außerdem wurden verschiedene klinische Tests zur
Bewertung der kognitiven Funktion (MOCA-Test), der motorischen Symptome und der
Aufmerksamkeitsleistung durchgeführt.
Im Ergebnis zeigte sich, dass
Ausdauertraining zu einer stärkeren funktionellen Vernetzung zwischen vorderem
und hinterem Putamen und dem sensomotorischen Kortex führt. Das Putamen ist ein
Teil der grauen Substanz, welcher für die Kontrolle von Bewegungsabläufen
zuständig ist. Die Fehlerrate im oben beschriebenen okulomotorischen Test war in
der Ausdauersportgruppe signifikant geringer, d.h. die Fähigkeit zur kognitiven
Kontrolle von (ungewollten) Bewegungen höher. Darüber hinaus beschrieb das
Forscherteam bei den Ausdauersporttreibenden eine stärkere funktionelle
Vernetzung im rechten frontoparietalen Netzwerk, die mit der Verbesserung des
Fitnessgrads korrelierte, und einen geringeren Grad der Hirnatrophie.
"Ausdauersport hat also eine
messbare Wirkung auf das Gehirn. Indem er die funktionelle und strukturelle
Plastizität der für die Planung, Ausführung und Kontrolle von Bewegungen
zuständigen Hirnregionen verbessert, kann er dem Abbau motorischer und
kognitiver Funktionen bei Morbus Parkinson entgegenwirken", erklärt Professor
Timmermann.
"Ausdauersport erweist sich als
wichtige symptomatische Behandlungsmaßnahme bei Morbus Parkinson und muss Teil
der medizinischen Versorgung der Betroffenen sein. Die Patientinnen und
Patienten sollten von den behandelnden Ärztinnen/Ärzten oder den
Parkinson-Nurses konsequent zum Training motiviert und angeleitet werden",
ergänzt Prof. Dr. Peter Berlit, Generalsekretär der DGN.
[1] Johansson ME, Cameron IGM,
van der Kolk NM et al. Aerobic exercise alters brain function and structure in
Parkinson's disease a randomized controlled trial. Ann Neurol. 2021 Dec 24. doi:
10.1002/ana.26291. Epub ahead of print. PMID: 34951063.
https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/ana.26291
[2] Van der Kolk NM et al.
Effectiveness of home-based and remotely supervised aerobic exercise in
Parkinson's disease: a double-blind, randomised controlled trial, Lancet Neurol.
2019 Nov 19; 18: 998?1008, Published Online September 11, 2019,
http://dx.doi.org/10.1016/S1474-4422(19)30285-6
[3]
https://dgn.org/presse/pressemitteilungen/das-fortschreiten-von-der-parkinson-er...
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Autor und Copyright: Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V.
Foto: Pixabay
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