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Über sieben Brücken musst Du gehen,
heißt eines der zum Kult avancierten Lieder von Deutsch-Rocker Peter Maffay. In
Läuferkreisen lässt sich der Song mittlerweile auch singen, allerdings mit
leicht modifiziertem Refrain: Über sieben Berge musst Du laufen. Wenn Mann und
Frau denn beim Drachenlauf durch das Siebengebirge ins Ziel kommen wollen. Der
ist zwar noch längst nicht so bekannt wie das Maffay-Lied. Doch nach nur drei
Auflagen hat die Veranstaltung bereits jetzt schon Kultstatus. Was ist schon
der Ironman? Wer was auf sich hält, muss Drache werden, sagte einer Teilnehmer
kurz vor dem Start und erntete dafür lebhaften Zuspruch unter den Sportlern.
Sie ahnten es alle, die über 502
Aktiven im Starbereich am Sportpark von Thomasberg, dass Großes bevorsteht und
sie heute jeder für sich zum Helden werden konnten. Vorausgesetzt, sie
erreichten das Ziel, und das war alles andere als einfach. Rund 27 Kilometer
ging es durch den Naturpark Siebengebirge, der nur deshalb so heißt, weil von
den über 300 Erhebungen eben sieben besonders hervorragen. Diese sieben Berge
mussten ebenso überlaufen werden wie auch zahlreiche kleinere Hügel und
Steigungen. Ein Lauf mit insgesamt Tausend Metern Höhendifferenz. Übrigens: Eine
Brücke gab es auch, die so genannte Seufzerbrücke, und so manch ein Teilnehmer
tat auf ihr sicherlich einen schweren Seufzer, obwohl zu diesem Zeitpunkt erst
einer von fünf dramatischen Aufstiegen bewältigt war.
Schon dieser erste Anstieg kurz nach
dem Start hatte es so richtig in sich. Einer von drei Bergen der ersten
Kategorie mit bis zu 20 Prozent Steigung, fast drei Kilometer lang hinauf auf
den Ölberg, den höchsten Gipfel des Siebengebirges. Der Veranstalter empfiehlt
hier bei der Streckenbeschreibung auf seiner Internet-Seite durch eine kurze
Gehpause wertvolle Kräfte zu sparen. Zwar gibt es noch den Hinweis, dass dies
das steilste Stück der gesamten Strecke ist. Doch wer glaubt, dass die
restlichen 23 Kilometer nun einfacher werden, unterliegt einer trügerischen
Hoffnung.
Schon wenige Kilometer später gibt es
die nächste Schwierigkeit. Kurz hintereinander folgen zwei lange Steigungen,
insgesamt fast fünf Kilometer lang zwischen sechs und 23 Prozent. Im
Schlussabschnitt dieser Anstiege, hinauf zur Löwenburg, läufst es sich dann nur
noch auf Zehenspitzen oder gar nicht. Die Naturböden mit den dicken Wurzeln und
herausragenden klobigen Steinen kosten zusätzlich Kraft. Ein falscher Tritt
würde den freien Fall in den steil abfallenden Hang bedeuten. Kleine
Motivationshilfe: Danach geht es vier Kilometer angenehm bergab durch den
dichten Wald des Naturparks - vor Wildschweinen sei an dieser Stelle
ausdrücklich gewarnt. Anschließend geht es auf den Drachenfels, der wohl
bekannteste Berg des Siebengebirges, wegen der vielen Besucher aus dem
Nachbarland auch als meistbestiegener Berg Hollands geadelt. Nur einen kurzen
Augenblick haben die Läufer beim Überqueren der Panoramaterrasse Zeit, um den
überwältigenden Blick auf das Rheintal, der an diesem goldenen Herbstsonntag mit
Temperaturen um die 20 Grad besonders erhebend war, zu erhaschen. Denn
unmittelbar danach folgt ein fast zwei Kilometer langer spektakulärer, steiler
und darob höchst gefährlicher Lauf talwärts.
Kaum am Scheitelpunkt angekommen, geht
es schon wieder leicht bergauf und jetzt erst kommt es wirklich ganz dick. Du
läufst auf eine Wand zu, den Petersberg. Majestätisch und Furcht erregend
zugleich erhebt sich der gewaltige Berg. Ein kleiner, schier unmerklicher Pfad
bildet den Einstieg zum Aufstieg. Es ist der Bittweg, ein uralter Prozessionsweg
mit vielen Kreuzen, so genannten Bittstöcken, der fast drei Kilometer mit bis zu
20 Prozent hinauf führt und so manch einer wird an einem der zahlreichen
Wegekreuze gebetet haben Lieber Gott, mach´ dem ein Ende. Die existentielle
Frage im Läuferleben Warum tust du dir das an ? stellt sich hier mit
besonderer Erbarmungslosigkeit.
Auf den letzten Kilometern gibt es
dann noch einige kleiner Nicklichkeiten. Die Streckenempfehlung des
Veranstalters lautet: Gib nun noch mal Vollgas. Nur wie? Der Geist mag ja
durchaus noch willig sein, das Fleisch ist aber bei diesem Streckenabschnitt
längst schwach, der Zieleinlauf wird sehnlichst herbei gewünscht.
Fürwahr, auf der Strecke wird den
Teilnehmern nichts geschenkt. Dafür fallen die Gaben nach dem von kleinen und
großen Menschen in Drachenkostümen gesäumten Zieleinlauf umso reichlicher aus.
Ein Präsent mit Drachenemblem, viele Getränke und Obst, eine reichhaltige
Speisenauswahl sowie die Möglichkeit zu Massage durch die Damen und Herren von
der Physiotherapie Oberpleis helfen bei der mentalen Verarbeitung des soeben
Durchlebten - alles im Startgeld von 15 Euro inbegriffen. Wir wollen einen Lauf
von Läufern für Läufer veranstalten, sagt Michael Brüggehagen vom TuS
Thomasberg-Ittenbach und erinnert an die Idee zum Lauf. Im vereinsinternen
Lauftreff Siebengebirge mit seinen rund 200 Teilnehmern wurde seinerzeit das
Projekt Drachenlauf entwickelt. Brüggemann wörtlich: Wichtig ist uns, dass
die Veranstaltung überschaubar bleibt und nicht zur Massenabfertigung wird.
Aufgrund naturschutzrechtlicher Bestimmungen ist die Teilnehmerzahl ohnehin
gedeckelt.
Quantitativ kann es der Drachenlauf
sicher nicht mit Deutschlands führenden Landschaftsläufen, etwa Rennsteig und
Hermannslauf, aufnehmen. Qualitativ aber in jedem Fall. Dazu trugen denn auch
die Nachwuchsdrachen bei. Die putzig kostümierten Drachenkinder aus dem
Kindergarten verteilten bei der Siegerehrung die Sachpreise. Hermann Ulrich von
der SSG Königswinter siegte beim dritten Start zum dritten Mal (1:44:31). Rund
eine Minute später erreichte Carsten von Kuk vom LT Team der Deutschen
Sporthochschule Köln das Ziel. Bei den Frauen siegte Vorjahressiegerin Birgit
Lennartz mit der Streckenrekordzeit von exakt zwei Stunden. Eine schöne Geste
war der extra schöne Blumenstrauß für die letztplatzierte Teilnehmerin. Es sind
diese vielen kleinen und liebevoll durchdachten Details sowohl an der Strecke
wie auch im Start-Ziel-Bereich, die diese ebenso professionell wie familiär
geprägte Veranstaltung mit ihren über 100 kleinen und großen Helfern zu einer
lebendigen sportlichen Visitenkarte für diese Region werden lassen.
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Autor und Copyright: Constantin Graf von Hoensbroech
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