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Sprinttalent Joshua Hartmann vom ASV Köln im Interview |
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Joshua
Hartmann |
"Irgendwann im ASV-Trikot die 200 Meter unter 20 und die 100 Meter unter 10
Sekunden laufen"
Das Sprinttalent des Joshua
Hartmann wurde vor mittlerweile sieben Jahren beim Sprintcup des ASV Köln
entdeckt. Erst war er der Schnellste seiner Stufe am Gymnasium Kreuzgasse. Dann
gewann er über 15 Meter mit fliegendem Start das Finale aller Kölner Schulen auf
der ASV-Anlage. Seitdem wird er von Coach Jannik Engel betreut, der sich
zusammen mit dem Athleten zu einem der profiliertesten Sprinttrainer in
Deutschland entwickelt hat. Nachdem er 2016 bei den Deutschen
U16-Meisterschaften für den ASV Köln Silber über 300 Meter gewonnen hatte,
konzentrierte sich Joshua Hartmann ganz auf die Leichtathletik und hörte mit dem
Fußball auf - obwohl er beim Nachwuchs des Bundesligisten 1. FC Köln spielte und
als Talent galt. 2022 erreichte Joshua Hartmann in München als erster Deutscher
seit über 30 Jahren ein 200-Meter-Finale bei
Leichtathletik-Europameisterschaften und stellte mit der 4x100-Meter-Staffel des
Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) zwei deutsche Rekorde auf: Das Quartett
lief Anfang Juni in Regensburg 37,99 und später im EM-Vorlauf von München 37,97
Sekunden. Über 200 und 100 Meter verbesserte er seine Bestleistungen auf 20,33
und 10,11 Sekunden, womit er die Nummer eins und drei in Deutschland in diesem
Jahr ist. Und obwohl sein Trainer mittlerweile beim TSV Bayer 04 Leverkusen
angestellt ist und Joshua Hartmann viele Trainingseinheiten auf der anderen
Rheinseite absolviert, wird der Sprinter auch 2023 für den ASV Köln starten:
"Ich möchte weiterhin für meine Heimatstadt antreten, fühle mich dem ASV sehr
verbunden und will auch weiterhin viel auf der schönen Anlage im Stadtwald
trainieren", begründet er die Vertragsverlängerung. Im folgenden Interview
bilanziert Joshua Hartmann die Saison 2022 und blickt voraus auf das Jahr 2023,
in dem er über 200 Meter mindestens ins Halbfinale bei den
Leichtathletik-Weltmeisterschaften im ungarischen Budapest sprinten will.
Joshua Hartmann im Interview:
Joshua Hartmann, wie
fällt dein Fazit der Saison 2022 aus?
Joshua Hartmann: Auf
den ersten Blick war es natürlich eine sehr gute Saison. Aber wenn man
genauer hinschaut, sieht man, dass neben den Höhepunkten wie dem fünften
Platz im EM-Finale, den deutschen Rekorden mit der 4x100-Meter-Staffel
und meinen neuen Bestleistungen über 100 Meter und 200 Meter, auch Dinge
passiert sind, die meinem Trainer und mir nicht gefallen ?
? du meinst die Disqualifikation im 200-Meter-Finale bei den
Deutschen Meisterschaften in Berlin und den verpatzten Wechsel der
deutschen 4x100-Meter-Staffel im EM-Finale von München, nachdem du
zusammen mit Kevin Kranz, Owen Ansah und Lucas Ansah-Peprah im Vorlauf
in 37,97 Sekunden deutschen Rekord gelaufen bist.
Joshua Hartmann: Ja,
genau. Dass mir in Berlin der Titel aberkannt wurde, weil ich im Finale
in der Kurve auf die Bahnbegrenzung getreten bin, war schon sehr bitter.
Genau wie der misslungene Wechsel bei der EM oder unser Ausscheiden mit
der Staffel im Vorlauf bei den Weltmeisterschaften in Eugene.
Lernt man eigentlich als Sprinter für die Zukunft mehr aus den
Dingen, die schiefgehen, als aus jenen, die gut laufen?
Joshua Hartmann: Das
würde ich so nicht sagen. Für die Zukunft bringen mir die Erfolge viel
mehr. Die Misserfolge analysiert man zwar intensiv und versucht, aus
ihnen zu lernen. In München beispielsweise haben ganz viele verschiedene
Faktoren dazu geführt, dass ich beim Staffelwechsel zu spät losgelaufen
bin, Kevin mit hohem Tempo auf mich aufgelaufen ist und wir den Wechsel
nicht mehr hinbekommen haben. Aber nach der Fehleranalyse muss man so
etwas schnell abhaken und wieder nach vorn schauen. Die guten Sachen
dagegen bleiben viel länger im Gedächtnis und sorgen für neue
Motivation.
Zumal ihr ja auch noch ein sehr junges Team seid ?
Joshua Hartmann: ?
ja, in München hat uns wahrscheinlich schon ein bisschen die Erfahrung
gefehlt. Das zeigt die Tatsache, dass Kevin und ich mit unseren 24 und
23 Jahren die erfahrensten im Team waren. Im Finale von München war
sicher auch viel Nervosität im Spiel.
Nach dem deutschen Rekord im EM-Vorlauf zähltet ihr zu den Kandidaten
für Gold, Silber und Bronze ?
Joshua Hartmann:
?und wann dann 60.000 im Stadion den Namen deines Landes rufen, ist man
natürlich nervös. Damit müssen wir in Zukunft besser umgehen.
Was war für dich persönlich das größte Highlight deines Sportjahres?
Joshua Hartmann: Auf
jeden Fall das EM-Halbfinale über 200 Meter von München, in dem ich als
erster Deutscher seit über 30 Jahren den Einzug in den EM-Endlauf
klargemacht habe. Dieses Rennen war mein erster Einzelstart überhaupt
für die deutsche Nationalmannschaft bei den Erwachsenen. Und dann
regnete es so stark, dass der Start um eine halbe Stunde verschoben
werden musste. Unter diesen Bedingungen so zu performen und persönliche
Bestleistung zu laufen, war für mich etwas ganz Besonderes.
Welche Bedeutung haben für dich die beiden deutschen Rekorde mit der
Sprintstaffel? Immerhin habt ihr es zu Beginn der Saison als erstes
deutsches Team geschafft, die 4x100 Meter in weniger als 38 Sekunden zu
rennen?
Joshua Hartmann:
Eigentlich bin ich ein größerer Fan von Einzelrennen, weil man da sein
Schicksal komplett in der eigenen Hand hat und Erfolge, aber auch
Misserfolge, allein schultern muss. Aber mit den Jungs zusammen zu
laufen, macht auch Bock. Zumal wir jungen Sprinter damit sofort gezeigt
haben, dass wir da sind, nachdem einige ältere und erfolgreiche Sprinter
ihre Karriere beendet haben. Ich denke auch, dass in den nächsten Jahren
noch einige deutsche Rekorde im Sprint fallen werden. Denn so viele
große Talente wie derzeit gab es noch nie im deutschen Sprint. 2022 sind
sechs Deutsche die 100 Meter in weniger als 10,20 Sekunden gelaufen. Und
zwei unter 10,10 Sekunden. So eine Situation ist neu in der deutschen
Leichtathletik-Historie.
Wo geht für dich persönlich die Sprintreise hin?
Joshua Hartmann:
Wenn ich mir vor Augen halte, dass ich in München bei nicht einfachen
Bedingungen im bislang wichtigsten Rennen meiner Karriere mit 20,33
Sekunden Bestzeit gelaufen bin, glaube ich fest daran, dass ich mit
weiteren Trainingsjahren bei Wärme und ein bisschen Rückenwind die 200
Meter unter 20 Sekunden laufen kann.
Der deutsche Rekord steht seit mittlerweile über 17 Jahren bei 20,20
und der über 100 Meter seit 2016 bei 10,01 Sekunden ?
Joshua Hartmann: Ich
traue mir auch zu, irgendwann die 100 Meter unter zehn Sekunden zu
laufen, wobei die 20-Sekunden-Grenze für mich schon eher in Reichweite
ist. Mein Training läuft aktuell sehr gut, ich bin bei längeren
Tempoläufen stark, ohne die Geschwindigkeit auf kurzen Strecken zu
verlieren. Insbesondere bei den fliegenden Sprints, wie wir die Läufe
nennen, bei denen die Zeit erst dann gemessen wird, wenn das Höchsttempo
erreicht ist. Meine Programme sind darauf ausgerichtet, nächsten Sommer
200 Meter zu laufen. Bei den Weltmeisterschaften in Budapest will ich
über diese Strecke mindestens das Halbfinale erreichen. Langfristig sind
aber auch die 400 Meter eine Option.
Wie vereinbarst du dein BWL-Studium mit dem Hochleistungssport?
Joshua Hartmann: Das
geht gut, ich kann das Studium dank der Unterstützung der Uni Köln
zeitlich so strecken, dass ich professionell trainieren kann. Im Winter
studiere ich etwas mehr, weil die Hallensaison für mich nicht die größte
Bedeutung hat. Im Sommer studiere ich kaum, da konzentriere ich mich
voll auf die Wettkämpfe und das Training.
Wie planst du die Hallensaison 2023?
Joshua Hartmann: Ich
werde nur früh in der Saison ein paar hochkarätige Rennen über 60 Meter
laufen. Damit arbeite ich auch daran, meine Höchstgeschwindigkeit so
schnell wie möglich zu erreichen, was mir bislang noch nicht optimal
gelingt. Die 200 Meter laufe ich in der Halle gar nicht, weil in den
Steilkurven das Verletzungsrisiko erhöht ist. Im Februar beginnt auch
schon wieder die Vorbereitung auf den Sommer, so dass ich bei den
Deutschen Hallenmeisterschaften in Dortmund nicht starten werde. |
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Autor und Copyright: Christian Ermert für Laufen-in-Koeln
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