"September 5" - Ein filmisches Meisterwerk über das Olympia-Attentat von München
1972
Am 9. Januar 2025 bringt
Constantin Film das packende Drama "September 5" in die deutschen Kinos - ein
Film, der eines der dunkelsten Kapitel der Sportgeschichte in einem neuen Licht
zeigt. Der Schweizer Regisseur Tim Fehlbaum ("Hell", "Tides") wagt sich an ein
Thema, das schon oft filmisch behandelt wurde, aber selten so wie hier. Statt
die Ereignisse aus der Perspektive der Opfer oder der Täter zu erzählen,
fokussiert Fehlbaum sich auf die Rolle der Medien, insbesondere des US-Senders
ABC, der das Drama damals live begleitete.
Das historische Ereignis
Die Olympischen Sommerspiele
1972 in München sollten ein Fest des Friedens und der Völkerverständigung sein.
Doch am 5. September 1972 nahm die palästinensische Terrorgruppe "Schwarzer
September" elf Mitglieder der israelischen Mannschaft als Geiseln. Die
Geiselnahme, die im nahegelegenen Olympischen Dorf begann, endete nach einem
missglückten Polizeieinsatz am Flughafen Fürstenfeldbruck mit dem Tod aller
Geiseln, eines Polizisten und fünf der acht Terroristen. Die Tragödie
erschütterte die Welt und führte zu tiefgreifenden Veränderungen bei der
Sicherheit von Sportveranstaltungen.
Ein neuer Blickwinkel
"September 5" spielt fast
ausschließlich im Münchner Sendezentrum des US-Kanals ABC. Hier zeigt Fehlbaum
die Herausforderungen, mit denen das Team vor Ort plötzlich konfrontiert wurde.
Die Mitarbeiter, ursprünglich auf Sportberichterstattung spezialisiert, mussten
innerhalb weniger Minuten Entscheidungen über die Live-Übertragung eines
Terroranschlags treffen. Dabei wird der Zuschauer Zeuge eines moralischen und
journalistischen Dilemmas: Wie weit darf Live-Berichterstattung gehen, wenn die
Täter die mediale Aufmerksamkeit für ihre Zwecke nutzen?
Die Kamera begleitet die
Figuren hautnah durch die hektischen Flure des Senders, ähnlich wie in der
Kultserie "The West Wing". Insbesondere der junge Producer Geoff (John Magaro)
und die deutsche Dolmetscherin Marianne (Leonie Benesch) stehen im Mittelpunkt
der Handlung. Marianne, eine vielschichtige Figur, vermittelt nicht nur zwischen
den Sprachen, sondern auch zwischen den kulturellen und moralischen Welten. Ihre
Rolle bringt eine emotional tiefgreifende Dimension in den Film, während Geoff
versucht, seinen eigenen moralischen Kompass zu finden.
Die Verantwortung der Medien
Ein zentrales Thema des Films
ist die Verantwortung der Medien in Extremsituationen. "September 5" stellt
schwierige Fragen: Wie sollte über eine Geiselnahme berichtet werden? Was darf
gezeigt werden, wenn Eltern der Opfer vor dem Fernseher sitzen? Und wie
beeinflusst Live-Berichterstattung die Handlungen der Täter? Der Film
verschweigt nicht, dass die Berichterstattung des US-Senders von den Terroristen
im Olympischen Dorf empfangen wurde - und diese live sehen konnten, wie die
deutsche Polizei einen Befreiungsversuch vorbereitete.
Tim Fehlbaum und sein Co-Autor
Moritz Binder lassen in diesen moralischen Fragen zwar Raum für Diskussionen,
geben jedoch am Ende eine etwas zu eindeutige Antwort. Dennoch bleibt der Film
ein wichtiges Werk, das die Balance zwischen historischem Drama und moderner
Medienkritik hält.
Technik und Atmosphäre
Besonders beeindruckend ist die
detailgetreue Darstellung des historischen TV-Equipments. Die Zuschauer werden
in eine Zeit zurückversetzt, in der Live-Berichterstattung mit erheblichen
technischen Herausforderungen verbunden war. Die gigantischen Studiokameras, die
manuell zusammengestellten Texteinblendungen und die beschränkte
Satellitenverfügbarkeit vermitteln die Mühen, mit denen das ABC-Team damals
kämpfte. Diese technischen Aspekte unterstreichen die emotionale und zeitliche
Dringlichkeit des Films.
Mit "September 5" ist Tim Fehlbaum ein kraftvolles und emotional intensives Werk
gelungen, das ein sensibles Thema auf beeindruckende Weise aufarbeitet. Der Film
bietet nicht nur einen neuen Blick auf die Ereignisse von München, sondern regt
auch zur Reflexion über die Rolle der Medien in Krisensituationen an. Die
herausragenden Leistungen von Leonie Benesch und John Magaro tragen dazu bei,
dass der Zuschauer tief in die Geschehnisse eintauchen kann.
"September 5" ist mehr als ein
Film - er ist ein Denkmal für die Opfer, eine Mahnung an die Verantwortlichen
und eine Einladung, über die Grenzen der medialen Berichterstattung
nachzudenken. Ein Pflichttermin für alle, die sich für Geschichte, Medien und
die Verknüpfung von Sport und Politik interessieren. Ab 9. Januar 2025 in den
Kinos.
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Autor und Copyright: Detlev Ackermann, Laufen-in-Koeln Filmplakat: Constantin Film