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Früh begann der Tag. Lange bevor der Muizin
die Gläubigen zum ersten Gebet rief, klingelte bereits das Telefon. Der
Hotelweckdienst holte die noch müden Teilnehmer aus ihren Betten. Das
Frühstück war für 4:30 angesetzt. Mit verschlafenen Augen versammelten sich
die Athleten zum gemeinsamen Frühstücks-Buffet an. Viel Zeit war nicht, denn
schon eine habe Stunde Später sollte sich der Transport zum Start in
Bewegung setzen. Doch die enge Terminvorgabe erwies sich als nicht
einhaltbar. Denn erst mussten die rund 105 Teilnehmer auf die weit über 30
Fahrzeuge verteilt werden. Weiterhin bekam noch jeder Teilnehmer ausreichend
Bananen und jede Menge Wasser in die Hand gedrückt. Eine Aktion, die sich
schließlich über eine Stunde hinzog.
Als letztlich auch der letzte Teilnehmer in einem Fahrzeug untergebracht
war, ging es endlich los. Auf den holprigen Straßen bewegte sich die nicht
enden wollende Autokarawane Richtung Start. 100km weiter entfernt, südlich
von Kairo.
Mit über einer Stunde Verspätung sollte
schließlich nun auch der Lauf starten. Gasser Riad gab den Startschuss.
Vorne Weg liefen die Ägypter. Ein vorsichtiges Abtasten auf den ersten
Kilometer unter den Teilnehmern. Gerade als Einzelläufer durfte man sich da
durch die Staffelläufer nicht mitreißen lassen und sich in Geduld üben.
Christian Hottas versuchte seiner Lebensgefährtin Barbara Szlachetka zu
folgen. Aber die zog ihr Lauftempo gleich auf einen 5er Schnitt an. Ein
Tempo, das Christin später zum Verhängnis wurde.
Der erste Abschnitt führte durch die Wüste. Links und rechts nur Sand und
Geröll. Ab und zu entdeckt man in der Ferne herrenlose Wüstenhunde
umherschwirren. Die einzige Abwechslung, die die ersten 30km zu bieten
haben. Bis zum Horizont führt die Straße und da ist noch lange kein Ende.
Nach einiger Zeit taucht auf der linken Seite der Strecke ein Zug auf. Der
Wüstenexpress von Ägypten. Auf den ersten Blick nichts besonderes, abgesehen
von den Reisenden. Entgegen aller deutschen Sicherheitsvorschriften stehen
diese während der Fahr an der offenen Tür. Doch das war allerdings noch
harmlos, im Vergleich was einem in den Dörfern noch begegnen sollte.
Alle 10km passiert man die Wechselpunkte der Staffeln. Diese stehen mit
ihren Fahrzeugen am Straßenrand und warten auf ihre Läufer. Als Einzelläufer
schaut man schon mal neidisch auf die im Schatten sitzenden Sportskollegen.
Aber an pausieren ist da nicht zu denken, denn die Staffelteams feuern
natürlich nicht nur ihre eigenen Leute an, sondern auch die Einzelstarter.
Über die Wüste weht ein leichter Wind.
Angesichts der ansteigenden Temperaturen ganz angenehm, aber auf Dauer sehr
ermüdend. Auch hier gilt es mit den Kräften haushalten und das Tempo ggf.
drosseln. Schließlich muss man nicht 42,195km sondern 100km gegen den Wind
laufen. Aber auch das sollte irgendwann ein Ende haben, spätestens dann,
wenn man durch die schützenden Grünabschnitte läuft.
Für die Versorgung war bestens gesorgt. Im Schritt-Tempo trottet das
Versorgungsfahrzeug den Einzelstartern hinterher. Somit ist jeder Zeit der
Griff zur durstlöschenden Wasserflasche gewährleistet. Ein Luxus den man
nicht unterschätzen darf. Die Luft ist warm und trocken. Schnell werden die
Lippen und der Mund trocken.
Ab km 29 erscheint die erste Attraktion am Horizont. Die Meidum Pyramide.
Jetzt konnte es nicht mehr weit sein, bis die ersten Grünflächen auftauchen.
Bei km 32 durchläuft man erstmalig ein Dorf,
von denen noch viele weitere folgen sollten. Gerade diese Abschnitte sind
immer wieder ein besonderes Erlebnis. Auf einmal befindet man sich mitten im
Alltagsleben der Ägypter wieder. Frauen sitzen am Kanal, waschen Kochtöpfe
und Kleidung. Die Bauern bestellen ihre Felder. Die Kinder helfen ihren
Eltern, entweder auf dem Feld oder am Fluss. Händler ziehen mit ihren Eseln
umher und verkaufen ihre Ernteerträge. Als moderner Europäer fühlt man sich
richtig in eine längst vergangene Zeit zurückgesetzt. Lediglich
vorbeifahrende Autos deuten auf ein modernes Zeitalter hin. Aber immer
wieder beobachtet man Aktivitäten, die einen
Sicherheitsbewusten die Haare zu Berge stehen lassen. Z.B. gibt es in
Ägypten auch Busse für den Nahverkehr, aber gerade in den Dörfern nimmt man
da eher auf der Ladefläche eines Lastkraftfahrzeuges Platz. Bis zu 20
Personen stehend auf der Ladefläche, ungesichert und frohen Mutes. Gut
gelaunt scheinen sie allemal zu sein und somit stimmt auch schon mal die
ganze Gruppe ein Lied an. Abenteuerlich wird es jedoch wieder, als ein
junger Mann während der Fahrt auf einmal anfing, auf das Dach eines Busses
zu klettern. In Deutschland würde man so etwas S-Bahn Surfen nennen. Aber so
sind sie, die Ägypter. Einfach aber robust. Ein Experte meinte mal hierzu,
"Die Ägypter werden uns alle überleben".
Die Reaktion der Dorfbewohner auf die Läufer ist recht unterschiedlich. In
einem Dorf wird man als Held gefeiert und angefeuert, wobei man in anderen
Dörfern eher als Eindringling gesehen wird. Zwar freut man sich über den
Besuch, aber dass man ohne Geschenke weiterläuft, stößt dann doch auf
Unverständnis. Gerade die Kinder und Jugendlichen fühlen sich durch die
Läufer angezogen. Sichtlich haben sie ihren Spaß daran und versuch ein paar
Meter mitzulaufen. Allerdings kommt es auch schon mal vor, dass man
plötzlich das halbe Dorf hinter sich her rennen hat. In diesem Fall darf man
dann aber auf die Vernunft der Älteren hoffen, die dem Treiben dann Einhalt
gebieten.
Die scheinbar endlose Straße führt geradeaus
Richtung Ziel. Vorbei an Palmenfeldern und Grünanlagen. Lediglich die
Elleshet Pyramiden in der Ferne erinnern daran, dass man sich lediglich auf
einem fruchtbaren Kanalabschnitt mitten in der Wüste befindet. Dies wird
insbesondere bei km 83 deutlich. Von der Hauptstraße abbiegend geht es über
ein Wendestück zur Dahshur Pyramide. Nach nur wenigen hundert Metern
befindet man sich mitten in der Wüste wieder. Endlose Sandfelder bis zum
Horizont kennzeichnen das Land.
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Die Wüste macht es einem
nicht einfach. Die Hitze und die ungewohnte Umgebung fordern alles von
einem. Zwar kommt es unter den Läufern immer wieder mal zu
Überholmanövern, aber irgendwie sieht man sich dann doch wieder. Selbst
der erfahrene Christin Hottas musste einsehen, dass er im ersten
Abschnitt zu schnell gelaufen ist. Bei km 60 traf man sich wieder.
Mittlerweile ist auch
Bela Krausz herangerückt.
Begleitend von Detlev Ackermann versuchen die 3 jeweils für sich
innerhalb der Gruppe eine vordere Position zu halten. Nach einiger Zeit
sieht man aber ein, nur gemeinsam kommt man wirklich effektiv weiter.
Nach einer längeren Powerwalking-Pause und jeder Menge Isostar gelingt
es dem Kölner Läufer Ackermann schließlich dann doch noch, sich bei ca.
km 80 von den beiden Verfolgern abzusetzen.
Mittlerweile ist es auch dunkel geworden und die Temperaturen sind auf
ein erträglichen Maß zurückgegangen. Bei km 96.7 die Erlösung, die
Straßeneinfahrt nach links führt zum Zieleinlauf vor der Sakkara
Pyramide. |
Im Ziel empfängt Gert Engel die
übermüdeten Pharaonenläufer. Kaum über die Ziellinie geschritten und das
Zieltor durchlaufen, bekommt man eine Medaille überreicht, die in
Deutschland seines Gleichen suchen dürfte. Die überaus attraktive Erinnerung
wird lediglich noch von der weiterhin überreichten Urkunde Übertroffen. Auch
das dürfte wohl einzigartig sein. Ein überaus mit leuchtenden Farben
verzierte Urkunde auf echtem Papyrus.
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Autor und Copyright: Detlev Ackermann, Laufen-in-Koeln
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