|
|
|
 |
 |
Schadet ein Marathon dem Gehirn? |
|
Schadet ein Marathon dem Gehirn?
Marathonlaufen steht für Ausdauer,
Willenskraft und körperliche Belastung. Doch was passiert dabei eigentlich im
Gehirn? Eine neue Studie aus Spanien, veröffentlicht im Fachmagazin *Nature
Metabolism*, hat genau das untersucht - und dabei Erstaunliches herausgefunden.
Eines der zentralen Ergebnisse
betrifft eine Substanz, von der viele vielleicht noch nie gehört haben: Myelin.
Sie spielt eine entscheidende Rolle in unserem Nervensystem - und könnte in
Ausnahmesituationen wie einem Marathonlauf sogar als Notfallenergiequelle
dienen.
Myelin ist eine fettige Schicht, die
wie eine Isolierung um unsere Nervenfasern im Gehirn und Rückenmark liegt. Sie
sorgt dafür, dass Informationen schnell von einer Nervenzelle zur nächsten
weitergeleitet werden. Bisher dachte man, Myelin sei nur für diese
"Leitungsfunktion" da. Die neue Studie zeigt aber: Bei extremer Belastung wie
einem Marathon kann Myelin dem Gehirn auch als Energiequelle dienen.
Das Forscherteam unter der Leitung des Neurobiologen Carlos Matute von der
Universität des Baskenlandes untersuchte zehn Marathonläuferinnen und -läufer
mit einer speziellen Form der Magnetresonanztomografie (MRT). Dabei wurde der
Anteil an Myelin im Gehirn gemessen - einmal vor dem Marathon, dann innerhalb
von zwei Tagen danach, sowie zwei Wochen und zwei Monate später.
Das Ergebnis: Direkt nach dem Lauf war
in mehreren Bereichen des Gehirns weniger Myelin vorhanden - vor allem dort, wo
Bewegungssteuerung und Koordination stattfinden. Zwei Wochen später war schon
ein deutlicher Anstieg zu sehen, und nach zwei Monaten waren die Werte wieder
wie vor dem Lauf.
Normalerweise nutzt das Gehirn Glukose
(also Zucker) als Energiequelle. Doch während eines langen Laufs wie dem
Marathon werden diese Reserven nach und nach verbraucht. Der Körper wechselt
dann auf Fettverbrennung. Im Gehirn ist das aber schwieriger, da es kaum Zugang
zu Fett aus anderen Körperregionen hat. Deshalb - so die Theorie - nutzt es
kurzfristig die Lipide (Fette) aus dem Myelin selbst. Da Myelin zu 70-80 Prozent
aus Fett besteht und direkt im Gehirn vorhanden ist, bietet es sich als schnelle
Notlösung an.
Die gute Nachricht: Bisher gibt es
keine Hinweise darauf, dass dieser vorübergehende Myelinabbau dem Gehirn
schadet. Auch Leistungseinbußen in den Tagen danach wurden nicht beobachtet.
Trotzdem bleiben Fragen offen - vor allem, was passiert, wenn man häufiger
solche Extrembelastungen durchläuft, wie es viele Marathon- oder Ultraläufer
tun.
Mögliche Bedeutung für die Medizin
Die Erkenntnisse könnten auch wichtig
sein für Krankheiten wie Multiple Sklerose oder Alzheimer, bei denen Myelin
abgebaut wird. Wenn man besser versteht, wie Myelin im gesunden Gehirn aufgebaut
und wiederhergestellt wird, könnten sich daraus neue Behandlungsansätze
entwickeln.
|
Hinweis: Die Studie wurde nur mit zehn Personen durchgeführt. Um sicher
zu sein, dass diese Ergebnisse auf alle Menschen übertragbar sind, braucht
es weitere Untersuchungen. |
__________________________________
Autor und Copyright: Detlev Ackermann, Laufen-in-Koeln
|
|
|
|
 |
|