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Große Läufer aller Zeiten: Emil Zatopek |
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Emil Zatopek war
einer der populärsten Leichtathleten aller Zeiten, auch "die Lokomotive"
genannt
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Von rechts: Emil Zatopek, Alain Mimoun, Herbert
Schade und Chataway (stürzend) beim Zieleinlauf im 5000-m-Finale von
Helsinki 1952. |
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Sein Stil war unverkennbar: Den
Kopf im Nacken, die Zunge weit herausgestreckt und fauchend wie eine Lokomotive
- so drehte Emil Zatopek seine Runden, keuchend und stampfend, als würde er
jeden Moment umkippen.
Zatopek, der bekannteste
CSSR-Sportler aller Zeiten, liebte einfache Weisheiten: "Vogel fliegt, Fisch
schwimmt, Mensch läuft." Eine einfache Lebensphilosophie. Von Gymnastik oder
optimalem Laufstil hielt er genauso wenig wie von einer sportspezifischen
Ernährung. "Der Hund läuft auch, ohne vorher Gymnastik gemacht zu haben. Und die
Kampfrichter fragen nicht nach dem Stil, sie stoppen nur die Zeit!" Richtig,
doch mit dieser Einstellung würde ihn heute jeder Langstreckler nur mitleidig
belächeln.
Seiner Zeit dagegen weit voraus
war Emil Zatopek allerdings mit seiner Trainingsmethodik. Stets tüftelte der
"Vater des Intervalltrainings" an neuen Methoden, um sich noch weiter zu
verbessern. Eine seiner Standard-Übungen: 20 bis 50 Meter volles Tempo mit 50
Meter Zwischentraben. Zatopeks Kommentar zu diesem Pensum: "Die reinste
Schinderei!" Mit seinem Kämpferherz steigerte er das Programm bis auf 100x400
Meter, insgesamt also 40 Kilometer! In Milovice absolvierte Emil Läufe über 20
bis 24 Kilometer - mit Militärstiefeln durch den Schnee!
Nein, an Einsatz hat es Emil
Zatopek nie gefehlt. Aber am Ende seiner Laufbahn kam der Autodidakt zu der
Erkenntnis, dass er manchmal auch in die falsche Richtung gerannt war. Hätte er
weniger für die Ausdauer und mehr für die Schnelligkeit geschuftet, hätte sein
Stern noch heller gestrahlt.
Trotzdem: Emil Zatopek zählt zu
den ganz Großen! Lassen wir ein paar Zahlen sprechen, Zahlen, die mehr besagen
als tausend Worte: 18 Weltrekorde, 61 Landesrekorde, vier Gold- und eine
Silbermedaille bei Olympischen Spielen, drei Gold- und eine Bronzemedaille bei
Leichtathletik-Europameisterschaften, 334 Rennen in 18 Jahren mit 261 Siegen.
Seinen letzten Wettkampf bestritt der Mann/jnit der Märtyrergrimasse am 26.
Januar 1958 beim Cross-Country in San Sebastian. Der größte Triumph datiert aus
dem Jahre 1952. Bei den Olympischen Spielen in Helsinki gewann der Sohn eines
Tischlers aus Mähren Gold über 10000 (29:17,0 Minuten) und 5000 Meter (14:06,6).
Und dann forderte Zatopek die Götter heraus: Zum ersten Mal in seinem Leben
wagte er sich auf die Marathonstrecke - und war erstaunt, dass er sich während
des Rennens sogar noch mit seinen Konkurrenten unterhalten konnte. Die Sensation
war perfekt, als der Debütant in 2:23:03,2 Stunden erneut alle Gegner hinter
sich ließ. Freilich, ganz so leicht, wie zunächst vermutet, fiel ihm dieser Sieg
nicht: "Eine Woche lang konnte ich weder richtig gehen noch laufen. So
schmerzten mir die Muskeln vom Laufen auf dem Asphalt."
Emil Zatopek, der gut deutsch
spricht, blieb in aller Welt stets ein gerngesehener Gast. So weilte er im
August 1983 bei der Weltmeisterschaft in Helsinki. Mit seinem Charme und seinem
Humor erinnert er bisweilen an den braven Soldaten Schwejk.
Ein Kuriosum soll nicht
unerwähnt bleiben: Am 19. September 1922 erblickte Emil Zatopek in Koprivnice
das Licht der Welt; seine Frau Dana wurde am gleichen Tag geboren. 1952 gewannen
die beiden zur gleichen Stunde Gold in Helsinki (Dana mit dem Speer); dieses
Kunststück gelang ihnen zwei Jahre später bei der EM in Bern noch einmal.
Zatopek war stets ein
sympathischer Sportler, der gerne sagte, was er in seinem Herzen fühlte. So
stellte er sich beim Prager Frühling 1968 allzu deutlich auf die Seite derer,
die von der "sozialistischen Bruderhilfe" der UdSSR recht wenig hielten. Dieses
Engagement verübelten ihm die Machthaber so sehr, dass das sportliche Idol einer
ganzen Generation seinen Offiziersrock ausziehen musste. Ihm wurden daraufhin
alle Auszeichnungen aberkannt. Er wurde aus der Armee ausgeschlossen und
bestritt seinen Lebensunterhalt anschließend als Hilfsarbeiter. Das Angebot,
nach Skandinavien auszuwandern und dort Trainer zu werden, lehnte Zátopek ab. Er
zog es vor, weiterhin mit seiner Frau Dana, ebenfalls erfolgreiche
Leichtathletin, in Prag zu leben.
Emil Zatopek verstarb am
21.11.2000.
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Autor und Copyright: Detlev Ackermann, Laufen-in-Koeln
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