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Sportpolitiker aller etablierten
Fraktionen im Deutschen Bundestag haben sich für eine Verankerung des Sports im
Grundgesetz ausgesprochen. Das ergab eine Umfrage des DSB-Pressedienstes. Die
Umsetzung könnte schon im März auf der Agenda der Parlamentarier stehen, wenn
eine erste Vorlage verfassungsändernde Vorschläge im Zuge der Föderalismusreform
die Fraktionsspitzen und auch die Ausschüsse des Deutschen Bundestages
beschäftigen wird.
Noch offen ist allerdings, ob
ein Sport-Passus ins Grundgesetz tatsächlich schon bei der politisch gewollten
schnellen Änderung der Verfassung aufgenommen werden kann. Sportrechtsexperten
meinen, hier bestehe - genau wie beim Schutz der Kultur - noch intensiverer
Diskussionsbedarf, weil die subjektiven Rechte der Bürger klar umrissen
beschrieben werden müssten.
Der Vorsitzende des
Sportausschusses, Peter Danckert, hatte am 14. Dezember letzten Jahres in Berlin
die Aufnahme des Sports als Sozial- und Kulturgut angeregt und das
Huckepack-Verfahren mit der Neuordnung der bundesstaatlichen Zuständigkeit als
optimal bezeichnet. DSB-Präsident Manfred von Richthofen begrüßte gegenüber der
Deutschen Presseagentur (dpa) die von Peter Danckert angeschobene Diskussion.
Durch die Gründung des Deutschen Olympischen Sportbundes wird sich der
organisierte Sport auch stärker gesellschaftspolitisch einbringen, erklärte von
Richthofen. Wenn sich der Bundestag vor fünf Jahren mit Vehemenz für eine
Verankerung des Sports in die EU-Verfassung eingesetzt habe, müsste er nunmehr
auch in Deutschland den Sport ins Grundgesetz aufnehmen und ihn damit als
schützenswertes öffentliches Gut deklarieren, sagte der DSB-Präsident.
Die sportpolitische Sprecherin
der SPD-Bundestagsfraktion, Dagmar Freitag, begrüßte die Initiative ihres
Fraktionskollegen Peter Danckert. Sie schrieb: Sport ist in vielen
Bundesländern bereits Bestandteil der Verfassung, allerdings bedingt dies nicht
eine eindeutige und unumstrittene Sicherung der Unterstützung für den Sport.
Aktuell erfolgt im unionsgeführten Nordrhein-Westfalen eine deutliche Kürzung
der Mittel für die Sportförderung trotz der Verankerung des Kulturgutes Sport
als Staatsziel in der Landesverfassung. Eine solche Verankerung des Sports im
Grundgesetz darf sich nicht in reiner Symbolik erschöpfen. Verlässliche
Verpflichtungen zur Sicherung der Förderung des Sports müssten daraus abgeleitet
werden können.
Für die Unionsfraktion begrüßte
der Sportsprecher Klaus Riegert die Diskussion, forderte aber zugleich eine
intensive Debatte, gerade auch mit Verfassungsjuristen: Die eigentlich
spannende Frage ist, was ein Verfassungsartikel de facto bringen würde. Einen
Sportpassus ins Grundgesetz nur aus optischen Gründen aufzunehmen, ergibt keinen
Sinn. Vielmehr müsste eine Formulierung, die den Sport als Staatsziel verankern
könnte, dann auch mit Leben erfüllt werden. Das heißt, es sollte jedem Bürger,
der das Grundgesetz liest, deutlich werden, was eine solche Passage konkret
bedeutet. Ich werde diesen Vorschlag intensiv in der Arbeitsgruppe Sport
diskutieren sowie ihn auf die Tagesordnung einer der nächsten Fraktionssitzungen
setzen lassen. Und wir sollten Kontakt mit den Kulturpolitikern aufnehmen, die
ebenfalls eine Verankerung der Kultur ins Grundgesetz vorschlagen. Vielleicht
könnte man sogar diesen Passus durchbringen: Der Bund fördert Kultur und
Sport. Dann hätte man zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Auf alle Fälle:
Ein solches Begehren muss verfassungsrechtlich tragfähig sein und im Parlament
mehrheitsfähig sein - benötigt werden zwei Drittel der Stimmen.
Detlef Parr, Sportexperte der
FDP-Bundestagsfraktion, gab dieses Statement ab: Zur Ordnung des
Gemeinschaftslebens gehört zweifellos der Sport mit seinen vielfältigen
Auswirkungen auf Bildung, Gesundheit, Kunst, Kultur, Mitmenschlichkeit und
Gemeinsinn. Eine Aufnahme als Staatsziel in das Grundgesetz wertet seine
gesamtgesellschaftliche Bedeutung wesentlich auf. Der Blick auf die
Landesverfassungen zeigt allerdings, dass eine verfassungsrechtliche Verankerung
des Sports nicht immer über ein verbales Bekenntnis zu seiner staatlichen Pflege
und Förderung hinausgekommen ist. Wenn wir dem Sport auch auf der Bundesebene
Verfassungsrang geben wollen, darf es nicht bei einer unverbindlichen, schnell
vergänglichen Symbolerklärung bleiben. Vielmehr muss damit die ernsthafte
Absicht verbunden werden, dem organisierten Sport und seiner Selbstverwaltung
verlässliche, berechenbare staatliche Rahmenbedingungen zu garantieren. Der
Sport darf niemals Spielball kurzfristiger politischer Entscheidungen sein!
Der Grünen-Sportsprecher
Winfried Hermann schreibt in seiner Stellungnahme: Die Diskussion um eine
Aufnahme des Sports in das Grundgesetz muss vorangebracht werden. Denn
zeitgleich hat auch eine Debatte um die grundgesetzliche Verankerung des
Kulturbegriffs begonnen. Leider hat die große Koalition weder ein
sportpolitisches Konzept noch einen nachvollziehbaren Aufgabenkatalog
anzubieten. Aus Sicht von Bündnis 90/Die Grünen ist es jedoch notwendig, zu
einer nachhaltigen Sportentwicklung in Deutschland zu kommen. Der Start der
großen Koalition in der Sportpolitik geht leider nicht in diese Richtung.
Das Bundesjustizministerium
wies darauf hin, dass es sich zu diesem Begehren der Sportpolitiker nicht äußern
wolle. Ministerialrat Joachim Krannich, Sportkoordinator im Bundeskanzleramt,
meinte, das Fachressort sei jetzt gefordert, sich zu positionieren.
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Autor und Copyright: Meldung des Deutschen Sport Bundes
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