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Der Präsident des
Deutschen Sport-Bundes (DSB), Manfred von Richthofen,
fordert nachdrücklich, dass Sport und Kultur als Staatsziele
im Grundgesetz verankert werden müssen. Jetzt sei der
richtige Zeitpunkt für eine Umsetzung, weil mit der
sogenannten Föderalismusreform die Verfassung großflächig
verändert werde, erklärte er auf einer Pressekonferenz in
Berlin.
Die großen Bereiche Kultur und Sport, die gesellschaftlich
tragend sind, müssen nunmehr im Grundgesetz abgesichert
werden, sagte der DSB-Präsident. Das hat zum einen eine
Schutzfunktion, es wäre allerdings dann auch der Auftrag für
die Bundespolitik, verstärkt auf diesen Feldern tätig zu
werden. Ein Volk ohne Kultur und ohne Sport gibt es nun
einmal in dieser Welt nicht. Also geht es jetzt darum, die
Mehrheit der Politiker von unserem Vorhaben zu überzeugen.
Der Sport als Plattform zur Einübung demokratischer
Verhaltensweisen und mit seinen sozialintegrativen
Funktionen und gesundheitspolitischen Aufgabenfeldern habe
ein Anrecht darauf, auch auf bundesstaatlicher Ebene
abgesichert zu werden. 15 Länderverfassungen (mit Ausnahme
von Hamburg) gewährten schon diese Garantien, erklärte von
Richthofen. Der DSB-Präsident hat diese Position des
autonomen Sports in Gesprächen mit den Vorsitzenden der
Koalitionsfraktionen, Dr. Peter Struck (SPD) und Volker
Kauder (CDU/CSU), deutlich gemacht: Wir haben bei Peter
Struck große Unterstützung gefunden. Volker Kauder konnte
ich zum Nachdenken veranlassen; er wird unsere Initiative
mit Interesse begleiten. Ein zeitliches Aufschieben der
Erweiterung der Staatszielbestimmungen um die sogenannten
Letzt-Werte komme für den DSB nicht in Frage, unterstrich
von Richthofen: Ein langes Hin und Her bedeutet stets einen
Nachteil für ein gutes Anliegen. Wir werden unsere Argumente
bei einer Anhörung vor dem Rechtsausschuss des Deutschen
Bundestages vortragen, der uns hierzu einlädt. Die Sitzung
ist für den 17. Mai terminiert worden.
Zu den Bedenken einiger Bundesländer, die für Kultur und
Sport eine Allkompetenz beanspruchen, erklärte der
DSB-Präsident: Dem widersprechen wir vehement, denn die
Sportförderung für den gesamten Spitzensport wäre ohne
Bundesförderung am Ende. Gäbe es nicht die Unterstützung
durch den Haushalt des Bundesinnenministers, des
Verteidigungsministers und der Bundespolizei sowie durch
alle möglichen bundesgesetzlichen Regelungen, zum Beispiel
im Umweltschutz, hätte dies schwerste existenzielle
Nachteile. Der Bund kann sich hiervon de facto gar nicht
verabschieden. Deshalb wollen wir eine Absicherung, damit in
Zukunft diese Aufgabenerfüllung auch sichergestellt ist.
Konkret bedeute dies: Die Finanzierung der
Olympiastützpunkte, als regionale Spitzensportförderung in
einer Kombination von Bund und Ländern austariert, wäre ohne
Bundesmittel gar nicht zu leisten. Ähnliches gelte für den
Schulsport, der originär Ländersache sei - jedoch: Wenn uns
die Bundesgesundheitsministerin aufruft, in der Prävention
enger mit ihr auf Bundesebene zusammenzuarbeiten, weil wir
katastrophale Umfrageergebnisse über den Gesundheitszustand
von jungen Menschen haben, ist dies auch ein Bundesanliegen.
Denn eine gesunde Bevölkerung lässt sich nicht einteilen in
Nord, Süd, Ost und West. Es ist also auch
Bundes-Zuständigkeit. Und wir können nur mithelfen,
Bundesanliegen zu erfüllen, wenn es diese
verfassungsrechtliche Verankerung gibt. All dies ist nicht
gegen die Länder gerichtet, sondern für die Länder gedacht.
DSB-Generalsekretär Dr. Andreas Eichler unterstrich, die
Verfassung müsste mit dem Schutz des Sozial- und Rechtsgutes
Sport angereichert werden, damit die gesellschaftliche
Geschlossenheit zum Ausdruck gebracht werde. Es gehe dabei
nicht um modeabhängige Werte, sondern um fundamentale
gesellschaftliche Wesenszüge. Der Sport benötige die
Schutzfunktion des Staates, der wegen der autonomen Stellung
allerdings nur eingreifen könne, wenn der Sport sich selbst
nicht helfen könne.
Nicht alle Parlamentarier seien davon überzeugt, die beiden
Letzt-Ziele Kultur und Sport aufzunehmen, erklärte der
Vorsitzende des Sportausschusses des Deutschen Bundestages,
Dr. Peter Danckert (SPD). Die Väter des Grundgesetzes, der
Parlamentarische Rat, hatten Ende der vierziger Jahre des
letzten Jahrhunderts andere Sorgen gehabt, als sich dafür zu
engagieren. Doch jetzt muss es geschehen. Danckert warnte
davor, dass es mit der geplanten Neufassung des Artikels 104
a des Grundgesetzes, der die Ausgabenverteilung regelt, in
Zukunft finanzielle Hilfen des Bundes eigentlich nicht mehr
geben dürfe, wenn eine Länderzuständigkeit vorliegt. Dieses
Förderungsverbot muss fallen, forderte Danckert, denn
anderenfalls wäre die Sport- und Kulturförderung des Bundes
nicht mehr möglich.
Prof. Dr. Max Fuchs, der Vorsitzende des Deutschen
Kulturrats, erklärte, die gemeinsame Initiative von Kultur
und Sport auf Verfassungserweitung habe
taktisch-strategische Gründe, aber auch inhaltliche
Gründe, weil es sehr viele Parallelitäten zwischen Breite
und Spitze und in der Marktlogik gebe. Die Kultur war in
Deutschland schon nationenfördernd, als es noch
Kleinstaaterei gab. Generalsekretär Olaf Zimmermann
unterstrich, die Aufnahme dieser Staatsziele führe zu
fundamentalen Änderungen: Der Staat hat dann eine
unmittelbare Verantwortung, die durch die
Haushaltsaufstellung manifestiert wird. Sport und Kultur
sind die fehlenden Kernwerte in unserer Verfassung.
Nach einem Beschluss der SPD-Bundestagsfraktion soll ein
Artikel 20 b des Grundgesetzes mit dieser Formulierung
aufgenommen werden: Der Staat schützt und fördert die
Kultur. Sport ist als förderungswürdiger Teil des Lebens zu
schützen.
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Autor und Copyright: Mitteilung des Deutschen Sport-Bundes (DSB)
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