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DOSB-Präsident Dr. Thomas Bach ist
für eine Kooperation von Sport und Staat beim Kampf gegen Doping. In einem
Interview mit dem Inforadio Berlin-Brandenburg nimmt Bach unter anderem Stellung
zu einem anlässlich der Ereignisse im Vorfeld der Tour de France von vielen
Seiten geforderten Anti-Doping-Gesetz in Deutschland.
Grundsätzlich unterstreicht
Bach, dass in der Doping-Frage für den DOSB die Null-Toleranz-Politik gelte.
Notwendig seien ein engmaschiges Kontrollnetz, weltweit durchsetzbare Strafen
und die Prävention. "Mit der Einsetzung von drei Anti-Doping-Vertrauensleuten
haben wir da versucht, einen Akzent zu setzen." Monique Garbrecht-Enfeld, Meike
Evers und Frank Busemann seien die Ansprechpartner, "um die Athleten zu
informieren und sie gegebenenfalls rechtzeitig auf den Pfad der Tugend
zurückführen zu können".
Arbeitsteilung zwischen Sport
und Staat In der Diskussion über ein Anti-Doping-Gesetz sprach sich Bach für
eine Arbeitsteilung zwischen Sport und Staat aus, "weil es keiner allein lösen
kann". Der Sport selbst könne Prävention, Tests und Sanktionen am besten wirksam
bewerkstelligen, weil nur Strafen, die durch internationale Verbände
ausgesprochen und gegebenenfalls durch den Internationalen Sportgerichtshof
bestätigt würden, international durchsetzbar seien. "Da nutzt Ihnen ein Urteil
des Amtsgerichts Tiergarten weltweit gar nichts." Der Staat könne Strafen aus
verfassungsrechtlichen Gründen immer nur dann aussprechen, wenn er dem Sportler
eine individuelle Schuld nachweisen kann.
"Das heißt, in jedem Einzelfall
müsste das Gericht dem Athleten nachweisen, dass er selbst diese Mittel bewusst
oder zumindest fahrlässig eingenommen hat. Alle möglichen Ausreden, die wir in
solchen Fällen schon erlebt haben, müsste er nachprüfbar widerlegen. Das muss
ein Sportgericht nicht, weil es davon ausgehen kann, dass ein Dopingfall
vorliegt, wenn es eine positive Probe gibt. Deswegen heißt Arbeitsteilung: Die
Athleten werden durch den Sport kontrolliert und sanktioniert. Was der Sport
nicht kann - und hier brauchen wir dringend die Hilfe des Staates - der Sport
hat keinen Zugriff auf Ärzte, auf Manager, auf Helfershelfer aller Art. Dort
können wir nichts tun. Da muss der Staat eingreifen. Wie der Staat das tut - ob
mit einem Gesetz, das sich Arzneimittelgesetz nennt, ob er dafür ein
Artikelgesetz schafft, ein eigenes Anti-Doping-Gesetz, ist völlig zweitrangig."
Auf die Frage, ob das in
Deutschland existierende Arzneimittelgesetz (§6) überarbeitet werden müsste,
sagte Bach: "Da kann man sicher das eine oder andere verbessern. Aber es wäre
schon ein enormer Schritt nach vorne, wenn das Arzneimittelgesetz erst einmal
konsequent angewendet würde. Es ist nur ein einziges Mal im Verhältnis zu Doping
angewendet worden - und das war im Fall Springstein. Wenn das Arzneimittelgesetz
konsequent angewendet würde, wenn man, von mir seit langem gefordert,
Schwerpunktstaatsanwaltschaften gründen würde, wären wir schon einen
Riesenschritt weiter. Ich sage ja nicht, dass wir am Ziel sind."
Bach verwahrte sich gegen eine
Vereinfachung, die sage: "Gesetz ja oder nein heißt Doping ja oder nein."
Die Aktionen der Justiz in Spanien seien auf Grund eines Gesetzes vorgenommen
worden, das diese Arbeitsteilung auch vorsehe. "Auch in Spanien werden Athleten
nicht mit Gefängnis bedroht." Seine Erfahrung aus den internationalen
Untersuchungen sei, dass beim Doping immer ein Netzwerk existiere. Die
Anti-Doping-Vertrauensleute des deutschen Sports sollten mithelfen, dass solche
Netzwerke erst gar nicht entstehen. "Wenn solche Netzwerke entstehen, muss es
Sinn der staatlichen Tätigkeit sein, sie aufzubrechen, zuzugreifen und eben die
Beschlagnahmungen vorzunehmen, die der Sport nicht vornehmen kann und auch die
Strafen auszusprechen, die der Sport nicht aussprechen kann. Da hat das
bestehende Arzneimittelgesetz schon einige Möglichkeiten. Wenn man hier zu der
Überzeugung kommt, man bräuchte die eine oder andere Verfeinerung oder
Präzisierung, kann niemand etwas dagegen haben. Wichtig sind die Inhalte. Und
diese sind: Der Sport kümmert sich um die Athleten, der Staat kümmert sich um
das Umfeld."
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Autor und Copyright: Mitteilung des Deutschen Olympischen Sportbundes
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