|
|
|
|
|
Jamaica – Cool Runnings - ein Erlebnisbericht von Martin Koller |
|
Ein Erlebnisbericht von Martin Koller (TV-Refrath) über die Teilnahme an einem
10km-Wettkampf in Jamaika:
Jamaica, das ist Reggae, Rasta und
vor allem Come soon, kurz Nur kein unnötiger Stress. Ganz Jamaica? Nein!
Dank den Jamdammers einem Laufclub aus der Hauptstadt Kingston beginnt sich
eine Strassenlaufszene in Jamaica zu etablieren.
Weltklasse-Sprinter(innen)
hatte das Land in der Vergangenheit und aktuell vorzuweisen, aber wer kennt
schon einen Langstreckenläufer aus Jamaica? Um talentierten Nachwuchs zu finden
und für ein leistungsorientiertes Mittel-/Langstreckentraining zu motivieren,
werden jährlich eine Handvoll Läufe in Jamaica veranstaltet, für die eine
Cup-Wertung in verschiedenen Wertungsklassen inklusive attraktiven Preisgeldern
ausgelobt wird. Das Motto des Cups "Put down the gun and run" lässt erahnen,
dass die Initiatoren durchaus handfeste soziale Hintergründe im Blick haben. Zu
diesen Laufveranstaltungen fahren dann etliche mit jugendlichen Teilnehmern
vollbepackte Busse, organisiert von den örtlichen Colleges und High Schools.
Ein 10km-Lauf dieser Cupwertung
fand während meines Jamaica-Urlaubs statt. Klar, diese Gelegenheit wollte ich
mir nicht entgehen lassen. Nach einigen Tagen der Akklimatisierung absolvierte
ich in den folgenden Tagen einige ruhige Strand-Dauerläufe, unter Respect-Bekundungen
aber auch ungläubigen Blicken der Rastas.
Am Tag der Laufveranstaltung
galt es rechtzeitig die 100km-Anreise mit dem Mietwagen anzutreten, da die
Strassenverhältnisse in Jamaica nur einen Schnitt von ca. 30 km/h zulassen. Die
Einheimischen schaffen durch sportlichen Fahrstil natürlich einen höheren
Schnitt, was die Strassen für Touristen etwas abenteuerlicher macht. Aber nach
gut vier Stunden Fahrt durch die Berge und einem abgebrochenen Außenspiegel
der entgegenkommende Lastwagen hat gewonnen erreichten wir dann doch den
Burger King in Portmore, Startpunkt des Laufes und gleichzeitig Hauptsponsor
der Veranstaltung.
Um der Hitze zu entgehen werden
die Startzeiten der Läufe in Jamaica durchaus auf die Zeit vor Sonnenaufgang
gelegt. Mein Lauf leider nicht, der Start war für 15:30 Uhr angekündigt.
Entsprechend heiß und schwül war es dann auch. Ich beschloss, dass bei den
tropischen Bedingungen knappe 30 Minuten für das Einlaufen völlig ausreichend
sind. Also ging es zunächst mal in den klimatisierten Burger King. Während
meine Begleiter sich mit Fast Food versorgten, betrachtete ich mir die übrigen
Teilnehmer, die sich scheinbar schon lange vor dem Start draußen in der Hitze
intensiv einliefen und dehnten. Die Bandbreite war beeindruckend. Einige gut
ausgestatte Athleten(innen), aber auch viele mit einfacher Kleidung und
Leinenschuhen. Um als nahezu einziger hellhäutiger Teilnehmer nicht zu dekadent
aufzutreten, ließ ich dann doch meine Forerunner-GPS-Uhr unauffällig in der
Tasche verschwinden.
|
Ca. 45 Minuten vor der geplanten
Startzeit orientierten sich die da draußen mehr und mehr Richtung Startlinie und
mich beschlich mich ein ungutes Gefühl. Und tatsächlich, der Start war um eine
halbe Stunde vorverlegt worden, mir blieben nicht mal 10 Minuten um mich
umzuziehen und startklar zu werden. Gerade rechtzeitig schaffte ich es noch und
zwängte mich in die dritte Startreihe. So stand ich dort, allein unter
Dunkelhäutigen, durchaus eine interessante Erfahrung die erahnen lässt, wie man
sich im umgekehrten Fall fühlen muss. Ich fragte meine Nachbarn noch, welche
Zeiten sie denn so laufen, erntete aber nur fragende Blicke. Sie hatten keine
Uhren an und liefen offensichtlich rein nach Gefühl.
Der Startschuss war Auslöser
eines kollektiven Massensprints, nur mit entsprechendem Körpereinsatz gelang es
mir auf den Beinen zu bleiben. Dies war wohl darauf zurückzuführen, dass viele
unerfahrene Teilnehmer am Start waren und die vorherigen Läufe der Cupwertung
nur 5 km lang waren. Ich selbst wurde so an Position 100 durchgereicht und
sehnte mich schnell nach meinem klimatisiertem Burger King. Glücklicherweise
hatten die Organisatoren alle zwei Kilometer eine Getränkestation aufgebaut, die
ich auch ohne Ausnahme in Anspruch nahm. Viele der Start-Sprinter mussten nach
und nach dem hohem Tempo Tribut zollen und fielen zurück.
Die Laufstrecke selbst war
nicht sehr attraktiv, ein 10km-Strassen-Rundkurs durch die Außenbezirke
Portmores. Interessant waren schon eher die Reaktionen der Menschen am
Strassenrand. Das Leben in Jamaica findet überwiegend im Freien statt, d.h., es
war entsprechend was los. Ich war offensichtlich eine echte Attraktion.
Kommentare wie Oh, look, a white man oder Force - white man - Force waren
keine Seltenheit. Es gab allerdings auch einige weniger freundliche Kommentare,
die meine dunkelhäutigen Mitläufer aufforderten, den White ... abzuziehen.
Aber No Problem, stattdessen wechselte mich mit meinen Begleitern sportlich
fair in der Führung unserer Gruppe ab.
Die schnellste weibliche
Teilnehmerin lief unmittelbar vor mir. Ich war doch etwas überrascht, dass
plötzlich ein Begleitwagen mit Kameramann neben uns fuhr, und sie filmte. Bei
insgesamt 300 Teilnehmern hatte ich nicht mit so großem Kino gerechnet.
Irgendwann war dann das Ziel erreicht, als 41. in 37:56 Minuten. Der Sieger lief
unter 32 Minuten, 15 Teilnehmer blieben unter 36 Minuten, 25 Teilnehmer unter 37
Minuten. Im Vergleich zu hiesigen Läufen eine sehr gute Leistungsdichte.
Auch im Zielbereich war die Presse
groß vertreten. Es wurde ausgiebig fotografiert und die Fernseh-Leute
interviewten die Sieger. Ein Mitglied der Jamdammers erklärte mir später, dass
auch der Presserummel durchaus im Gesamtkonzept vorgesehen ist, um die
Motivation für die talentierten Läufer(innen) zu erhöhen. Wer sieht sich nicht
gerne später im Fernsehen
Leider blieb nach dem Lauf
nicht mehr viel Zeit für einen Plausch mit den Jamdammern, da wir ja wieder eine
vierstündige Rückfahrt vor uns hatten. Also wurde noch schnell die Startnummer
gegen Fast Food eingetauscht (ein Geschenk des Sponsors Burger King) und die
Rückfahrt angetreten.
Kleine Anekdote zum Schluss:
Nach knapp 30stündiger Rückreise nach Deutschland wachte ich am darauf folgenden
Tag erst um 13:10 Uhr auf. Nicht weiter tragisch, wäre nicht um 14:00 Uhr der
Startschuss zum ersten Lauf der Winterlaufserie der SG Bockenberg gewesen, ein
Pflichttermin für mich seit Jahren. Also hieß es mal wieder sputen, um
rechtzeitig an der Startlinie zu stehen
Wer sich für einen Lauf in
Jamaica interessiert, dem sei der Reggae-Marathon (der heißt wirklich so!)
empfohlen, der immer am ersten Wochenende im Dezember stattfindet, Start um 5:15
Uhr! Mehr Infos unter
www.reggaemarathon.com oder unter der Homepage des Jamdammers Running Clubs
www.jamdammers.com.
__________________________________
Autor und Copyright: Martin Koller
|
|
|
|
|
|