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Dr. Edwin Roth: Marathon-Projekt 50 geschafft...
 
 
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04.08.2003  

 
 

Ein Bericht von on Dr. Edwin Roth:
 
 

Edwin Roth im Ziel von Marathon, im Staat Iowa, USA.
 

 
Ein acht Jahre dauerndes Marathon-Projekt ging am 21. Juni 2003 zu Ende. Zielpunkt meiner „Odyssee“ war, dem Anlass entsprechend, das kleine Städtchen Marathon in Iowa, USA. Mit dem Zieleinlauf beim diesjährigen Marathon-to-Marathon inmitten unendlicher Maisfelder im mittleren Westen der USA war es also geschafft: Je ein offizieller Wettkampf über (mindestens) die klassische Marathondistanz von 42,2 km bzw. 26,2 Meilen innerhalb der vorgegebenen Zielschlusszeit beendet; und zwar in jedem der 50 Bundesstaaten der USA. Nach Auskunft des 50-States-Marathon-Club der USA bin ich der erste Europäer der dies geschafft hat. Auch eine Art Rekord, denke ich.
   
Begonnen hatte alles im November 1995 beim New York City Marathon, kurz nachdem ich für einige Zeit beruflich nach New Jersey versetzt worden war. Da meine Frau und ich begeisterte Marathonis sind und ebenso gerne reisen, folgten alsbald die Marathons in Houston, Boston, Honolulu, einige kleinere Marathons an der Ostküste der USA oder wo uns sonst unsere meist kurzen Urlaubsreisen hinführten.
Als wir im Jahr 1999 nach Deutschland zurückkehrten, hatte ich Marathons (bzw. Ultramarathons) in 22 Staaten gelaufen und war Mitglied im 50-States-Marathon-Club, dessen Mitglieder das gemeinsame Ziel verfolgen, je einen Marathon in allen 50 Staaten der USA zu absolvieren.
Inden darauf folgenden 4 Jahren plante ich sorgfältig meine Urlaubstage, prüfte ständig die Reise-Sonderangebote von Fluggesellschaften, studierte im Internet die Marathontermine in den USA oder klügelte logistische Feinheiten unserer zahlreichen USA-Reisen aus. Insgesamt 3 mal musste ich sogar zwei Marathons an einem Wochenende einplanen; jeweils noch mit längeren Fahrten oder Flügen dazwischen. Bei allen unseren Reisen hatten wir jedoch Gelegenheit, Land und Leute auf ganz andere Art und Weise kennen zu lernen, als man es als Tourist könnte. Man kommt an Orte, die man sonst wohl nie absichtlich besuchen würde und trifft jede Menge interessante und nette Leute. Natürlich sieht man auch immer wieder andere „50-Stater“ und wirklich verrückte  Typen wie z.B. den Sandalenläufer „Matti Hyguy“, den Schweden K.G. Nyström, der schon 25 Marathons auf Krücken absolviert hat, oder den Engländer „Big Dave“, der stets im Clownskostüm und der Englischen Nationalflagge auftritt.
 

Zu den meisten der 50 Läufe könnte man eine eigene kleine Geschichte schreiben. Ganz besonders erwähnenswert sind aus meiner Sicht einige der Ultras, die ich absolvierte. Mein Arizona-Lauf war ein 50-Meiler (80,5 km) durch die Wüste in der Nähe von Phoenix. Nach dem Start um 3 Uhr morgens im Dunkeln irgendwo in der Wüste konnten wir gegen 6 Uhr in den „Tequila Sunrise“ hineinlaufen, am Vormittag führte uns der Lauf zwischen großen Kakteen hindurch durch einsame und karge Landstriche laufen, und anschließend mussten wir kräftig klettern bis zum Ziel in der alten Goldgräberstadt Crown King, wo ein leckeres Barbeque auf uns wartete.
Ganz anders der John F. Kennedy 50 Meiler in Maryland, der zahlenmäßig größte Ultra der USA mit knapp 1000 Startern. Schöne und anspruchsvolle 15 Meilen auf dem Appalachen Trail werden gefolgt von 26 Meilen Schotterwegen vorbei an einigen historischen Orten. Zum Schluss folgen recht hügelige 9 Meilen auf Asphalt, die von vielen schon in Dunkelheit absolviert werden müssen.
Die absolute Krönung bleibt für mich allerdings der Western States 100 Mile Endurance Run in Kalifornien. Der Punkt zu Punkt Kurs führt von Squaw Valley (ja, das ist der Ort der Winterspiele von 1960) auf etwa 2000 m Höhe insgesamt etwa 5000 Höhenmeter bergauf und knapp 7000 Meter bergab bis nach Auburn, CA. Dabei durchläuft und erlebt man die Wildnis der Sierra Nevada mit ihren schönen Höhenzügen und tiefen, steilen Canyons hautnah. Besonders nachts ist das ein ganz besonderes Erlebnis, vor allem für Alleinläufer. Jeder, der dort unter 24 Stunden bleibt, gewinnt eine echt silberne schöne Gürtelschnalle. Meine Zeit: 23:53 Std.(!)
  Völlig anders einige meiner „klassischen“ Marathons: Der 100ste Boston Marathon, New York City, Disney World, Honolulu oder Twin Cities in Minneapolis/St.Paul waren typische Stadtmarathons mit großen Teilnehmerzahlen. den mittleren gehören z.B. Atlanta, Philadelphia, Las Vegas, New Orleans, Boise, Milwaukee, Lincoln oder Cleveland, die alle ihren jeweils spezifischen Reiz haben. Viel schöner jedoch, weil mit weniger „Stress“ verbunden und meist besonders liebevoll organisiert, sind die kleinen Marathons mit oft nur 100 bis 300 Teilnehmern. Dort herrscht stets eine sehr familiäre Atmosphäre, und die Portionen bei den Pasta-Parties sind immer besonders groß. Taos, New Mexico fertigte der Race Director, ein Indianerkünstler persönlich einen Extrapreis für mich an („Runner from the farthest“). Schade, dass ich dort nur einen Tag Zeit hatte. Der sehr schöne Kurs liegt übrigens komplett über 2400 m Höhe genauso beim Wyoming Marathon in der Nähe der „Western Städte“ Cheyenne und Laramie. Landschaftlich besonders schön war der Columbia River Gorge Marathon in Hood River, Oregon. Dort ging ich jedoch wider besseres Wissen mit einer Verletzung an den Start, und nach sehr mühsamen 5 Std.31 musste ich dort meinen mit Abstand langsamsten Marathon verbuchen. Erwähnen muss ich auch den Hatfield-McCoy-Marathon, der von den „Hillbillies“, wie sich die Leute im („sehr ländlichen“) östlichen Kentucky gerne selbst nennen, liebevoll und familiär organisiert wird. Der Lauf wird in Erinnerung an die berühmte Familienfehde zwischen den Hatfields und den McCoys ausgetragen und findet seit 3 Jahren immer am „Hatfield-McCoy-Reunion“ Wochenende Mitte Juni statt. Ich lief dort vor wenigen Wochen meinen 49sten Staat und hatte das Glück, etwa 1 Stunde lang mit einem echten McCoy zu laufen. Der anspruchsvolle Kurs führt an Plätzen vorbei, wo das ein oder andere Mitglied der beiden Familien entweder erschossen, erstochen oder erhängt wurde oder wo einst das Hatfield Haus abbrannte. Vor wenigen Wochen erst haben die beiden Familien eine Art offiziellen „Friedensvertrag“ geschlossen.
Dagegen waren die Marathons in Goodland, Kansas und in Gulfport, Mississippi bei noch so liebevoller Organisation vor allem dadurch gekennzeichnet, dass die Laufstrecken dort praktisch 21 km immer geradeaus am Highway entlang und genauso geradeaus wieder zurück führten. Aber auch solche mentalen Herausforderungen muss man einfach hinnehmen.
Ein echtes Highlight in dieser Hinsicht war ganz bestimmt auch der „Longest Day Marathon“ in Brookings, South Dakota. Der Name des Laufs stammt noch aus der Zeit, als der Termin noch am Sommeranfang lag. Jetzt hat man den Lauf in den April verlegt. Im Jahr 2000, nachdem ich mühsam dort angereist war, gab es am Renntag morgens Schnee, Wind und Eisregen, so dass das Rennen nicht wie vorgesehen stattfinden konnte. Lange haben damals einige der zum Teil von weit her angereisten 50-Stater mit dem Race Director diskutiert, bis dieser die Idee hatte, bei der nahe gelegenen University of South Dakota die 200 Meter-Bahn in der Halle zu benutzen. Das klappte tatsächlich, und so konnte das Rennen mit 2 Stunden Verspätung gestartet werden. 75 Läufer und 25 gestresste Rundenzähler retteten so den „Longest Day Marathon“ 2000 vor einer Komplettabsage. Und auch ich konnte glücklich wieder abreisen, nachdem ich 209 Runden im Staat South Dakota im Kreis herum gelaufen war. Nicht vergessen möchte ich jedoch den Blue Springs Marathon in der Nähe von Kansas City im Staat Missouri. Im November 1999 fand ich mich dort morgens um 5 Uhr im Dunkeln ein. Etwa 120 Läufer hatten sich angemeldet, um entweder Marathon, 50 km oder 50 Meilen zu laufen. Die Strecken bestanden aus Trails, die anfangs von allen Teilnehmern gemeinsam gelaufen wurden und später je nach Distanz verzweigten. Ich lief ganz komfortabel und wunderte mich schon, dass ich an vierter Stelle blieb, obwohl ich mich für einen nur wenige Tage später stattfindenden Ultra schonte. Als ich nach 25,5 Meilen (ca. 41 km) an die letzte Abzweigung kam, rief mir der Streckenposten zu: „What are you running?“ Ich antwortete: „Marathon!“ Darauf der Streckenposten: „This way“ und deutete auf einen etwas breiter werdenden Feldweg zu seiner rechten. Als ich an ihm vorbei lief, begann er zu klatschen und rief: “Good job! You’re First“. Da wurde mir klar, dass die drei schnelleren Läufer offenbar die längere Distanz gewählt hatten und nicht die Ziellinie des Marathon passieren würden. So gewann ich das erste und bisher einzige Rennen meines Lebens und bin mit einer Zeit von 3 Std. 39 Min. als Sieger von 26 Finishern des Blue Springs Marathon in Missouri 2000 dokumentiert. J
 
 
Neben den fast immer schönen Lauferlebnissen werden mir die vielen netten und interessanten Bekanntschaften in Erinnerung bleiben. Aus vielen sind inzwischen echte Freundschaften geworden.
 
 

Edwin Roth, und seine Frau.

 
allem in immer zahlreicher werdenden E-mails werden die neuesten Laufabenteuer erzählt oder Verabredungen für ein künftiges Treffen bei  einem weiteren Lauf getroffen.  
 
Freunde und Bekannte gehen davon aus, dass ich den zweiten Teil meines „Projekt 50“ auch schaffe. Das wäre dann nämlich mein 50ster Geburtstag. Na, hoffentlich!
Vor allem aber fragen sie mich: „Was kommt denn als nächstes?“
Diese Frage kann ich noch nicht beantworten. Aber eines ist sicher: Ich werde weiter Marathons laufen, und ich werde weiter Reisen unternehmen. Dabei werde ich sicher auch meine Frau begleiten, wenn auch sie in den nächsten Jahren ihre Marathons in allen 50 Staaten der USA komplettieren wird.





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Autor und Copyright: Dr. Edwin Roth,

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