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Vor der U20-EM in Hengelo (19. bis 22.
Juli) reden die beiden 800-Meter-Läufer Sabrina Buchrucker und Robin Schembera
im Interview offen über ihre unterschiedlichen Erwartungen an die Meisterschaft,
den besonderen Reiz der 800-Meter-Strecke und wie sie Schule, Leistungssport und
ihre Beziehung unter einen Hut kriegen. Besonders für Schembera wird die U20-EM
zur Nagelprobe schließlich ist er als schnellster Europäer der Top-Favorit auf
Gold.
Frau Buchrucker, Herr Schembera, was macht die 800-Meter-Strecke so
spannend?
Buchrucker: Die 800 Meter sind einfach die
perfekte Mischung: Nicht zu kurz und nicht zu lang, gerade richtig, um sich für
den Start und die erste Kurve in Bahnen, ein hohes Renntempo, Rangeleien,
Taktiken und einen spannenden Schlussspurt zu begeistern.
Schembera: Ich sehe das ähnlich. Meiner Meinung nach
gehört diese Strecke zu den spannendsten Disziplinen, die die Leichtathletik zu
bieten hat. Gerade eben die Rangeleien und die Kämpfe um die vorderen Plätze.
Manchmal ist man mit acht Läufern auf zehn Metern verteilt. Das ist an den 800
Metern so faszinierend.
Sie beide vertreten die deutschen Farben am Wochenende in Hengelo über 800
Meter. Was haben Sie sich für die Junioren-EM vorgenommen?
Buchrucker: Ich werde mein Bestes geben, um den
DLV so gut wie möglich zu vertreten. Ein Einzug ins Finale und damit Punkte für
unsere Mannschaft wären natürlich super.
Schembera: Nach dem Europacup in München darf ich
Deutschland in diesem Jahr nun schon zum zweiten Mal vertreten. Ich liebe diese
taktischen Rennen bei Meisterschaften und somit gehe ich auch mit großer
Motivation und Vorfreude in die Läufe. Auch wenn es für mich nicht so leicht
wird, dort als Favorit aufzulaufen.
Mit 1:46,61 Minuten sind Sie in diesem Jahr klar der schnellste Junior
Europas. Ist da der EM-Titel in Hengelo nicht schon fast Pflicht?
Schembera: Ich bin es gewohnt, dass man hohe
Erwartungen an mich stellt. Dieses Mal ist der Druck aber noch größer als in der
Vergangenheit. Bisher ging es immer darum, einer der schnellsten Deutschen zu
sein und international das Finale zu erreichen. In Hengelo muss ich beweisen,
dass ich wirklich der schnellste Junior Europas bin. Eine Medaille ist für mich
Pflicht, wenn sie dann auch noch vergoldet ist, fällt mir ein riesiger Stein vom
Herzen.
Frau Buchrucker, Sie sind die ganze Saison 2006 wegen einer
Borreliose-Erkrankung ausgefallen. Wie groß ist Ihre Genugtuung, sich für die
JEM mit einer neuen Bestzeit von 2:05,74 Minuten qualifiziert zu haben auch
wenn sie dort als Elfte der Meldeliste nicht zu den Medaillen-Kandidatinnen
zählen?
Buchrucker: Ich bin überglücklich, die
Krankheit überwunden zu haben. Es war nicht von Anfang an klar, ob ich wieder an
meine alten Leistungen anknüpfen würde. Daher freue ich mich besonders, dass ich
schon früh in der Saison Bestzeit laufen konnte. Mein großes Saisonziel war die
Qualifikation für die U20-EM nicht etwa eine Medaille in Hengelo. Ich bin sehr
stolz, dass ich mein Ziel erreicht habe und wieder dabei bin.
Anfang Juli haben Sie noch einen erfolgreichen 400-Meter-Test bestritten.
Wie wichtig ist über 800 Meter eine gute Grundschnelligkeit über die
Unterdistanz?
Buchrucker: Die Grundschnelligkeit ist das A
und O bei Meisterschaftsrennen. Die meisten Läufe werden auf den letzten Metern
entschieden, deshalb ist für mich eine schnelle Zeit über die Unterdistanz eine
unbedingte Vorraussetzung.
Schembera: Ich schließe mich der Meinung von Sabrina
an. Unser Training ist ganz klar auf die Unterdistanzen ausgerichtet. Seit
diesem Jahr haben wir uns noch mehr auf die Grundschnelligkeit fixiert und haben
damit tolle Leistungen erzielt. Mit dem angesprochenem 400-Meter-Test in 47,98
Sekunden war ich allerdings nicht zufrieden. An diesem Tag hat psychisch wie
auch physisch gar nichts funktioniert, obwohl ich meine Bestzeit um fast eine
halbe Sekunde gesteigert habe.
Sie trainieren nicht nur in Leverkusen in einer Gruppe, sondern sind auch
seit 2005 ein Paar. Wie darf man sich eine solche Sportler-Liaison abseits des
Trainings und der Wettkämpfe vorstellen?
Buchrucker: Natürlich gibt es Vor- und
Nachteile aber das ist ja in jeder Beziehung so. Durch den Sport und die
Schule haben wir unter der Woche nicht viel Zeit füreinander, da kommt das
Training gerade gelegen, um sich auch mal in der Woche zu sehen. Allerdings kann
es schnell passieren, dass man sich vom Training ablenkt. Und natürlich ist es
schön, Wettkämpfe mit seinem Freund zu bestreiten, sodass man sich gegenseitig
unterstützen kann.
Schembera (lacht): Leider sorge ich immer für die
Ablenkung im Training. Das endet dann auch manchmal im Streit. Diese
Ungereimtheiten bekommen wir aber schnell in den Griff. Unser Trainer Adi Zaar
und auch Sabrina werfen mir dann meist einen bösen Blick zu, wodurch mir schnell
bewusst wird, dass mein Mund wohl mal wieder ein wenig zu schnell war. Zum
größten Teil ergänzen wir uns aber ziemlich gut und unterstützen uns in jeder
Lebenslage. So bekomme ich zum Beispiel Ärger mit Sabrina, wenn ich mich mal
schlecht ernähre oder bei den Dauerläufen ein bisschen schludere. Sie wird von
mir hingegen aufgebaut, wenn sie sich in einem Tief befindet. Dadurch entsteht
ein großer Rückhalt, der uns zusammenschweißt.
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Autor und Copyright: Martin Neumann
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