|
Ein Erlebnisbericht von Heiner
Kutza aus Osnabrück, der beim Laufen-in-Koeln Gewinnspiel einen Freistart zum 2.
Fishermans Friend Strongman Run 2008 gewann:
Hindernisrennen in Weeze
- bei soviel Erlebtem verblasst jeder andere Lauf... und berichten kann man
auch ein Minimum
Es mögen an die 20 Jahre her gewesen sein, Joggen, bzw. Laufen war für mich
damals noch ein "Fremdwort gewesen, als ich zufällig im TV einen kurzen Bericht
über ein englisches Laufspektakel gesehen hatte: Ein Haufen verrückter Männer
(an Frauen kann ich mich nicht erinnern) quälten sich im Januar (!) nicht nur
durch jede Menge Matsch und Schlamm, sondern auch noch über martialische
Hindernisse. tough guy wurde es genannt, ein, für mich, sehr einprägsamer
Name.
Mittlerweile war ich selber zum
wettkampferfahrenen Läufer geworden, als ich im letzten Jahr diese Art Wettkampf
auch bei uns entdeckte: Fishermans Strongman Run genannt. In einem
Kasernengelände bei Münster, im März, sollte es stattfinden, also fast vor der
Haustür. Sollte ich mitmachen, obwohl ich in der Vorbereitung des Hermannslaufes
mit meinem Sohn Olli war? Ich war unschlüssig, aber ich erinnerte mich an den
Fernsehbericht, suchte und wurde bei www.toughguy.co.uk.de fündig, die Bilder
sprachen für sich! Dann besser doch nicht, erstmal abwarten, vielleicht im
nächsten Jahr, usw......
2008 sollte die 2. Auflage in
Weeze (nie gehört) am 13. April sein, also über 200 km von Osnabrück entfernt an
der holländischen Grenze. Ach nee, dass ist mir eigentlich zu weit weg und mit
Olli will ich in Paderborn laufen und dann den Hermannslauf, es passt eigentlich
nicht..... Aber, ruckzuck, ist das Limit von diesmal 5000 Teilnehmern schon
Anfang Januar erfüllt und damit ist schon die Entscheidung für mich gefällt
worden!
Anfang März sehe ich bei
www.lauftreff.de, dass bei www.laufen-in-koeln.de drei Freistarts (Wildcards)
verlost werden. Ich bewerbe mich in der festen Meinung, dass ich sowieso nicht
gewinne. Und dann, auch noch am 1. April (!), bekomme ich die Mailnachricht,
dass ich einer der Gewinner bin - jetzt bin ich doch dran, herzlichen Dank!
Eigentlich wollte ich ja gar nicht. Speziell darauf trainiert bin ich nicht, das
bisherige Training muss reichen, denn jetzt will ich hin ich will ein Strongman
werden! Erstmal schaue ich mal auf deren Homepage www.fishermansfriend.de nach
was mich dort erwartet. Und das ist schon einiges! Die Länge der Strecke wird
ca. 16 km querfeldein in 2 Runden von jeweils 8 km betragen, auf jeder Runde
sollen mindestens 14 Hindernisse auf uns warten.
Am nächsten Tag ist schon die
Wildcard da, nein nicht nur eine, sondern zwei! Auf meinen Anruf hin wird mir
beschieden, dass es ein Versehen ist, ich sie aber ruhig behalten und
verschenken kann. Das freut mich, dass ich damit jemandem eine Freude bereiten
kann. Aber wem? Und schnell muß es auch sein, denn spätestens am 4.4. muss
angemeldet sein. Ich tätige den ersten Anruf und bekomme die erste Absage: Werde
an diesem Termin nicht anwesend sein und bin in den letzten Monaten kaum zum
trainieren gekommen. Und damit begann ein so nicht erwarteter Telefonmarathon:
Dafür nicht fit genug, nicht mehr jung genug, so was ist nichts für mich, ich
gefährde damit meine Ambitionen für den Lauf xy, laboriere an einer Verletzung,
wichtige Familienfeier, etc. Ich habe Einzelne angesprochen, Lauftreffleiter
haben für mich nachgefragt und unter Studenten habe ich es auch versucht. Es war
zum verzweifeln. Aber dann konnte ich letztendlich doch noch einem eine Freude
bereiten: Rolf, aus dem fernen Hennef. Seit ich Sabine (seine Frau) und ihn vor
6 Jahren zum Hermannslauf "verführt hatte, sehen wir uns gelegentlich dort und
halten Mailkontakt. Drei seiner Freunde hatten sich rechtzeitig gemeldet, er
aber nicht...... Am Telefon, während ich ihm die Daten der Wildcard durchgebe,
meldet er sich an. Schrecksekunde, seine Nummer wird nicht akzeptiert. Grund:
Der Großbuchstabe I entpuppt sich als 1. Und dann geht alles klar, er ist dabei.
Seine Freude ist groß, Sabine enthält sich eines Kommentars, denn beide werden
noch 2 Wochen später beim Hamburger Marathon starten (siehe Ambitionen für Lauf
xy).
Nun bin ich also angemeldet und
eine Mitfahrgelegenheit habe ich auch. Das ist mir sehr lieb, denn es könnte
durchaus passieren, dass man sich dort verletzt. Bei Johnnes, schon angemeldet,
wird noch kurzfristig entschieden ob und wie er laufen wird, aber sein Sohn wird
starten. High Noon ist der Start.
Mir ist bewusst, dass ich für
den Strongman nur dilettantisch vorbereitet bin, aber ich verfalle nicht in
Hektik. Es wird kommen, wies kommt, meine Fitness wird schon reichen so hoffe
ich. Was auch schon da sein sollte, am Freitag per Mail angekündigt, sind die
Unterlagen! Aber erst drei Tage vor dem Start halte ich sie in den Händen und
zwar komplett, mit Startnummer (5340) und allem was dazu gehört.
Um 7:30 fahre ich los, werde
von Johannes, seinem Sohn Sebastian und dessen Frau Isabell schon draußen
erwartet und gegen 8:00 starten wir durch. Unterwegs erfahre ich, dass Johannes
seinen Sohn, ohne dessen Wissen, angemeldet hat! Das wird einfach so (positiv)
akzeptiert. Ohne Probleme sind wir schnell ans Ziel gekommen und parkten
ziemlich nah am Geschehen auf einer Wiese. Allerdings hatte es unterwegs sehr
ausdauernd und z.T. heftig geregnet und es sah auch nicht so aus, als sollte
sich das ändern. Aber das täuschte, es regnete nicht mehr und die Temperaturen
stabilisierten bei 10 - 12° C.
Nach einer kurzen
Besichtigungstour, es waren noch über 90 Minuten bis zum Start, verbrachten wir
noch einige Zeit im Auto, bevor Vater und Sohn sich am und im Auto umzogen. Ich
wollte damit so spät wie möglich anfangen, um nicht vorzeitig auszukühlen. Das
war auch gut so, denn auf dem Weg zum Garderobenbunker kam die Durchsage, dass
der Start um eine halbe Stunde verschoben wird (Grund war wohl, dass viele
Teilnehmer nicht rechtzeitig anwesend waren).
Kurze Hose war klar. Oben rum hatte ich mich für ein auszurangierendes Oberhemd
mit aufgekrempelten Ärmeln entschieden. Einerseits als kleiner Gag, andererseits
um meine Ellbogen beim krabbeln durch die Betonröhren zu schützen. Aus dem
gleichen Grund hatte ich auch Fahrradhandschuhe an und abgeschnittene Strümpfe
unterhalb der Knie, um sie kurz vor dem Einsatz darüber zu ziehen. Auffällig
sind die vielen unterschiedlichen, z.T. extremen Verkleidungen, von denen ich
nur einen Teil hier und unterwegs zu sehen bekomme. Aber auf den Bildern werden
sie alle zu sehen sein.
Johannes hatte sich trotz
gewisser Knieprobleme doch zum Mitlaufen entschieden. Ob er auch Hindernisse
bewältigen oder nur eine Runde mitlaufen würde, wollte er während des Rennens
entscheiden. Die Atmosphäre genießend schlenderten wir beide noch im Start /
Zielbereich umher, bis wir der Meinung waren, dass es jetzt Zeit für den
Startbereich sei. Für mich natürlich viel zu spät wie ich auf einmal
feststellte, denn ich wollte mich doch im ersten Drittel aufstellen und damit
war es jetzt nichts. Alles war schon proppevoll und ich musste mich doch
ziemlich weit nach hinten begeben, um einen Platz im recht engen Startkanal zu
bekommen.
Nach dem Start dauerte es fast
3 min, bis ich über die Matten der Zeiterfassung laufen konnte. Ich konnte nur
langsam laufen und dann war nach ca. 400 m schon der erste Stau. Grund war eine
Verengung durch einen Zaundurchlass. Der nächste Stau, wenn auch nur kurz, war
beim ersten Hindernis, einem steilen Erdbunker. So steil, dass er, jedenfalls
für mich, nicht hoch zu laufen war und runter sowieso nicht. Im Gegenteil, ich
musste ihn auf dem Hosenboden runter rutschen. Wenn die anderen, noch zu
bewältigenden Bunker auch so sein sollten, dann gute Nacht Hosenboden. Der
letzter Stau, schon von weitem zu sehen, bildete sich vor der mit Strohballen
eingefassten 6 m hohen Mauer. Meine Wartezeit betrug weit über 5 min bis ich am
Fuß der Mauer stand um diese mit Hilfe meiner Mitstreiter zu überwinden, bzw.
meinerseits Anderen dabei zu helfen nach oben zu kommen. Oben angekommen musste
man sich auf die Kuppe setzten um sich anschließend auf die ca. 2 m tiefer
liegenden Strohballen runter zu lassen. Die restlichen Meter hüpfte man dann von
Strohballen zu Strohballen nach unten. Im Wettkampf denkt man ja zum Glück nicht
darüber nach, wie hoch das ist und was alles passierten könnte!
Erst ab diesem (Zeit)Punkt
begann für mich der Strongman so, wie ich ihn mir vorgestellt hatte, nämlich
ohne Wartezeiten zum Ausruhen. Ab jetzt konnte ich, von kleinen Ausnahmen
abgesehen, so laufen, wie ich wollte und brauchte an den Hindernissen ggf. nur
noch auf den direkten Vordermann zu warten.
Das waren die mehrfach
hintereinander aufgestellten über 1,2 m hohen Strohballen. Meine Technik war es,
sich mit Armschwung drauf zu setzen um anschließend die Beine rüber zu
schwingen. Mit den Knien zuerst drauf zu kommen erwies sich dagegen als nicht so
erfolgreich. Kurz abwarten musste man auch vor den Röhren. Aber die kurze Zeit
benötigte ich für das Hochziehen meiner Knieschützer.
Die mehrfach hintereinander
liegenden Erdbunker lief ich nur anfangs ganz hoch und trippelte sie
anschließend vorsichtig hinunter, nahm den letzten Schwung noch mit, um dann den
nächsten Bunker zu erklimmen. Wenig später begnügte ich mich damit sie bis zu
einem Drittel hoch zu laufen.
So richtig hart wurde es aber erst, als es in die (erste) Schlammpassage ging.
Schöner, mal dicker, mal wässeriger, grauer, bis über kniehoher, in alles
eindringender Schlamm. Danach war alles anders, ab jetzt fing der Strongman erst
richtig an! Schlagartig wurden die Schuhe sauschwer und wurden es noch mehr, als
es direkt danach auf und über die Sandberge ging. Langjährige Fachkenntnisse
lassen sich auch bei solchen Events nicht ausblenden und so fielen mir sofort
die unterschiedlichen Sandarten der zu bezwingenden Dünen auf. Diejenige, die
aus Grobsand bestand war auf jeden Fall am schwersten zu bewältigen. Einfacher
waren die aus schluffigem Sand bestehenden und dazwischen lag die Düne aus
kiesigem Sand. Danach war man fast schon froh, dass es nach der Krabbelpassage
unter Draht, in den Teil der Sandgrube ging, wo die Wasserpassagen auf einen
warteten (um den an den Schuhen befindliche Dreck los zu werden). Entlang eines
Förderbandes musste man zuerst ungefähr 120 m durch einen kleinen See laufen
oder waten, je nach Tiefe war man also ggf. bis zum Schritt im eisigen Wasser.
Zeit genug, um die Muskulatur (zu) hart werden zu lassen, wie ein Teilnehmer
während der 2. Runde knapp hinter mir erfahren musste. Ich hörte ein lautes
Aufstöhnen und das Wort Wadenkrampf. Aber sofort hatte er vom Mitstreiter hinter
ihm Hilfe bekommen. Kurz danach musste ich meinen linken Schuh entleeren; war
echt erstaunt, wie ein solch großer Kiesel in den Schuh kommen kann! Aber lieber
die 2 min Zeitverlust als Blasen.
Kurz vor Ende der 1. Runde kam
die Verpflegungsstation an der ich nur Wasser tankte. Bisher war alles gut
gegangen und ich wusste nun was wieder auf mich zu kommen wird. Der 1. Bunker
ist auf der Rückseite noch glatter geworden, d.h. es noch rutschiger geworden.
Die Mauer ist jetzt ohne Stau davor brauche ich Hilfe? Nein, dass schaffe ich
allein! Wieder bei der 1. Schlammpassage rettet mich dagegen ein schneller Griff
eines jungen Mannes vor dem Stolpern Danke!
Ab jetzt merke ich doch
deutlich die bisherigen Anstrengungen, mein Laufschritt ist schon schwerfälliger
geworden und bleibt auch so. Na gut, dann laufe ich eben langsam, aber gehen muß
ich nicht. Die Hindernisse sind selbstverständlich nicht mehr so einfach zu
überwinden, man benötigt eben mehr Zeit. Und diese Zeit geht (leider) doch noch
über die zwei Stunden hinweg. Plötzlich höre ich von einer Streckenordnerin:
Nur noch 500 m! Nach weiteren 200 m glaube ich das auch, strenge mich noch mal
für einen Endspurt an und zerreiße auf der Ziellinie, like Hulk Hogan, mein
Hemd Strongman.
Aber wenns ums Duschen geht
bin ich, als bekennender Warmduscher kein Strongman...... A....kalt ist es und
so begnüge ich mich damit meine Beine, Arme und mein Gesicht zu waschen eben
das was dreckig geworden ist, den Rest dann zu Hause. Und dann läuft mir auch
noch ein glücklich zufriedener Rolf, der Empfänger der 2. Freikarte, über den
Weg, der sich freut mit dabei gewesen zu sein.
Ich bin kurz davor meine Schuhe
anzuziehen, als Johannes auf mich zukommt. Seine ersten Worte sind: Ich habe
mir eine Rippe gebrochen (wurde in Osnabrück bei der Notaufnahme bestätigt) und
einen Finger ausgekugelt, aber den habe ich mir selber wieder eingerenkt. ???
Ich denke erschrocken welches Hindernis ihm zur Falle wurde und bin ganz baff
als er mir erklärt, dass eine profane, noch nicht mal hohe Baumwurzel ihn zu
Fall gebracht hat. Und danach ist er noch durch die engen Röhren gekrabbelt
eben ein (verhinderter) Strongman.
Und erst danach ist er zum Doc. Er hätte höchstwahrscheinlich den ganzen Lauf
geschafft! Aber jetzt schmerzt es doch, Lachen und tiefes Einatmen fallen
schwer. Das Auto fahren übernimmt jetzt sein Sohn (ein Grund nicht allein
zufahren!).
Der Beginn der Rückfahrt wurde
dann zur Plage. Zunächst kamen wir kaum vom Parkplatz runter, dann war die
Entscheidung rechts (in den nächsten Stau) zu fahren genauso falsch, wie erst
nach 45 min zu wenden. Aber dann hatten wir freie Fahrt. Gegen 20:00 war ich zu
Hause und wurde mit einem kleinen Geschenk als Strongman empfangen.
Abends waren schon die
Ergebnisse einzusehen: 374 Frauen und 3692 Männer haben gefinisht, also
insgesamt 4066. Sie dürfen sich jetzt Strongwoman / Strongman nennen. Ich bin in
2:07:50 h 1654. geworden, das entspricht 7:59 min/km und war damit klar in der
ersten Hälfte. Sebastian hat es in 1:48:19 h geschafft. Rolf war 1:10 min hinter
mir. Der Sieger lief in sagenhaften 1:12:02 (4:30 min/km) durchs Ziel! An einem
(sehr) guten Tag, flach und ohne Hindernisse würde ich das gerade auch noch hin
bekommen. Die schnellste Frau benötigte sehr gute 1:26:29 h.
Am Tag danach hatte ich erträglichen Muskelkater und unter www.lauftreff.de
waren schon die ersten Fotos einzusehen. Die eigenen Eindrücke konnten sie aber
nur unzureichend aufzeigen, denn eine Mauer bzw. andere Hindernisse direkt vor
einem sind etwas anderes als sie auf dem Bild zu sehen. Da waren schon die am
nächsten Tag erschienenen Fotos besser, die einen persönlich zeigten.
Mein Fazit: Eine tolle,
unvergessliche und auch noch sehr preiswerte Veranstaltung und ich bin sehr
froh, dass ich sie miterleben konnte! Es war hart, aber zu schaffen, wenn (!)
man gut trainiert war, keine Höhenangst hat und unempfindlich gegen Dreck und
Nässe ist. Selbstverständlich muss man an fast jedem Hindernis auf sich und
andere aufpassen. Es war aber auch ein schönes Gefühl ausschließlich hilfreiche
Freunde vor, neben und hinter sich zu haben.
Würde ich es wieder machen? Aber ja! wenn es nicht zu weit entfernt ist. Im
Gegensatz zum nächsten Termin am 29.03.09 müssen erst noch die Bewerbungen (!)
für den kommenden Standort gesichtet, sowie entschieden werden. Aber vielleicht
wird es ja noch mal Weeze, es wäre keine schlechte Wahl.
__________________________________
Autor und Copyright: Heiner Kutza
|
|