Eigentlich
sollte es ein bunt kostümierter Lauf durch das wunderschöne Thüringer Land
werden, aber durch den Zwischenfall an der Erfurter Schule am Vortag, waren
sich die Organisatoren schnell einig. Man zeigte sich solidarisch, und so
wurde der Lauf kurzerhand in einen unkostümierten Benefizlauf umgewandelt.
Der Lauf an sich, sollte aber auf jeden Fall stattfinden, wollte man sich
doch durch den Vorfall nicht den Tagesablauf bestimmen lassen und die rund
80, teilweise von weit angereisten Läufer nicht wieder nach Hause schicken.
Das gemischte Läuferfeld war aus weiten Teilen Deutschlands und Holland
gekommen.
Gegen 9:00 Uhr sollte es nun losgehen. Angestimmt wurde der Lauf mit einer
kollektiven, kleinen Weinprobe, bevor man sich auf den Weg machte.
Der Marathon verfolgt nicht das Ziel, als leistungsorientierter Läufer als
Erster ins Ziel zu laufen. Vielmehr steht das Gruppenerlebnis im
Vordergrund, die reizvolle Landschaft zu erkunden und die Thüringer
Spezialitäten kennen zu lernen. Vorbilder dieses Laufevents sind die
französischen Wein-Marathon-Veranstaltungen, die Volksfestcharackter
erreicht haben. Die Thüringer Weinanbaugebiete sind zwar wesentlich kleiner
als die französischen, die Weine sind aber unter Kennern ebenfalls begehrt.
Wem der Lauf zu anstrengend wird, oder zuviel des guten Weines genossen hat,
konnte an den Verpflegungsstellen in den Begleitbus umsteigen um z.B. zu
einem späteren Zeitpunkt die Tour wieder aufzunehmen. Wer natürlich ganz
faul ist, konnte sich genauso gut auch von einer Verpflegungsstelle zur
Nächsten fahren lassen. Aber dann verpasst man die interessanten und
begleitenden Geschichten über Land und Leute, die der Veranstalter und
Laufführer Dr. Hans-Georg Kremer während des Laufes zu erzählen hat. Auch ist der
Lauf durchaus für Marathon-Erstläufer geeignet, oder für Läufer, die sich
mal an die lange Distanz heranwagen wollen. An den Anstiegen wird gegangen,
der Rest gelaufen. Da es sich hierbei um einen Gruppenlauf handelte, wurde
auch immer wieder mal ein kurzer Stopp eingelegt, bis der Letzte Läufer
wieder Anschluss gefunden hatte.
Gleich in der ersten Etappe nahm der Erlebnislauf eine besondere Form an.
Man hatte sich verlaufen. Eigentlich bekam man es erst gar nicht so richtig
mit, schließlich war man schon einige Zeit auf kleinen Pfaden und Waldwegen
gelaufen. Aber als es dann richtig bergab ging und es galt einen Bach zu
überqueren, war klar, da stimmt doch was nicht. "Dr. H.-G. Kremer wollte
wohl mal wieder was ganz Neues ausprobieren", munkelten die Insider, über
den 29fachen Rennsteiglauf-Teilnehmer. Nach einigen km hatte man dann den
richtigen Weg wieder gefunden.
Die Strecke führte von Jena aus über Kunitz, Dornburg, Camburg, Tümpling,
Kaatschen, Sonnendorf und bis nach Bad Sulza. Vorbei an Schlössern, durch
verträumte Dörfer, über Felder und Wiesen. Entlang der Saale und der
Weinanbaugebiete. Und immer wieder ein Zwischenstopp bei besonderen Städten
für ihre örtlichen Spezialitäten und Weinproben. Gönnataler
Putenspezialitäten, Wurstwaren aus Apolda, Ziegenkäse aus Altenburg und
Öko-Käse aus Obermaßfeld. Wer eher auf die gewohnte Marathonverpflegung
angewiesen war, wurde keineswegs ausgeschlossen. Für ihn gab es jederzeit
auch Obst, Wasser oder Cola.
Am Kloster Pforta wartete ein besonderer Athlet auf die Lauffreunde. Das
Muskelpaket Steffen Müller, bekannt als Mr. Unsiversum, gab sich die Ehre
und verteilte auf Wunsch auch Autogrammkarten.
Mit einer halben Stunde Verspätung und weit mehr als 42km Laufspaß erreichte
die Laufgruppe nach 6:30 Stunden am Nachmittag Bad Sulza. Auch hier im Ziel,
wie sollte es auch anders sein, Wein und Spezialitäten zur Stärkung.
Wie vielleicht von anderen Laufveranstaltungen gewohnt, eine Dusche zur
Schweißbeseitigung. Das gab es in dieser Art nicht, stattdessen war ein
2stündiger Besuch in einem der besten Bäder der Welt eingeplant. In der
Toskana Terme, vorgestellt auf der Expo 2000.
Nach dem Besuch der Therme gab es noch eine Verkostung von Weinen aus der
Saale-Ilm-Region und eine Abschlussveranstaltung im Schloss Auerstedt.
Nach dem Lauf konnte man zu Hause den Freunden gegenüber zwar keine neue
Bestzeit nachweisen, aber dafür mit Fachwissen über das Land und seine
Spezialitäten glänzen. Nu, das kann mit Sicherheit nicht jeder
Marathonläufer. |