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Eigentlich ist es eine nette Idee.
Mittels eines Y-Marathons, bei dem Läuferinnen und Läufern aus zwei
unterschiedlichen Orten starten, laufen irgendwann zusammen durch ein
gemeinsamen Ziel. Eine ganze Region sollte damit in Bewegung gebracht werden.
Die Idee hat allerdings einen kleinen Haken, denn der propagierte Marathon
entspricht nicht dem strengen Regelwerk des DLV, bzw. der IAAF. Mit anderen
Worten, die erbrachte Leistung ist aufgrund des Höhenprofils mit anderen
Marathons, die den Regeln entsprechen, nicht vergleichbar und findet somit nicht
die entsprechende Anerkennung.
Dieser Tatbestand ist hinter
den Kulissen schon seit längerem bekannt und wird seit je her auch von vielen
Marathonveranstaltern angeprangert. Es geht hierbei nicht unbedingt um
den Marathon selbst, viel mehr, dass der Veranstalter seinen Lauf als
vollwertigen und rundum entsprechend anerkannten Marathon präsentiert.
Verständlich, dass dies so manchen Veranstalter auf die Palme bringt, der seinen
Marathon nach den strengen Regeln ausrichtet. Eine jüngste Pressemitteilung des
Karstadt-Marathon brachte das Fass der Kritiker nun zum Überlaufen. In ihr wurde
ein neuer NRW-Rekord propagiert. Davon abgesehen, dass es eigentlich keine
Rekorde gibt, sondern vielmehr Bestleistungen, versuchte der Veranstalter, die
Leistung über den der anderen Marathons zu stellen. Die Strecken wurden zwar
entsprechend
vermessen, jedoch nicht als "Bestenlistenfähig" anerkannt. Das betrifft
insbesondere die Strecke von Dortmund nach Essen. "Die gelaufenen Zeiten der
Kenianer sind nicht für eine Eintragung in einer offiziellen Liste (DLV, AIMS
etc.) geeignet.", bestätigt Streckenvermesser Udo Brandt. Das ist so, als wolle man die
Leistung eines Bergablaufes, mit der Leistung auf flacher Ebene gleichstellen.
Der Karstadtmarathon kann somit lediglich einen neuen Streckenrekord aufweisen,
jedoch keinen NRW-Rekord, denn dies bedarf anerkannte Leistungen seitens des DLV
- verglichen mit anderen Marathons.
Mittlerweile wurde die
Problematik sogar in die Öffentlichkeit hinausgetragen - erstaunlicherweise vom
Medienpartner und einer der Hauptsponsoren des Karstadt-Marathon, nämlich der
WAZ selbst:
Marathon war zu leicht - Die Zeiten werden wahrscheinlich nicht
anerkannt für Bestenlisten, denn mit dem Lauf ging es bergab - von
Holger Dumke
Neues Ungemach für den Ruhrmarathon. Die geänderte Strecke von Dortmund
nach Essen entspricht nicht allgemeinen Wettkampfbedingungen. Mit
ordentlich vermessenen 42,195 km ist sie zwar ebenso lang, wie ein
Marathon sein soll - unterm Strich aber geht es zuviel bergab. Nun
wackeln die Rekorde.
"Es
kann keine Anerkennung der Leistungen für die Bestenlisten der
Leichtathletik-Oganisationen geben" erklärte Hans-Jürgen Sura,
Geschäftsführer des Leichtathletikverbandes Nordrhein, auf Nachfrage.
Das letzte Wort in der Sache hat der übergeordnete Bundesverband,
allerdings ist das Ergebnis des vom Verband beauftragten Vermessers nach
NRZ-Informationen eindeutig; rechnet man alle Steigungen und
Bergabpassagen der Oststrecke gegeb, bleibt ein Gefälle von 54 Meter,
erlaubt sind nur bis zu 42 Meter.
Die
Anerkennung für die Bestenlisten ist nicht nur wichtig für die Zeiten,
sondern auch fürs Renommee einer Veranstaltung, praktisch alle großen
Marathons haben sie. Beim Ruhrmarathon am 17.Mai war der bisherige
"NRW-Rekord" von 2:09:47 Stunden von gleich drei der afrikanischen
Topathleten unterboten, allen voran Sieger Samson Bungei. Von Bedeutung
ist die Anerkennung auch für Vereins- sowie ambitionierte Hobbysportler,
die sich vergleichen wollen.
Unter der Regie der neuen Organisatoren war die Strecke des
Ruhrmarathons entschärft worden; durch den von der Gruga in die Essener
City verlegten Zieleinlauf und Änderungen an der Stadtgrenze von Essen
fielen Steigungen weg. Möglicherweise hat man sich so das Problem mit
der Anerkennung der Strecke selbst geschaffen. Man werde das nun im
nächsten Jahr möglicherweise nochmals überdenken: "Allerdings steht das
nicht ganz oben auf der Agenda", so Kai Meesters von den Organsiatoren.
Nach seinen Angaben war der Ruhrmarathon schon in früheren Jahren, also
unter der Regie des vorangegangenen Organisators, nicht für die
Bestenlisten anerkannt. |
Bei dieser Gelegenheit sei noch auf eine weitere Ungereimtheit hingewiesen. So
schmückt sich der Veranstalter mit der Erklärung, dass man weltweit der einzige
Twin-Marathon sei. Also ein Marathon mit zwei unterschiedlichen Starts und einem
gemeinsamen Ziel. Wer schon mal in London gelaufen ist, wird sicherlich
bestätigen können, dass es auch hier unterschiedliche Starts gibt. Aber allein
auch die Tatsache, dass es seit 2001 einen Twin-Marathon in La Rochelle /
Frankreich gibt, dürfte die Aussage für Nichtig erklären.
Eigentlich schade, dass ein Marathon, der eigentlich zum Wohle der Menschheit
und Repräsentation der Region gedacht ist, sich selbst so ins Abseits stellt.
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Autor und Copyright: Detlev Ackermann, Laufen-in-Koeln
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