|
|
|
|
|
Fit durch Wii und Co? |
|
|
|
Rechter Haken
im Dienste der Wissenschaft: Prof. Klaus Völker (l.), hier beim
Bildschirm-Boxkampf mit seinem Kollegen Dr. Lothar Thorwesten, ließ den
Trainingsreiz von Videospielkonsolen untersuchen. |
|
Sportmediziner untersuchen den
Trainingsreiz interaktiver Videospielkonsolen
Action, Bewegung, Fitness,
gesünderer Lebensstil - auf den Internetseiten der Hersteller von
Videospielkonsolen wimmelt es von solchen Begriffen. Selbst eine Software zum
Kalorienzählen fehlt nicht im Angebot. Diese Werbung suggeriert: Mit
interaktiven Videospielkonsolen lässt sich körperliche Fitness auch vor dem
heimischen Bildschirm erreichen. Der münstersche Sportmediziner Prof. Klaus
Völker dämpft diese Erwartung jedoch: Ein Forscherteam unter seiner Leitung hat
die Effektivität des Trainingsreizes der Konsolen anhand des Marktführers
untersucht. Völkers Fazit: "Virtueller Sport ist allenfalls Bewegung und kann
echten auf keinen Fall ersetzen".
Über 40 Sportstudenten - je zur Hälfte Männer und Frauen - nahmen an der Studie
des von Völker geführten Instituts für Sportmedizin der Universität Münster
teil. Die Anforderungen an die zwischen 21 und 29 Jahren alten Probanden: Die
Teilnehmer mussten gesund und an den Videospielkonsolen Neulinge sein. Die
Studierenden traten in drei Disziplinen gegen ihre Spielpartner an: im Boxen, im
Tennis sowie im Vierkampf, einer Mischung aus drei Laufdistanzen und einer
Schwimmstrecke. Zwischen den jeweils eine Viertelstunde dauernden Spielblöcken
gab es 20-minütige Pausen, damit die Belastung der Probanden wieder auf das
Normalniveau sinken konnte.
Während der
Querschnittsuntersuchung beobachteten Völker und sein fünfköpfiges Team, wie
sich die Werte bei verschiedenen Indikatoren für eine körperliche Belastung
veränderten. Gemessen wurden beispielsweise die Herzfrequenz und der Laktatwert
der Probanden. Zudem wurden diese um eine Selbsteinschätzung ihrer Anstrengung
nach einem internationalen Standard, der Borg-Skala, gebeten. Die so gewonnenen
Angaben wurden anschließend mit Durchschnittswerten verglichen, die aus der
Forschung für die realen Sportarten bekannt sind.
Einhelliges Ergebnis für alle
drei getesteten Disziplinen: Die Computerspiele kamen bei weitem nicht an das
Belastungsniveau und damit den Trainingseffekt ihrer Vorbilder heran. Lediglich
das Boxen führte zu einer trainingsphysiologisch relevanten, allerdings nur
moderaten Belastung. Zu den Messwerten passt die Selbsteinschätzung der
Teilnehmer: Diese beurteilten selbst die körperlich anspruchvollste Sportart,
das Boxen, auf der Borg-Skala im Schnitt nur als "etwas anstrengend". Dass sich
die Probanden nicht verausgaben mussten, hängt auch mit der Dauer der reinen
Bewegungszeit zusammen: Selbst bei der hier führenden Disziplin, dem Boxen,
entfielen darauf im Mittel nur knapp 9 von 15 gespielten Minuten. Beim Vierkampf
wurden im Schnitt sogar nur 4 Minuten und 49 Sekunden mit dem eigentlichen
Spielen verbracht.
Auch aus zwei weiteren Gründen
eignen sich die Videospielkonsolen laut Völker nicht als Sportersatz. Die Nutzer
merkten schnell, dass die Sensoren an den Steuergeräten der Konsolen, den so
genannten Controllern, bereits bei geringen Bewegungen ansprechen. Daher neigten
die Spieler mit der Zeit dazu, ihre Bewegungen auf das notwendige Minimum zu
reduzieren. Ökonomisierungseffekt nennt Völker diese Erscheinung, die zwar nicht
Gegenstand der Untersuchung, aber "als Trend klar erkennbar" gewesen sei. Zum
zweiten habe die Studie deutlich vor Augen geführt, dass Konsolen-Fans "nicht
miteinander, sondern nebeneinander spielen". Die Kommunikation als ein
wichtiger, auch motivierender Faktor bei vielen Sportarten werde durch die
einseitige Ausrichtung der Spieler auf den Bildschirm beeinträchtigt.
Für Völker steht daher fest:
Interaktive Videospiele können ihren Besitzern zu mehr Bewegung verhelfen, aber
fehlende echte sportliche Bewegung nicht ausgleichen. "Besser das ganze Erlebnis
'Sport draußen', als die virtuelle Sparversion im Wohnzimmer", so seine
Empfehlung.
__________________________________
Autor und Copyright: Mit freundlicher Unterstützung der Westfaelische Wilhelms-Universität Münster
|
|
|
|
|
|