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Er wollte ins Finale der
Europameisterschaften von Barcelona. Doch nach verpasster Norm musste Robin
Schembera (TSV Bayer 04 Leverkusen) die 800-Meter-Rennen am Fernseher verfolgen.
Im Interview nennt der 22-Jährige Gründe für die verkorkste Saison und setzt
sich gleichzeitig hohe Ziele für die Zukunft.
Robin Schembera, wissen Sie, was die deutschen 800-Meter-Läufer 2010 mit
denen aus dem Jahr 1974 verbindet?
Auf Anhieb nicht, aber
sicherlich nichts Positives.
Da haben Sie recht. Erstmals seit 1974 blieb in diesem Jahr kein deutscher
Läufer unter 1:46 Minuten.
Puh, das ist eine ganz schön
lange Zeit. Aber unsere Disziplin war in diesem Jahr auch wirklich nicht gut.
Wie kam es, dass Sie sich im Sommer an dieser Marke die Zähne ausgebissen und
auch die EM verpasst haben?
Da kamen mehrere Faktoren
zusammen. Im Frühjahr war ich erstmals im Höhentraining. Danach ging es direkt
weiter mit der Polizeiausbildung, sodass die Regeneration fehlte. Außerdem ist
die Ausbildung zeitraubend und auch körperlich nicht ohne.
Wie groß waren die Einschränkungen?
Meistens habe ich gegen 6.30
Uhr das Haus verlassen. Damit fällt ein Vormittagstraining schon mal weg. Zudem
gab es viele Tage, an denen ich fast komplett stehen musste. Das macht die Beine
fürs Training am Abend auch nicht lockerer. Und diese zähe Müdigkeit habe ich
durch die ganze Saison mitgeschleppt.
Wurde denn mittlerweile ein besseres Umfeld geschaffen?
Ja. Ich kann das zweite Jahr
strecken. Damit besteht genügend Zeit zur Regeneration und für das
Vormittagstraining.
Der Winter lief mit einer neuen Hallenbestzeit von 1:46,66 Minuten sehr gut.
Wann kam es zum Leistungsknick?
Das stimmt. Das Rennen in
Valencia war echt gut. Ich liebe einfach die Halle. Da wird noch mehr taktiert
und mit dem Körper gearbeitet. Außerdem ist es immer laut, weil die Zuschauer so
dicht dran sind. Danach war ich top motiviert und auch das Höhentraining lief
gut. Aber gleich danach ging es bergab.
Vor der Saison war das EM-Finale das klare Ziel, haben Sie sich das Rennen im
Fernsehen angeschaut.
Das habe ich. Und ich habe
mich echt geärgert. Nach den Absagen von Yuriy Borzakovskiy und Bram Som wäre
das Finale eine Pflichtaufgabe gewesen. Die vergangenen Jahre haben sowieso
gezeigt, dass man auch bei einer WM nicht mehr 1:45 Minuten oder schneller
laufen muss, um eine Runde weiterzukommen. Dieser Trend hat sich in Barcelona
noch verstärkt.
Eindrucksvoller als die EM waren die Weltrekordrennen von David Rudisha,
gegen den Sie ja bei der U20-WM 2006 gelaufen sind. Was können Sie sich von ihm
abschauen?
Direkt abschauen wohl wenig.
David Rudisha kann die 400 Meter in 45,5 Sekunden rennen. Und auch über 1.500
Meter würde er wahrscheinlich zur Weltspitze zählen. Er hat einfach ganz andere
Voraussetzungen.
Sie galten lange als trainingsfaul, reißen sich aber mittlerweile am Riemen.
Wo sehen Sie aber noch Nachholbedarf?
Es stimmt, früher habe ich
manchen Dauerlauf nicht so ernst genommen. Das ist jetzt aber ganz anders.
Momentan trainiere ich neun- oder zehnmal in der Woche. Dazu beigetragen hat
auch meine DM-Niederlage gegen Sören Ludolph. Die hat mich richtig angespornt.
In den kommenden Jahren will ich verstärkt an meiner Schnelligkeit arbeiten.
Solange ich noch jung bin, kann man da noch einiges verbessern.
Es ist verwunderlich, dass Sie die Saison schon am 4. August beendet haben.
Ich bin nur noch
rumgetrottet und war nicht spritzig. Da muss man einfach ehrlich sein. Mein
Trainer Adi Zaar und ich haben uns für einen langfristigen Aufbau entschieden.
Außerdem hatte ich aufgrund der Ausbildung nur einen gewissen Zeitraum für den
Urlaub - und der muss ja auch sein.
Sie stecken mitten in der Vorbereitung für 2011. Wie sehen Ihre Ziele aus?
Ich will eine komplette
Hallensaison mit der EM bestreiten. Auch die WM-Norm für Daegu muss ich laufen.
Ob es zu einer Zeit unter 1:45 Minuten reicht oder nicht, muss man sehen. Ich
werde auch versuchen, bei guten internationalen Rennen zu starten.
Und was trauen Sie sich mittelfristig, sagen wir bis 2016, zu?
Bis dahin
will ich schneller gelaufen sein als Nils Schumann und René Herms. Beide sind
1:44,1 Minuten gerannt. Bis zum Ende meiner Karriere sollte es schon eine
1:43er-Zeit sein.
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Autor und Copyright: Martin Neumann für Laufen-in-Koeln
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