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Betroffene "Daniela Hegermann" beim Race for the Cure dabei
 
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10.05.2012 

 

 

Daniela Hegermann

 
„Positiv bleiben und Finger weg von Statistiken“
 
Wenn Daniela Hegermann am 16. Juni in Köln beim Race for the Cure an den Start geht, dann liegt eine Zeit hinter ihr, die sie geprägt und verändert hat. Wer ihre Geschichte hört, kann über so viel Zuversicht nur staunen. Mit 31 Jahren und in der 36. Woche schwanger bekam sie 2010 die Diagnose Brustkrebs. Gerade noch voller Vorfreude auf das einzigartige Erlebnis, ein Kind zur Welt zu bringen und mitten in den Vorbereitungen für die Ankunft des neuen Familienmitglieds platzte die Nachricht von der lebensbedrohlichen Krankheit.

Wie ihre kleine Tochter Nike einen wesentlichen Beitrag zu ihrer Genesung leistete, warum Nike jetzt drei statt der ursprünglich geplanten zwei Vornamen hat und warum Offenheit, Aufklärung und ein vielfältiges Betreuungsangebot für Brustkrebspatienten unerlässlich sind, erzählt Daniela Hegermann im Interview mit KOMEN
Deutschland.

KOMEN: Frau Hegermann, wie und wann haben Sie die Diagnose erhalten und was hat das bei Ihnen ausgelöst?
 
Daniela Hegermann: Am 10. September 2010, ich war gerade eine Woche im Mutterschutz, kam der Anruf von meinem Arzt. Ich hatte zuvor selbst einen Knoten ertastet, ihm aber keine große Bedeutung gegeben, da mir im Jahr 2000 an derselben Stelle ein gutartiges Fibroadenom entfernt worden war. Meine Frauenärztin hat mich jedoch vorsorglich ins Brustzentrum in Mönchengladbach überwiesen, wo am 9. September eine Stanzbiopsie durchgeführt wurde. Als der Anruf kam, war ich gerade dabei, für meine kleine Tochter einzukaufen. Ich konnte die Nachricht einfach nicht glauben, weil ich mich so gesund und normal gefühlt habe. Dann hatte ich einfach nur Angst. Ich habe mich gefragt wie es weiter geht, was mit meinem Baby passiert. Und natürlich hatte ich auch Angst vor dem Sterben. Dann habe ich eine Weile sehr viel gejammert und wollte mein altes Leben zurück.

KOMEN: Was hat Sie wieder aufgerichtet?
 
Daniela Hegermann: Ich habe mich der Krankheit gestellt und ihr den Kampf angesagt. Wir haben dem Krebs dann nur noch so viel Raum wie nötig zugestanden. Auch meine Familie hat mich aufgebaut und großartig unterstützt – auch später, als das Baby da war und ich zur Chemotherapie musste, da waren mein Mann, meine Mutter und meine Schwester abwechselnd im Einsatz.

KOMEN: Wie haben Sie Ihr Baby zur Welt gebracht?
 
Daniela Hegermann: Zum Glück auf fast normalem Wege. Im Brustzentrum hat man mich über die Art meines Tumors und über die nächsten Schritte informiert. In meinem Entbindungskrankenhaus wurde ich durch den damaligen Chefarzt der Frauenklinik und durch meine Hebamme sehr gut aufgefangen und beraten. Beide haben mich auch dabei unterstützt, meine Tochter mittels Einleitung natürlich zur Welt zu bringen. Durch die Schwangerschaft war ich in zwei Krankenhäusern in Behandlung. Da musste etwas koordiniert werden. Mir war die Trennung von Krankheit und Entbindung wichtig. Eine knappe Woche nach der Diagnose, am 16. September 2010, wurde der Tumor noch während der Schwangerschaft herausoperiert. Vor, während und nach der OP wurde ich per CTG überwacht. Einen Tag nach der OP durfte ich unter der Auflage mich strengstens zu schonen nach Hause. Am 26. September ging ich zur Einleitung der Geburt in mein Entbindungskrankenhaus. Am 1. Oktober 2010 kam meine Tochter Nike nach fünf Tagen Einleitung freiwillig zur Welt.

KOMEN: Ein Baby zu versorgen ist anstrengend genug. Wie bewältigen Sie das trotz
Ihrer Krankheit?
 
Daniela Hegermann: Meine Tochter war zum Glück von Anfang an das, was man „pflegeleicht“ nennt. Sie hat viel geschlafen, so dass ich auch zu meiner Erholung kam. Aber vielmehr hat Nike mich wieder auf die Beine gebracht und dafür gesorgt, dass ich mich nicht zu sehr mit mir selber beschäftige und womöglich in Selbstmitleid versinke. Außerdem hat sie mich jeden Tag aufs Neue einfach glücklich gemacht. So glücklich, dass ich den Krebs manchmal tatsächlich vergessen habe. Jedenfalls bis zum nächsten Blick in den Spiegel, zumindest in der Zeit, als die Haare weg waren.

KOMEN: Welche Rolle spielt der Sport in Ihrem Leben?
 
Daniela Hegermann: Ich habe mich früher nur sporadisch sportlich betätigt. Aber schon während der Therapie habe ich darauf geachtet, mich regelmäßig zu bewegen. Es ist ja erwiesen, dass sich Bewegung positiv auf die Genesung auswirkt. Das kann ich auch nur bestätigen, auch wenn ich mit meiner kleinen Tochter nicht so flexibel war und bin. Wann immer es möglich war, sind wir aber spazieren gegangen, um in Bewegung zu bleiben. In der Reha gab es verschiedene Sportangebote und mir hat das immer sehr gut getan. Jetzt bemühe ich mich endlich aktiv um regelmäßige Bewegung und bin stolz auf meinen Körper, dass er trotz der Strapazen ganz gut mit den anderen Frauen mithalten kann.

KOMEN: Und das wollen Sie am 16. Juni beim Race for the Cure in Köln auch zeigen. Ist es Ihr erster Lauf?
 
Daniela Hegermann: Ja, ich mache so etwas zum ersten Mal und freue mich schon
sehr auf den Race for the Cure in Köln. Ich finde, das ist ein tolles Angebot für Betroffene
und Angehörige.


KOMEN: Was schätzen Sie daran?
 
Daniela Hegermann: Der Lauf soll ja dazu beitragen, dass mehr über die Krankheit gesprochen wird und Projekte gefördert werden, die sich für Aufklärung, Heilung, die Patienten und deren Familien einsetzen. Das finde ich gut, denn mir hat es sehr geholfen, über die Krankheit zu sprechen. Ich bin von Anfang an offensiv damit umgegangen und konnte so meine Last etwas teilen. Vielleicht habe ich auch den einen oder anderen etwas vor den Kopf gestoßen mit meiner Direktheit, aber es war mir wichtig, mich nicht zu verstellen. Der Austausch mit anderen Betroffenen ist dann noch mal etwas Besonderes. Man versteht sich einfach und kann zusammen am besten über diese ‚Angelegenheit‘ lachen. Ich habe regelmäßig Kontakt zu anderen Frauen und ich finde, wir sind uns eine sehr gute Stütze. Auch wenn ich nicht in einer Selbsthilfegruppe war, finde ich solche Einrichtungen ebenso sinnvoll wie andere Brustkrebs-Projekte, um vielen Betroffenen Mut und Lebenskraft zu schenken.

KOMEN: Jährlich erkranken rund 72.000 Frauen in Deutschland an Brustkrebs. Was raten Sie allen Frauen, die diese Diagnose erhalten?
 
Daniela Hegermann: Auf jeden Fall so positiv und optimistisch an die ganze Sache herangehen, wie es irgendwie möglich ist. Brustkrebs kann heute sehr gut behandelt werden. Am besten die Finger weglassen von Statistiken. Die machen nur Angst und es sind nur Zahlen, die man nicht unbedingt auf sich beziehen kann. In Fällen wie meinen, also für erkrankte Frauen mit Kindern, kann ich Angebote wie die Reha-Maßnahme „Gemeinsam gesund werden“ der Rexrodt von Fircks-Stiftung empfehlen. Diese besondere Maßnahme ist speziell für Mütter mit Kindern ab einem Jahr. Auch der Partner kann einbezogen werden. Mir haben diese drei Wochen in Grömitz sehr gut getan. Vor allem der nette Austausch untereinander, aber natürlich auch die Anwendungen und Sportangebote in der Klinik.
 
KOMEN: Ihre Tochter Nike hat drei Vornamen, geplant waren aber nur zwei. Wie kam das?
 
Daniela Hegermann: Da unsere Tochter untrennbar mit meiner Brustkrebsdiagnose verbunden ist, haben wir zu ihren zwei geplanten Namen „Nike Lilia“ noch einen dritten ausgewählt: Beatrix – die Glück bringende.
 
 
    www.raceforthecure.de




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Autor und Copyright: Silke Wiegand für Laufen-in-Koeln