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Präzises Diabetes-Management als Basis für ein erfolgreiches Lauftraining |
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Ulla
Gatzweiler |
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Ulla Gatzweiler, Trainerin des
Diabetes Programms Deutschland 2012, erklärt, warum Ausdauersportarten wie
Laufen für Menschen mit Diabetes wichtig sind und welche Rolle die präzise
Kontrolle der Blutzuckerwerte dabei spielt.
Sollten Menschen mit Diabetes vor Beginn des Lauftrainings einen Arzt
aufsuchen?
Ulla Gatzweiler:
Menschen mit Diabetes, die schon längere Zeit keinen Sport mehr gemacht haben,
sollten sich, bevor sie mit dem Lauftraining beginnen, von ihrem Arzt gründlich
durchchecken und beraten lassen. Mit einem Belastungs-EKG beispielsweise kann
der Arzt schnell die individuelle Leistungsgrenze feststellen. Eine
Augenhintergrundspiegelung, Nierenfunktionsprüfung und die Beurteilung der Füße
ist äußerst ratsam und beim Diabetes Programm Deutschland verpflichtend für eine
Teilnahme. Diese Untersuchungen sind Gegenstand des Diabetes Passes. Der
Blutzucker sollte wegen der Gefahr einer Unterzuckerung zu Beginn der
Trainingsaufnahme gut eingestellt sein.
Müssen die Teilnehmer bereits über ein gewisses Maß an Lauferfahrung
verfügen?
Ulla Gatzweiler:
Mitmachen kann jeder Mensch mit Diabetes, egal ob mit oder ohne Lauferfahrung.
Ziel des professionellen Lauftrainings ist es, den Sport therapieunterstützend
einzusetzen. Die Teilnehmer können in Abhängigkeit von ihrem eigenen
Fitnesslevel in drei Trainingsgruppen trainieren. Wir unterscheiden zwischen den
"Newcomern", also den Laufanfängern, die später in Köln die 10-Kilometer-Distanz
laufen, den "Runnern", das sind fortgeschrittene Läufer, die für die
Halbmarathon-Distanz von 21 km trainieren und den "Performern", die am 14.
Oktober die Distanz von 42 km beim RheinEnergie Marathon laufen.
Worauf sollten insbesondere die Newcomer während des Trainings achten?
Ulla Gatzweiler:
Grundsätzlich sollten schnellverfügbare Kohlenhydrate wie beispielsweise
Traubenzucker, Energieriegel oder ein süßes Getränk wie Cola oder
Apfelsaftschorle mitgeführt werden, um bei einer Unterzuckerung schnell handeln
zu können. Viele Teilnehmer haben auch ein Glucose-Gel dabei. Newcomer sollten
mit einem so genannten Intervalltraining beginnen. Hierbei wechseln sich
Belastungs- und Erholungsphasen ab. Wir bieten den Teilnehmern nach drei bis
vier Wochen Einstiegs-und Anlaufphase eine Leistungsdiagnostik an. Dort wird der
optimale Trainingspuls über einen Lauftest ermittelt und gleichzeitig mit
Laktatwerten - einem Blutwert - abgeglichen. Des Weiteren gilt: Wer sich beim
Laufen noch mit seinem Laufpartner unterhalten kann, läuft in einer guten, für
ihn nicht zu anstrengenden Geschwindigkeit. Dies sind aber lediglich Richtwerte.
Wer sich überbelastet fühlt, muss einen Gang runterschalten. Falscher Ehrgeiz
ist hier fehl am Platz.
Wann sollte während des Lauftrainings der Blutzuckerspiegel gemessen werden?
Ulla Gatzweiler: Der
Blutzuckerspiegel sollte idealerweise vor, während und nach jedem Lauf gemessen
werden, im Diabetes Laufprogramm nutzen wir zum Beispiel CONTOUR® XT von Bayer.
Das Blutzuckermessgerät ist einfach anzuwenden und liefert sehr präzise
Messwerte, die die Basis für ein erfolgreiches Diabetes-Management liefern. Laut
der Internationalen Vereinigung Diabetischer Sportler sollte das Training mit
einem Blutzuckerspiegel unter 150 mg/dl vermieden werden. Dies betrifft die
insulinabhängigen Diabetiker und jene, die mit Gliniden, Sulfonylharnstoffen
oder Kombinationspräparaten behandelt werden. Alle anderen können auch mit einem
niedrigeren Wert laufen, da bei ihnen die Gefahr der Unterzuckerung nicht
gegeben ist. Misst man einen Wert von mehr als 250 mg/dl, sollten Ketone im Urin
gemessen werden, um einen absoluten Insulinmangel auszuschließen. Sind sie
positiv, besteht Sportverbot.
Welche Bedeutung hat das Dokumentieren der Blutzuckerwerte für das
Lauftraining?
Ulla Gatzweiler: Die
Erfassung der Blutzuckerwerte ist wichtig, um herauszufinden, wie der Körper auf
das veränderte Bewegungsverhalten reagiert, um dann in Abstimmung mit dem Arzt
gegebenenfalls eine Insulindosis- oder Medikationsanpassung vorzunehmen. Durch
die Dokumentation des Trainings und auch der vorgenommenen Anpassungen werden
Erfolge, aber auch Misserfolge sichtbar. Die Läufer lernen auf diese Weise aus
jedem Training etwas über sich und ihre Erkrankung. Das gibt ihnen nicht nur
Sicherheit
und Vertrauen beim Diabetes-Management, sondern bringt auch Spaß und Vorfreude
auf die nächste Trainingseinheit.
Haben Sie Tipps, wie Menschen ihren inneren Schweinehund überwinden und
durchhalten können?
Ulla Gatzweiler:
Hierzu bietet das Angebot des Lauftrainings in einer Gruppe einen besonderen
Anreiz. Ein motivierter Trainer ist stets vor Ort und gibt die Ansage für das
bevorstehende Training in der Gruppe. Ein großes Ziel ist am Ende des Programms
fest eingeplant, so ist die Motivation gegeben, dort seine bestmögliche Leistung
abzurufen. Ein kleineres Ziel nach ein paar Monaten Training - etwa ein Lauf der
halben Distanz schafft einen zusätzlichen Trainingsanreiz. Durch den
strukturellen und behutsamen Aufbau machen die Teilnehmer zu Beginn schnell
Fortschritte und freuen sich über jeden Einzelnen. Es ist spannend zu erfahren,
wie der eigene Körper leistungsfähiger und belastbarer wird. Zusätzlich können
viele Teilnehmer schon nach kurzer Zeit ihre Medikamente reduzieren, sie nehmen
ab und haben ein besseres Körper- und Wohlbefinden.
Als Lauftrainerin unterstützen Sie das Diabetes Programm Deutschland 2012
bereits zum zweiten Mal. Warum?
Ulla Gatzweiler: Das
Diabetes Programm Deutschland wurde von Dr. Michael Rosenbaum, selbst
Typ-1-Diabetiker und Marathonläufer, in enger Zusammenarbeit mit der Deutschen
Sporthochschule Köln und dem Diabeteszentrum am Evangelischen Krankenhaus Köln
Weyertal ins Leben gerufen. Ich habe von der Deutschen Sporthochschule den
Kontakt zum Programm bekommen und war die erste Trainerin. Die Freude am
Laufsport und die Weitergabe meiner langjährigen Lauferfahrung ist meine
Motivation. Im vergangenen Jahr waren uns die Teilnehmer sehr dankbar für unsere
Unterstützung und haben Leistungen vollbracht, die sie nicht für möglich
hielten. Durch den Einsatz von diabetesgeschulten, erfahrenen Leistungssportlern
und Sportstudenten ist es uns gelungen, dieses Projekt erfolgreich
mitzugestalten. Das Training mit der Gruppe macht unheimlich viel Spaß. Viele
Teilnehmer aus dem vergangenen Jahr sind wieder mit dabei und fast alle Trainer
- das zeigt die Verbundenheit zu diesem tollen Programm!
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Autor und Copyright: Detlev Ackermann, Laufen-in-Koeln
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