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Stark Übergewichtige können laut
einer aktuellen RWI-Studie durch finanzielle Anreize zu einer stärkeren
Gewichtsreduktion motiviert werden. Während fettleibige Frauen je nach Höhe der
Geldprämie mehr oder weniger abnehmen, spielt für Männer die Höhe des
finanziellen Anreizes offenbar eine untergeordnete Rolle. Eine zweite Studie zur
Wirkung des Präventions-Bonus-Programms einer gesetzlichen Krankenversicherung
zeigt, dass Teilnehmer der Kasse bereits im ersten Jahr weniger
Gesundheitsausgaben verursachen als zuvor.
Geldprämien können fettleibige
Menschen zum zusätzlichen Abnehmen anregen. Zu diesem Ergebnis kommt eine
aktuelle Studie des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung
(RWI). Demnach verloren Studienteilnehmer, die eine Geldprämie von 150
beziehungsweise 300 Euro erhielten, wenn sie ein von behandelnden Ärzten
empfohlenes Reduktionsziel von 6 bis 8% ihres Körpergewichts erreichten, doppelt
so viel Gewicht wie die Mitglieder einer Gruppe ohne finanziellen Anreiz
(Kontrollgruppe). Während die Kontrollgruppe innerhalb des
Untersuchungszeitraums von vier Monaten durchschnittlich nur 2,3% Gewicht
abnahm, verloren Mitglieder der Prämiengruppen im Untersuchungszeitraum mehr als
5% ihres Ausgangsgewichts. Dieser Wert gilt in der Medizin bei Fettleibigen
häufig als Schwelle, ab dem sich der Gesundheitszustand des Abnehmenden merklich
verbessert.
Die Studie zeigt auch, dass der
finanzielle Anreiz offenbar auf Männer und Frauen unterschiedlich wirkt. Während
eine Verdopplung der Prämie bei männlichen Studienteilnehmern zu keiner merklich
größeren Gewichtsreduktion führte, wurden die weiblichen Probanden offenbar
durch die höhere Prämie stärker angespornt und verloren mehr Gewicht als bei der
niedrigeren Prämie.
Probanden wurden zufällig einer von drei Gruppen zugewiesen
Insgesamt nahmen an der Studie
rund 700 fettleibige Patientinnen und Patienten im Alter zwischen 18 und 75
Jahren teil, die gerade einen Aufenthalt in einer baden-württembergischen
Rehabilitationsklinik der Deutschen Rentenversicherung hinter sich hatten. Sie
erhielten vor ihrer Entlassung von ihrem behandelnden Arzt ein Ziel zur Abnahme
zwischen 6 und 8% ihres Körpergewichts für die kommenden vier Monate. Zudem
füllten sie einen Fragebogen zu sozio-ökonomischem Hintergrund,
Gesundheitszustand und Vorsorgeverhalten aus. Dann wurden sie zufällig einer von
drei Gruppen zugeteilt, die keine Prämie, 150 Euro oder 300 Euro für die
vorgegebene Gewichtsreduktion erhielten. Dabei bekamen die Mitglieder der
Prämiengruppen kein Geld, wenn sie weniger als die Hälfte ihres Reduktionziels
erreichten. Nahmen sie mehr als 50% der Reduktionsziels ab, erhielten sie die
Prämie jeweils anteilig zu ihrer Gewichtsabnahme bis zum Erreichen des
vorgegebenen Werts. Eine darüber hinausgehende Gewichtsreduktion wurde nicht
zusätzlich honoriert. Am Ende des viermonatigen Untersuchungszeitraums suchten
die Studienteilnehmer eine Apotheke in Baden-Württemberg auf, um Körpergewicht,
Blutzucker- und Cholesterinwert bestimmen zu lassen. Zudem füllten sie zum
zweiten Mal einen Fragebogen aus.
Abnehmprämie führte auch zu gesünderer Lebensweise
Insgesamt zeigt die RWI-Studie,
dass finanzielle Anreize offenbar geeignet sind, um fettleibige Menschen bei der
Gewichtsreduktion zu unterstützen. Darüber hinaus offenbarte die Auswertung der
Fragebögen weitere Effekte der Prämien. Sie führten dazu, dass die Mitglieder
der Prämiengruppen häufiger die Treppen statt den Aufzug benutzten und zwischen
den Mahlzeiten seltener Snacks aßen. Die Frauen der höheren Prämiengruppe
intensivierten zudem ihr Fitnesstraining. Gesundheitseffekte wie beispielsweise
verbesserte Cholesterinwerte konnten nicht festgestellt werden. Anzeichen für
eine Verbesserung des allgemeinen Gesundheitsempfindens gab es indes schon.
Noch weitgehend unerforscht ist
hingegen der langfristige Effekt finanzieller Abnehmanreize. Es lässt sich daher
derzeit nicht wissenschaftlich fundiert sagen, ob die durch finanzielle Anreize
induzierte Gewichtsreduktion nachhaltig ist oder ob Anreize zum Halten des
Gewichts im Stande sind, den gefürchteten Jojo-Effekt zu verhindern, also die
erneute Gewichtszunahme nach einer Diät. Diesen Forschungsfragen wird sich das
RWI in den kommenden Monaten widmen.
Finanziert wurde die Studie vom
Pakt für Forschung und Innovation, eines Teils der Exzellenzinitiative der
deutschen Bundesregierung. Kooperationspartner war neben vier
Rehabilitationskliniken der Deutschen Rentenversicherung in Baden-Württemberg
der Landesapothekerverband Baden-Württemberg.
Präventionsprogramm spart Kasse vor allem im ersten Jahr Geld
In einer weiteren aktuellen
Studie hat das RWI untersucht, ob sich das Präventions-Bonus-Programm für
Mitglieder einer öffentlichen Krankenkasse aus Sicht des Krankenversicherers
wirtschaftlich gelohnt hat. Mitglieder, die am Programm teilnahmen und pro Jahr
drei obligatorische Maßnahmen (wie Check-ups und Screenings) sowie weitere
wählbare Maßnahmen (wie Teilnahme an Sportkursen) absolvierten, wurden von der
gesetzlichen Krankenversicherung dafür mit einem um 40 Euro reduzierten
Jahresbeitrag belohnt. Für die Studie wurden Daten aus den Jahren 2003 bis 2008
ausgewertet. Von den gut 1 000 Krankenkassenmitgliedern, die 2004 am
Bonusprogramm teilnahmen, blieben gut 350 fünf Jahre lang dabei.
Im Ergebnis zeigte sich, dass
sich die Gesundheitsausgaben der Krankenkasse für die teilnehmenden Versicherten
insbesondere im ersten Jahr der Bonusprogrammteilnahme signifikant reduzierten.
Zwar liefert die Studie auch Hinweise auf Einsparungen durch eine langfristige
Teilnahme von Mitgliedern am Bonusprogramm, statistisch nachweisen ließen sich
diese im Rahmen der Studie jedoch nicht.
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Autor und Copyright: Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung e.V.
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