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Interview mit 400-Meter-Läuferin Judith Franzen |
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"Dieses Kämpfen macht mir Spaß"
Judith Franzen, 23 Jahre
alt, hatte sich bis 2017 auf den Siebenkampf konzentriert und war danach zum
Kurzsprint gewechselt. Seit Ende 2020 hat sie sich den 400 Metern verschrieben
und faszinierende Fortschritte gemacht. Der Lohn: Die überraschende
WM-Nominierung für die Mixed-Staffel und die 4 x 400 Meter der Frauen.
Judith, wenn Dir zu
Beginn der Saison jemand gesagt hätte, dass Du eine WM-Nominierung
bekommst. Was hättest Du geantwortet?
Das wäre der Hammer.
Aber das war noch vor einem Monat total unvorstellbar für mich. Erst bei
den Deutschen Meisterschaften wusste ich dann, dass ich das Vermögen
habe, abzuliefern.
Die Saison läuft bombastisch für Dich, Du rennst von einer
Persönlichen Bestleistung zu nächsten.
Ja, zum
Saisoneinstieg habe ich direkt eine PB von 53,30 Sekunden hingelegt. Und
jetzt steht da eine 52,27, also nochmal eine Sekunde runter. In der
Hallte hatte ich eine 53,61 und letztes Jahr draußen eine 53,85. In der
Hallensaison habe ich mich also schon deutlich gesteigert, als ich dann
zum Beginn der Saison gleich nochmal gut drei Zehntel schneller gerannt
bin, war das schon ein Highlight für mich.
Also hast Du Dich seit der letzten Saison um mehr als 1,3 Sekunden
verbessert?
Ja, kann man so
sagen. Aber im Jahr davor, also von 2020 auf 2021, bin ich auch schon um
zwei Sekunden schneller geworden. Die Sprünge sind auch für mich noch
nicht gut zu verarbeiten. Aber ich nehme es einfach mal so hin, freue
mich darüber und werde schauen, wie es sich entwickelt.
Hast Du eine Erklärung für diese Steigerungen?
Seit 2020 ist Andrea
Grönebaum meine Trainerin. Wir haben uns zusammengefunden und konnten
zusammen wachsen. Der Fokus lag sehr auf mir, wir sind ein ziemlich
gutes Team, es ging einfach alles auf. Andrea kann mich lesen wie ein
offenes Buch, sie weiß immer genau, was ich brauche. Letztes Jahr kam
noch Jannik Engel als Headcoach für den Sprintbereich dazu, er bringt
die ganze Erfahrung und viel Technikwissen mit, zusammen hat das dann
nochmal doppelt so gut funktioniert.
Seit wann konzentrierst Du Dich auf die 400 Meter?
Als es Anfang 2020
nicht so gut über die Kurzdistanzen lief, dachte ich Ende der Saison: Na
gut, ich versuche mal einen 400er. Und ja, das lief besser als erwartet.
Also bin ich in der nächsten Saison dabeigeblieben. Und was dabei rum
kam, hat man ja 2021 gesehen. Bis 2017 hatte ich noch den Fokus auf dem
Siebenkampf, aber das hat dann nicht mehr so gut funktioniert.
Du bist Zahnmedizinische Fachangestellte. Wie bekommst Du Arbeit und
Training unter einen Hut?
Letztes Jahr im
Februar habe ich meine Ausbildung abgeschlossen. Seitdem arbeite ich
Teilzeit für 20 Stunden in der Woche, und schlagartig wurde es auch im
Sport besser. Das kommt auch noch dazu, dass diese Leistungssteigerungen
möglich waren.
400 Meter sind ja nicht die angenehmste Disziplin. Was gefällt Dir
daran?
Ich mag den Start.
Deshalb habe ich mich ja auch im Kurz-Sprint versucht. Ich konnte mich
aber auch schon immer hinten heraus noch mal groß machen, lang machen
und dann das Ding für mich gewinnen. Das hat sich auf den 400 Metern
jetzt nochmal gezeigt. Dieses Kämpfen macht mir Spaß. Und dass es einem
nicht so gut geht, ist ja immer nur für einen kleinen Moment nach einem
Rennen. Na klar, man darf auch das Training nicht außer Acht lassen, da
geht es einem nach den ganzen Tempoläufen auch nicht immer gut. Aber das
mache ich ja zum Glück nicht allein, da habe ich mit Annkathrin (Hoven,
Anm. d. Red.) und Rebecca (Leslie Babilon, Anm. d. Red.) ein super Team,
das macht viel aus.
Annkathrin Hoven ist letztes Jahr vom Siebenkampf zu den 400 Metern
gewechselt und wurde ebenfalls für die WM nominiert. Habt Ihr schon
gemeinsam die Sektkorken knallen lassen?
Wir haben uns schon
sehr zu freuen. Aber es war noch viel zu tun, nach dem Wettkampf ist
auch vor dem Wettkampf. Jetzt gehen wir ja leider unterschiedliche Wege.
Ich bin schon im deutschen Pre-Camp in Santa-Barbara, weil ich
vielleicht schon zu Beginn der WM in der Mixed-Staffel mitlaufe.
Annkathrin ist erst am Ende der WM bei den 4 x 400 Metern der Frauen
dran.
Ganz sicher ist Dein Startplatz in der Mixed-Staffel nicht, obwohl Du
DM-Zweite bist?
Alica Schmidt
(DM-Dritte, Anm. d. Red.) ist auch mit hier im Pre-Camp, Corinna Schwab
(Deutsche Meisterin, Anm. d. Red.) natürlich sowieso. Am Ende
entscheidet der Bundestrainer, wer von uns antreten darf. Alle
trainieren hier super und geben ein gutes Bild ab. Man kann bis zum
letzten Tag gespannt sein. Ich werde alles geben, um mitlaufen zu
dürfen.
Wie gehst Du diese unverhoffte WM-Teilnahme an? Was hast Du Dir
vorgenommen?
Erstmal habe ich hier schon so viele Eindrücke gesammelt, die ich mir
niemals hätte vorstellen können. Ich werde weiterhin versuchen, mich auf
mich zu fokussieren. In Eugene werden wir auf die Athleten der anderen
Nationen treffen, da wird dann unter anderem auch eine Allyson Felix (36
Jahre alte US-Amerikanerin, mit 13 Titeln erfolgreichste Teilnehmerin
bei Leichtathletik-Weltmeisterschaften, Olympia-Dritte über 400 Meter
von 2020) sein, eine der bekanntesten und erfolgreichsten Athletinnen.
Das wir für mich sehr aufregend sein. Trotzdem muss ich mich auf mich
und das Team fokussieren. Sonst klappt das nicht. Im Vordergrund steht
aber immer noch, dass ich Spaß habe und so viele tolle Momente wie
möglich mitnehme. |
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Autor und Copyright: TSV Bayer 04 Leichtathletik für Laufen-in-Koeln
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